dbb magazin 7-8/2019

„Mit der Digitalisierung aller gesellschaftlichen Bereiche steht die öffentliche Hand unter Zugzwang: Dem steigen­ den Anspruch der Bevölkerung nach einfachen, schnellen und praktikablen Möglichkeiten muss der Staat durch neue Verfahren und mobile Online- Lösungen gerecht werden“, brachte der Zweite Vorsitzen- de und Fachvorstand Beam­ tenpolitik des dbb, Friedhelm Schäfer, die anstehenden Her­ ausforderungen für den öffent­ lichen Dienst bei der Eröffnung des Symposiums auf den Punkt. „Der Staat muss nicht nur für praktikable Lösungen sorgen, er muss den eingeleiteten Pro­ zess und daraus resultierende Veränderungsnotwendigkeiten auch umfänglich den Bürgerin­ nen und Bürgern und damit den Nutzerinnen und Nutzern seines Angebots erklären. Der Staat muss über diese Transpa­ renz verloren gegangenes Ver­ trauen zurückgewinnen.“ Nur so werde es gelingen, für den Prozess zunehmend Akzeptanz zu erlangen, zeigte sich Schäfer überzeugt. Staatliches Handeln verändere sich: „Der Staat wird immer mehr Dienstleister für den Bürger und verändert sich in diesem Prozess auch als Ar­ beitgeber.“ Mit der Digitalisie­ rung komme eine Mammut­ aufgabe auf die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zu, räumte Schäfer ein. „Zugleich ist sie aber auch eine Riesen­ chance, Verwaltung neu zu denken.“ << Moderne Technik bezah­ len wie Stromgebühren Wie in vielen anderen Bundes­ ländern ist die Verwaltungsmo­ dernisierung auch in Berlin eine Großbaustelle. Das wurde im Impulsreferat „Digitalisierung – von der Vision in die Praxis“ von Sabine Smentek, Staatsse­ kretärin für Informations- und Kommunikationstechnik in der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport, deutlich. Die ehemalige Unternehmensbera­ terin mit langjähriger Verwal­ tungserfahrung hatte im Jahr 2015 als Bezirksstadträtin für Jugend, Schule, Sport und Facility Management im Be­ zirksamt Mitte von Berlin fas­ sungslos miterlebt, wie die Berliner Verwaltung vor der Bewältigung des Flüchtlings­ zustroms kapitulieren musste. Ausgehend von diesem „ein­ schneidenden Erlebnis“ und der Erkenntnis, „dass die Verwal­ tung nicht kaputtgespart wer­ den darf“, verfolgt sie seither als Staatssekretärin das Ziel, „eine der Verwaltungen mit dem schlechtesten Ruf, den man sich nur vorstellen kann“, nachhaltig und schnell zu modernisieren. Als Grundpfeiler dafür nannte Smentek das E-Government- Gesetz und die zentrale Steue­ rung aller Projekte über die Senatsverwaltung für Inneres und Sport, wobei sie selbst die notwendigen Standards für Di­ gitalisierung und IT gemäß des Koalitionsvertrages setze. „Auf der anderen Seite bin ich dann natürlich immer schuld, wenn etwas nicht klappt“, so Smen­ tek. In Anbetracht dieser Mam­ mutaufgabe gab sie sich je­ doch mehr als zuversichtlich. „Wir werden bis zum Ende der Legislaturperiode zeigen, dass Berlin kein ,Failed State‘ ist“, sagte die Staatssekretärin und verwies auf das bereits modernisierte und – inklusive künstlicher Intelligenz – nut­ zerfreundlicher gestaltete Ser­ vice-Portal Berlins im Internet. Auch die E-Akte werde bis zum 1. Januar 2023 eingeführt sein. Außerdem sollen Digitalisie<< Friedhelm Schäfer 4. dbb forum ÖFFENTLICHER DIENST Digitalisierungseuphorie oder KI-Wahnsinn? Theoretische und praktische Aspekte der Digitalisierung standen am 18. Juni 2019 im Fokus des 4. dbb forum ÖFFENTLICHER DIENST in Berlin. Angeregt durch Impulsreferate diskutierten die Teil­ nehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums unter anderem über die Einführung digitaler Bürger­ dienste in der öffentlichen Verwaltung, deren Auswirkungen auf die Beschäftigten und die Verant­ wortung der Führungskräfte im Transformationsprozess. forum ÖFFENTLICHER DIENST © Marco Urban (11) 12 > dbb magazin | Juli/August 2019

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