Anwendbarkeit der Telekom-Tarifverträge auf frühere Mitarbeiter der Deutschen Bundespost

Ehemalige Mitarbeiter der Deutschen Bundespost, deren Arbeitsverhältnis auf eine Tochtergesellschaft der Telekom übergegangen ist und deren Arbeitsvertrag auf den Tarifvertrag der Post verweist, haben Anspruch auf Anwendung der Telekom-Tarifverträge (BAG, Urteil vom 6. Juli 2011, Aktenzeichen 4 AZR 706/09).

Der Fall

Der Kläger war seit dem Jahr 1980 bei der Deutschen Bundespost beschäftigt. Zum 1. Januar 1995 wurde die Deutsche Bundespost in die Aktiengesellschaft Deutsche Telekom AG umgewandelt, in der der Kläger fortan beschäftigt war. Er war an keinen Tarifvertrag gebunden. Sein Arbeitsvertrag enthält eine Klausel, die auf die Tarifverträge der Deutschen Bundespost verweist. Diese wurden zunächst auf sein Arbeitsverhältnis angewandt, ab dem 1. Januar 1995 dann die Tarifverträge der Telekom. Im Jahr 2007 gründete die Telekom die beklagte Tochtergesellschaft, auf die das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger überging. Bei der Beklagten galten Haustarifverträge, die sie auch auf den Kläger anwendete. Er machte geltend, dass stattdessen die Tarifverträge der Telekom in der Fassung anzuwenden sind, die zum Zeitpunkt des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses galt.

Die Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Die Beklagte muss auf das Arbeitsverhältnis des Klägers die Telekom-Tarifverträge anwenden. Denn die Klausel im Arbeitsvertrag, die auf die bei der Deutschen Bundespost geltenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung verweist, erfasst auch die bei der Telekom geltenden Tarifverträge, da diese die bei der Deutschen Bundespost anwendbaren Tarifverträge ersetzt haben. Hingegen kann die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag nicht dergestalt ausgelegt werden, dass auch Haustarifverträge von Tochterunternehmen der Telekom Anwendung finden, die lange Zeit nach dem Abschluss des Arbeitsvertrags mit dem Kläger gegründet wurden. Es sind in der Zeit bis zum Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers keine besonderen Umstände erkennbar, aus denen abzuleiten ist, dass man die Bezugnahmeklausel in eine Tarifwechselklausel umdeuten kann, aus der auch die Anwendbarkeit der Tarifverträge von Tochterunternehmen folgen könnte. Die Klausel ist auch nicht dahingehend auszulegen, dass der Kläger mit den Beschäftigten, die an die Haustarifverträge der Beklagten gebunden sind, gleichbehandelt werden soll.

Das Fazit

Unter einer Bezugnahmeklausel versteht man eine Bestimmung in einem Arbeitsvertrag, die auf tarifvertragliche Regelungen verweist. Damit gelten auch für Beschäftigte, die eigentlich nicht an einen Tarifvertrag gebunden sind, über ihren Arbeitsvertrag tarifvertragliche Bedingungen. Es wird unter anderem zwischen einer statischen und einer dynamischen Verweisung unterschieden. Eine statische Verweisung liegt dann vor, wenn auf einen Tarifvertrag in einer bestimmten Fassung Bezug genommen wird. Eine dynamische Verweisung ist hingegen dann gegeben, wenn auf den Tarifvertrag Bezug genommen wird, der jeweils in einem Betrieb gilt. Das BAG hat Bezugnahmeklauseln im Zweifel lange Zeit als so genannte Gleichstellungsabreden ausgelegt und die Ansicht vertreten, dass Arbeitgeber in der Regel eine Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen der tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Beschäftigten anstrebten. Diese Ansicht hat das BAG inzwischen aufgegeben. Nunmehr geht das Gericht grundsätzlich davon aus, dass eine Bezugnahmeklausel keine Gleichstellungsabrede darstellt, sondern im Zweifelsfall die bei Arbeitsvertragsabschluss geltenden Tarifverträge Anwendung finden.

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