Vorweggewährung von Lebensaltersstufen bei Mangelfächern

Gewährt der öffentliche Arbeitgeber zur Deckung des erforderlichen Personalbedarfs qualifizierten Bewerbern beziehungsweise vorhandenen angestellten Lehrkräften bis zu vier Lebensaltersstufen gemäß § 27 Abschnitt C BAT vorweg, so ist eine Unterscheidung nach festgelegten Fächer- und Schulform-Kombinationen, die auf einer Prognose zur Lehrerbedarfssituation beruht, nicht zu beanstanden. Die Entscheidung über die Vorweggewährung trifft der Arbeitgeber nach billigem Ermessen im Sinne des § 315 Absatz 1 BGB entsprechend der tarifvertraglichen Zwecksetzung. Ohne eine solche Entscheidung des Arbeitgebers besteht kein Anspruch des Angestellten auf eine Vorweggewährung nach BAT.

Der Kläger verfügt über die Befähigung für das Lehramt der Sekundarstufe II in den Fächern Englisch und Sozialwissenschaften und unterrichtet an einem Berufskolleg. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der BAT Anwendung. Der Kläger war mit der Wahrnehmung der Dienstgeschäfte eines „Studiendirektors“ betraut. Dies hatte die Eingruppierung in Vergütungsgruppe I a BAT zur Folge. Zwecks Gewinnung neu einzustellender Bewerber und Vermeidung der Abwanderung von Lehrern in so genannten Mangelfächern sieht ein Erlass des Fachministeriums aus 2001 bis zum Abschluss des Einstellungsverfahrens für das Schuljahr 2004/2005 vor, dass eine Überschreitung der jeweiligen Altersgrenze zur Übernahme in das Beamtenverhältnis um längstens zehn Jahre zulässig war. Als finanzieller Ausgleich wird diesem Personenkreis – zur Vermeidung von Abwanderung in Nachbarländer beziehungsweise in die Wirtschaft – auf der Grundlage des § 27 Abschnitt C BAT die Vorweggewährung von Lebensaltersstufen zugestanden.

Der Kläger beantragte daraufhin die Vorweggewährung von vier Altersstufen. Seinen Anspruch hat er auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und auf Artikel 33 Absatz 2 GG gestützt. Es sei willkürlich und sachlich nicht gerechtfertigt, ihm die Vorweggewährung von Altersstufen allein deswegen vorzuenthalten, weil er nicht an einer Gesamtschule, an einem Gymnasium, einer Realschule oder einer Hauptschule, sondern an einem Berufskolleg unterrichte. Auch im Bereich der berufsbildenden Schulen bestehe ein Mangel an Lehrerinnen und Lehrern.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auch das Landesarbeitsgericht Hamm hat die Klage als unbegründet verworfen (LAG Hamm, Urteil vom 13. Januar 2004, Aktenzeichen 5 Sa 736/03). Ein Anspruch des Klägers auf Vorweggewährung von Lebensaltersstufen lässt sich nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Vielmehr hat das beklagte Land mit Erlass vom 24. April 2001 eine billigem Ermessen entsprechende differenzierende Regelung getroffen. Dem liegt keine sachfremde Gruppenbildung zugrunde. Zwar ist die Gruppe der angestellten Lehrkräfte mit Lehrbefähigung für die Sekundarstufe II, die allgemeinbildende Fächer und insbesondere Englisch und Sozialwissenschaften unterrichten, jedoch an Berufskollegs tätig sind, von der Vorweggewährung ausgeschlossen hat. Dies ist jedoch sachgerecht. Auch auf Artikel 33 Absatz 2 GG kann der Kläger einen Gleichbehandlungsanspruch nicht stützten. Richtig ist zwar, dass die Verfassungsnorm nicht nur für die Einstellung in den öffentlichen Dienst, sondern auch für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen, insbesondere den Umfang der Arbeitsleistung und die Höhe der Vergütung gilt. Bei der Vorweggewährung von Lebensaltersstufen handelt es sich jedoch nicht um die Ausgestaltung eines Amtes. Ebenso wenig liegt dabei die Stellenzuweisung eines Bewerbers für ein neues Amt oder die Beförderung beziehungsweise Höhergruppierung im Sinne von Artikel 33 Absatz 2 GG vor.

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