dbb magazin 3/2025

Versichertenberater „Ich hab’ kein Helfersyndrom“ Michael Bublies begleitet Versicherte durch die Antragsprozeduren der Rentenversicherungsträger und will, dass jeder bekommt, was ihm zusteht. Gerechtigkeit ist ihm wichtig. Er berät Versicherte. In seiner Freizeit, nachmittags nach 17 Uhr, manchmal am Wochenende. „Wobei, na, eigentlich mache ich keine Beratung. Ich biete Hilfe beim Stellen der Rentenanträge“, sagt Michael Bublies. Dem Versichertenberater der Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (KBS) ist der inzwischen etwas angestaubt wirkende Begriff „Versichertenältester“ fast lieber, weil der ein weitverbreitetes Missverständnis vermeidet: „Wir dürfen gar nicht ‚echt‘ beraten. Wir wollen den Rentenberatern der Versicherungsträger keine Konkurrenz machen.“ Seit Bublies bei den Sozialwahlen 2017 zum Versichertenberater gewählt worden ist, wird der Ehrenamtliche auch von Rentenversicherten anderer Träger angesprochen – Hauptsache, sie wohnen in der Nähe und alle Beteiligten können sich leicht erreichen. Die Nähe zu den Ratsuchenden ist ihm nicht nur geografisch wichtig: „Den Umgang mit den Menschen mag ich. Das ist schön. Außerdem lerne ich gerne und nehme aus jeder Begegnung etwas mit.“ Gewerkschafter seit der Lehrzeit Wer sich unter einem Versichertenberater eine „papierene“ Gestalt, einen langweiligen Sachbearbeiter vorstellt, wird von Michael Bublies überrascht sein. Seine straff gekämmte und von Pomade gehaltene Haartolle provoziert Mutmaßungen über den Musikgeschmack: Rock ’n’ Roll? „Nee, eher Rockabilly und BoogieWoogie, aber vor allem Lindy Hop und Swing. Ich tanz’ wahnsinnig gerne“, erzählt der Berliner, „und ich hab’ am selben Tag wie Elvis Presley Geburtstag.“ Das sei aber wirklich ein Zufall: „Meine Mutter war damals in einen Musiker verschossen.“ Seine Musikleidenschaft ist ein Familienerbe. Überhaupt packt er die Dinge mit einer gewissen Leidenschaft an – das war schon so, als er 1987 im Ausbesserungswerk BerlinSchöneweide bei der damaligen Deutschen Reichsbahn eine Lehre zum Schienenfahrzeugschlosser begann. „Schlosser war nicht mein Traumberuf.“ Nach dem Ende der Lehrzeit begann er im September 1989 einen Ausbildungslehrgang für Triebfahrzeugführer. „Am 3. März 1990 habe ich zum ersten Mal selbst eine S-Bahn gefahren.“ Das klingt auch Jahrzehnte später noch stolz. In dieser Zeit habe er auch ein „sehr starkes Gerechtigkeitsgefühl“ entwickelt: Bublies wurde „Vertrauensperson der Lehrlinge“, wie er es dann wieder ganz modern sagt. Aber: „Ich hab’ kein Helfersyndrom. Ich möchte einfach nur, dass alle gerecht behandelt werden“, stellt der frischgebackene Vater eines kleinen Jungen klar. Gerechtigkeitssinn Das mit der Gerechtigkeit zieht sich durch. Jahrelang fährt er die Züge der Berliner S-Bahn, engagiert sich bei der GDL, der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer. Zwischen 2002 und 2014 wird er als Betriebsrat tätig und kümmert sich zunächst um „klassische“ Betriebsratsthemen – Arbeits- und Pausenzeiten, Überstunden und Urlaub. Später wird er stellvertretender und schließlich amtierender Betriebsratsvorsitzender. Dabei entdeckt er, „dass das Thema Arbeitsschutz für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der viel größere Hebel ist“. Da ist er wieder, Bublies Gerechtigkeitssinn: „Ich möchte, dass es mit rechten Dingen zugeht.“ Als er während einer Tarifrunde mit etlichen Streiks für die Mitglieder seiner GDL-Ortsgruppe regelmäßig einen Newsletter schreibt, fällt er auf: Ihm wird der Job eines Referenten des damaligen stellvertretenden GDL-Vorsitzenden Lutz Schreiber angeboten. Von da an pendelt er jahrelang zwischen Berlin und Frankfurt am Main, wo sich die Hauptgeschäftsstelle der GDL befindet. Bei der Gewerkschaft betreut er als Referent für Soziales nicht nur die Sozialwahlen, sondern auch die ehrenamtlichen Versichertenberater. Als es nicht genügend Bewerbungen für die 35 Mandate der GDL gibt, kandidiert er selbst für das Ehrenamt. Was ihn, neben dem Vorwissen, das er mitbrachte, durch die anstrengende erste Anfangszeit geholfen hat? „Ich bin dickköpfig und möchte Sachen verstehen.“ Die Schulungen durch seinen Rentenversicherungsträger KBS erlebt er als Hilfe: „Da geht’s um viel Hintergrundwissen, unter anderem auch um die Bedienung der Computerprogramme, zum Beispiel der E-Antrag. Der ist ein Segen.“ Wachen über Versicherungsleistungen Bublies sammelt die Ehrenämter nicht – eher sammeln sie sich bei ihm an. So ist er unter anderem auch Mitglied der Vertreterversammlung, also des Parlaments der VBG, der VerwaltungsBerufs-Genossenschaft. Wie jeder andere Träger im System der Model-Foto: Angel Cortijo Nieto/Colourbox.de 20 FOKUS dbb magazin | März 2025

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