Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit

Wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht hat, ist eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt. Dies gilt auch dann, wenn der Zeitraum der Entgeltfortzahlung bereits abgelaufen ist. (Hessisches LAG, Urteil vom 1. April 2009 - 6 Sa 1593/08)

Der Fall

Der Kläger ist 50 Jahre alt, gegenüber mehreren Kindern unterhaltspflichtig und bei dem Beklagten seit 20 Jahren als Schweißer beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis wurde betriebsbedingt gekündigt. Daraufhin meldete sich der Kläger krank. Nachdem bereits einige Wochen der Arbeitsunfähigkeit vergangen waren, beauftragte der Beklagte einen Detektiv mit der Überprüfung, ob der Kläger tatsächlich arbeitsunfähig ist. Der Detektiv täuschte gegenüber dem Kläger telefonisch vor, dass er jemanden suche, der "schwarz" handwerkliche Tätigkeiten für ihn ausführe. Der Kläger bot dem Detektiv daraufhin an, diese Arbeiten auszuführen. Der Beklagte kündigte das eigentlich noch bis zum Ende der Kündigungsfrist fortbestehende Arbeitsverhältnis mit dem Kläger daraufhin fristlos wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit. Mit seiner Klage machte der Kläger die Unwirksamkeit dieser Kündigung geltend. Er habe gegenüber dem Detektiv lediglich geäußert, eine geeignete Arbeitskraft suchen zu wollen. Außerdem sei zum Zeitpunkt des Telefonats der Zeitraum der Entgeltfortzahlung bereits abgelaufen gewesen, so dass dem Beklagten kein finanzieller Schaden entstanden sei.

Die Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Kläger dem Detektiv seine Arbeitskraft angeboten hat. Die fristlose Kündigung ist daher wirksam. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger sich körperlich dazu in der Lage sah, die von dem Detektiv vorgeschlagenen handwerklichen Tätigkeiten auszuführen. Dies erschüttert den Beweiswert der von dem Kläger vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Das Gericht geht daher davon aus, dass die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht war. Dies stellt im vorliegenden Fall eine so schwerwiegende Vertragsverletzung dar, dass eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt ist. Dass der Entgeltfortzahlungszeitraum zum Zeitpunkt der Täuschungshandlung schon abgelaufen war, ändert hieran nichts. Auch in diesem Fall hat der Kläger seine Arbeitsleistung vorenthalten und damit das Vertrauensverhältnis zu seinem Arbeitgeber zerstört. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber ein schützenswertes Interesse daran, seinen übrigen Mitarbeitern vor Augen zu führen, dass Täuschungen nicht geduldet werden. Die Interessen des Klägers müssen dagegen trotz seiner langjährigen Betriebszugehörigkeit, seines fortgeschrittenen Alters und seiner Unterhaltspflichten zurückstehen.

Das Fazit

Eine fristlose Kündigung ist grundsätzlich dann gerechtfertigt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund kann nach ständiger Rechtsprechung auch dann gegeben sein, wenn eine Erkrankung vorgetäuscht wird. Während des Zeitraums, in dem das Entgelt des Arbeitnehmers noch fortgezahlt wird, stellt die vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit einen Betrug zu Lasten des Arbeitgebers dar. Durch diese Straftat wird das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber derart gestört, dass vor dem Ausspruch einer Kündigung keine Abmahnung erforderlich ist. Im vorliegenden Urteil hat das Gericht klargestellt, dass das Vertrauensverhältnis auch dann irreparabel geschädigt sein kann, wenn der Entgeltfortzahlungszeitraum bereits abgelaufen ist. Schwierigkeiten bereitet in der Praxis der Nachweis des "Krankfeierns". Hier sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend. Je nach Art der Krankheit ist es zum Nachweis der Täuschung beispielsweise nicht ausreichend, wenn ein krank geschriebener Arbeitnehmer in einem Kino oder einem Restaurant gesehen wird. Im hier entschiedenen Fall hat das Gericht den Nachweis dadurch als erbracht angesehen, dass der Arbeitnehmer einer dritten Person seine Arbeitskraft angeboten hat.

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