In einem anderen Fall war Bäselt privat in einem ICE unterwegs, als ein Drogensüchtiger das Zugpersonal attackierte. „Ich bin dazwischengegangen und konnte Schlimmeres verhindern. Im nächsten Bahnhof musste der Zug dann aber eine halbe Stunde auf die Landespolizei warten, weil die Bundespolizei nur auf großen Bahnhöfen direkt vor Ort ist. „Das führt natürlich wieder zum Gewalttrigger ‚Verspätung‘.“ Ein Teufelskreis. Verspätungen gehören mittlerweile aber zum Bahnalltag. Deshalb komme es eher zu verbalen Angriffen als zu Tätlichkeiten. „Im Ernstfall funktioniert die Kommunikation im ICE aber gut“, erklärt der Zugchef. Ein ICE 4 mit 13 Wagen kommt auf 925 Sitzplätze. „Da werden die Wege lang, weshalb es in jedem Wagen eine Sprechstelle gibt. Was aber fehlt, sind Rückzugsräume. Bei Gefahr kann ich mich auch nur auf die Toilette flüchten.“ Auch seien auf langen ICE- Zügen neben den Kolleginnen und Kollegen von der Gastronomie früher mindestens drei, oft auch vier Betriebseisenbahner an Bord gewesen. „Heute sind es noch zwei. Damit werden die Sicherheitsstandards zwar formal eingehalten. Aber eben am Limit“, kritisiert der Zugchef. Als gefährlicher schätzt Bäselt die Arbeit im Regionalzug ein und hat aus dem Kollegenkreis bereits viele entsprechende Berichte gehört. „Das liegt daran, dass die Zugbegleiterin oder der Zugbegleiter im Regio allein ist. Das macht sie natürlich viel angreifbarer.“ Im Fernverkehr sind neben dem Zugchef ein weiterer Zugbegleiter und zwei Gastronomen an Bord. „Eine Kollegin hatte im Regio einen Zwischenfall mit einer ganzen Gruppe, die sie umzingelt hat. Da kommt man dann nicht so leicht raus und ist erst mal auf sich allein gestellt“, kritisiert der Eisenbahner, der sich auch beim Projekt „Runder Tisch Security“ der DB AG engagiert. Ob neue Sicherheitstechnik wie die Bodycam, die zum Teil bereits in Regionalzügen im Einsatz ist, helfen kann? „Das hält den einen oder anderen sicher davon ab, handgreiflich zu werden. Allerdings muss man den Einsatz erst ankündigen und die Kamera starten. Dieser Moment kann den Sicherheitsaspekt in sein Gegenteil verkehren, weil ein potenzieller Angreifer vielleicht schneller sein will“, gibt Bäselt zu bedenken. Die Technik soll bald auch im ICE getestet werden. Für die Zukunft wünscht sich René Bäselt mehr passive Sicherheit. Das bedeutet: Neben den regelmäßigen Deeskalationstrainings und Selbstverteidigungskursen, die die DB AG anbietet, müsse der Fokus auf besseren Arbeitsbedingungen für die Kolleginnen und Kollegen der DB Sicherheit GmbH liegen. Sie sind für die Sicherheit und Ordnung in Objekten und Anlagen sowie in Fahrzeugen der Deutschen Bahn zuständig. „Einerseits werden diese Kolleginnen und Kollegen für Großveranstaltungen wie Fußballspiele gerne in großer Zahl abgezogen. Andererseits gehört die Bahn im Securitybereich nicht gerade zu den am besten zahlenden Mitbewerbern, was zu hoher Fluktuation beim Personal führt.“ Grundsätzlich plädiert Bäselt für eine konsequente Strafverfolgung von Gewaltdelikten. „In der Schweiz geschieht das zum Beispiel von Rechts wegen – ein Angriff auf einen Zugbegleiter wird dort genauso gewertet wie eine Attacke auf einen Polizisten.“ ada, br, cdi Patienten sollten nicht wegen jeder Kleinigkeit in die Notaufnahme kommen. Victoria Kerl Wir haben es mit Ausrastern, Pöbeleien und tätlichen Angriffen zu tun. René Bäselt © Privat © Privat FOKUS 15 dbb magazin | April 2025
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