Kongress „Digitaler Staat“
Digitalisierung der Verwaltung ganzheitlich denken
Der Zweite Vorsitzende des dbb Friedhelm Schäfer hat davor gewarnt, zur Modernisierung der Verwaltung nur die bestehenden Verfahren zu digitalisieren.
„Wir müssen unsere Prozesse neu denken – und zwar ganzheitlich“, sagte Schäfer beim Behördenspiegel-Kongress „Digitaler Staat“ am 3. März 2020 in Berlin. „Wir sollten die Gelegenheit der Digitalisierung nutzen, um Strukturen und Abläufe grundsätzlich zu überdenken. Dabei muss konsequent auch die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger als Nutzende sowie die der Anwenderinnen und Anwender in den Dienststellen eingenommen werden. Dazu gehört auch, in den Verwaltungen eine entsprechende Kultur zu schaffen sowie die Beschäftigten durch transparentes Handeln und konsequente Fortbildung auf diesem Weg mitzunehmen.“ Dafür müssten die Möglichkeiten der Mitbestimmung, also etwa die Einbeziehung von Personalräten, umfassend genutzt und wo nötig in die Zeit gestellt und ausgeweitet werden.
„Zu einem ganzheitlichen Ansatz gehört übrigens auch, dass Regierungen und Parlamente bereits im Gesetzgebungsverfahren prüfen, ob und wie die Projekte in der Folge in der Verwaltung digital umgesetzt werden können. Aber auf diesen ‚Digital-Check‘ für Gesetze warten wir immer noch“, stellte der Zweite Vorsitzende des dbb klar. Maßgeblich für eine Modernisierung der Verwaltung sei zudem, bei der Bevölkerung das Vertrauen in die digitalen Verwaltungsabläufe zu stärken. „Der Datenschutz muss beispielsweise jederzeit zweifelsfrei gewährleistet werden. Auch in den
Bereichen ‚Nachvollziehbarkeit‘ sowie ‚Information/Kommunikation‘ mit den Bürgerinnen und Bürgern können wir sicherlich noch besser werden.“
Milanie Hengst, Vorsitzender der dbb Grundsatzkommission für Mitbestimmung, betonte im Fachforum „Arbeiten 4.0 und Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen“ auf dem Kongress die
besondere Verantwortung der Führungskräfte für eine gelungene Digitalisierung im öffentlichen Dienst: „Die digitale Transformation der Verwaltung kann nur gelingen, wenn Führungskräfte noch mehr kommunizieren, eine Vertrauenskultur etablieren, auch mal Fehler zulassen und so die Entscheidungsfähigkeit der Beschäftigten stärken.“ Darüber hinaus müssten sie „den Schulterschluss mit den Personalräten suchen. Nur Hand in Hand mit den Beschäftigten kann der Wandel gelingen.“
Die dbb bundesfrauenvertretung hat unterdessen davor gewarnt, bei der Leistungsbewertung im öffentlichen Dienst auf künstliche Intelligenz (KI) zu setzen. „Künstliche Intelligenz ist bekanntlich nicht frei von Diskriminierung. Vielmehr besteht hier die Gefahr, dass einseitig programmierte Algorithmen bestehende Benachteiligung aufgrund des Geschlechts beziehungsweise von bestimmten Bevölkerungsgruppen verstärken oder sogar neue erzeugen können. Insbesondere Überlegungen in Personalauswahlverfahren und bei der Leistungsbewertung auf künstliche Intelligenz zu setzen, müssen im öffentlichen Dienst mit größtmöglicher Vorsicht behandelt werden. Darüber hinaus sollten überall dort alternative Lösungen gefunden werden, wo bereits bekannt ist, dass Algorithmen bestimmte Personengruppen diskriminieren“, warnte Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung am 4. März 2020 in Berlin. „Als größte Arbeitgeberinnen Deutschlands erfüllen die Verwaltungen eine Vorbildfunktion. Der Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern gelingt dort am besten, wo sich auch in der Verwaltung die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegelt. Das müssen wir mit allen Mitteln fördern. Daher gilt es, diskriminierende Strukturen nicht in der digitalen Welt zu reproduzieren.“