Gewalttaten gegen Polizeikräfte Erschreckend hohe Fallzahlen Die registrierten Gewalttaten gegen Polizistinnen und Polizisten haben mit 46 218 Fällen im Jahr 2023 einen neuen Höchststand erreicht. Das geht aus dem aktuellen Bundeslagebild „Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte 2023“ des Bundeskriminalamtes (BKA) von Oktober 2024 hervor. Mit einem Anstieg um 8,0 Prozent gegenüber 2022 handelt es sich demnach um die stärkste Zunahme seit dem Jahr 2017. Insgesamt wurden 105 708 Polizistinnen und Polizisten Opfer einer gegen sie gerichteten Gewalttat. Dies sind 9 500 betroffene Beamtinnen und Beamte mehr als im Jahr zuvor, was einem Anstieg um 9,9 Prozent entspricht. Bei Gewalttaten gegen Rettungs- und Feuerwehrkräfte wurden ebenfalls neue Höchststände verzeichnet. Wenn Polizistinnen und Polizisten in Deutschland Gewalt erfahren, handelt es sich laut BKA in den meisten Fällen um Widerstandshandlungen und tätliche Angriffe. Sie machen mit 84,5 Prozent den größten Anteil der Gewalttaten gegen Polizeikräfte aus. Im Vergleich zum Vorjahr sind die entsprechenden Fälle um 8,5 Prozent auf 39 046 Fälle gestiegen (2022: 35 983). Häufig werden Polizeikräfte darüber hinaus bedroht. Hier wurden 3 851 Fälle registriert, was einem Anstieg von 5,9 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor entspricht. Gesunken ist die Zahl der Fälle, bei denen Polizistinnen und Polizisten Opfer von gefährlicher und schwerer Körperverletzung wurden. Die Zahl der registrierten Delikte sank um 13 Prozent auf 1 260 Fälle (2022: 1 449). Insgesamt wurden 40 versuchte Tötungsdelikte erfasst, drei mehr als im Jahr zuvor. Vollendete Tötungsdelikte gab es 2023 nicht – im Gegensatz zum Jahr zuvor, als eine Polizistin und ein Polizist im Landkreis Kusel/Rheinland-Pfalz ermordet wurden. Die Zahl der Tatverdächtigen hat um 5,9 Prozent zugenommen, sodass im Jahr 2023 insgesamt 38 630 Tatverdächtige erfasst wurden (2022: 36 495). Während der Anteil der deutschen Tatverdächtigen von 69,9 auf 66,4 Prozent sank, stieg der Anteil der nicht deutschen Tatverdächtigen von 30,1 auf 33,6 Prozent. Die Tatverdächtigen waren meistens männlich (83,6 Prozent) und über 25 Jahre alt (73,0 Prozent). Sie waren in der Regel allein handelnd (95,1 Prozent), oft polizeilich bekannt (75,3 Prozent) und mehr als jeder Zweite stand unter Alkoholeinfluss (50,2 Prozent). Das Bundeslagebild enthält zudem Daten zu Rettungsdienst- und Feuerwehrkräften, die im Einsatz von Gewalttaten betroffen waren. Mit 687 Fällen (plus 5,7 Prozent) und 1 069 Opfern (plus 13,7 Prozent) bei der Feuerwehr sowie 2 050 Fällen (plus 6,8 Prozent) und 2 902 Opfern (plus 8,4 Prozent) bei sonstigen Rettungsdiensten wurden im Jahr 2023 ebenfalls Höchststände verzeichnet. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, hatte die Zahlen mit Erschütterung kommentiert: „Wir haben eine Steigerung erwartet. Trotzdem entsetzen rund acht Prozent mehr Gewaltdelikte gegen die Polizei. Hinter jeder Zahl stehen Menschen, die sich für diesen Staat einsetzen und buchstäblich ihren Kopf hinhalten, um Freiheit zu schützen und Sicherheit zu gewährleisten. Sie fühlen sich von der Politik im Stich gelassen, die zwar immer viele Erklärungen bereithält, wenn es um die Täter geht, aber wenig Empathie für die Opfer aufbringt“, so Wendt nach der Veröffentlichung der Statistik. Von der Politik forderte Wendt moderne Technik für die Polizei und schärfere Gesetze, „damit Gewalttätern die Taten nachgewiesen und sie verurteilt werden können“. Außerdem müsse die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts die Regel und nicht die Ausnahme sein, wenn Täter jünger als 21 Jahre seien, die Strafmündigkeitsgrenze müsse auf zwölf Jahre gesenkt werden. Genauso wichtig seien die zwingende Kombination von Strafverfahren und Ausweisungsbemühungen schon während der Anklage sowie eine schnell handelnde Justiz. _ © Viktor Dukov/Unsplash.com 10 FOKUS dbb magazin | April 2025
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