dbb magazin 7-8/2019

forum ÖFFENTLICHER DIENST te“, sagte Riedel und betonte, dass die Digitalisierung grund­ sätzlich auch Gelegenheit zur Entbürokratisierung und Pro­ zessoptimierung biete. So nut­ ze man die Transformation in Hamburg, um Prozesse mit al­ len Beteiligten auf ihren Sinn und ihre Funktionsfähigkeit zu überprüfen, was in nicht weni­ gen Fällen dazu führe, dass die Dinge grundlegend verbessert würden. Ohnehin habe die Hansestadt bei ihren Digitali­ sierungsbestrebungen nicht nur den öffentlichen Dienst in den Blick genommen, sondern begreife das Transformations­ projekt als Gestaltungsan­ spruch für die gesamte Stadt: „Alle Ressorts machen sich Gedanken zu Digitalisierungs­ vorhaben und entwickeln kon­ krete Projekte als Ergebnis.“ Das Amt für IT und Digitali­ sierung, angesiedelt direkt in der Senatskanzlei, diene dabei als zentrale Anlaufstelle und Motor für alle Digitalisierungs­ vorhaben, inklusive der recht­ lichen Grundsatzangelegen­ heiten. Gemeinsam warben Bürger und Riedel dafür, die digitale Transformation positiv als gro­ ße Gestaltungschance für den öffentlichen Dienst zu betrach­ ten. Es verstehe sich von selbst, so Bürger, dass die Ängste und Befürchtungen der Beschäftig­ ten aufgegriffen, moderiert und möglichst vollständig aus­ geräumt werden müssten, dar­ in seien sich alle politischen Entscheider mittlerweile einig. Es werde auch interministeriell an entsprechenden begleiten­ den Projekten mit Fokus auf Ermutigung und Befähigung der Menschen im öffentlichen Dienst in Sachen Digitalisie­ rung gearbeitet. Die beiden E-Government-Ex­ perten betonten, dass es sich bei der Digitalisierung nicht nur um einen technischen, sondern vor allem auch um einen gesell­ schaftlichen und arbeitskultu­ rellen Zeitenwandel handele, der in seinen Auswirkungen nicht unterschätzt werden dür­ fe. Mit dem Thema E-Govern­ ment könne man zwar keine Wahl gewinnen, aber durchaus eine verlieren, warnte Bürger. Auch für den Berufsnachwuchs im öffentlichen Dienst sei ein modernes digitales Arbeitsum­ feld zunehmend wichtig, un­ terstrichen Riedel und Bürger. „Die jungen Menschen erwar­ ten einen Arbeitsplatz, an dem man respektvoll mit ihnen um­ geht, dazu gehören Einkom­ mens- und Vereinbarkeitsas­ pekte ebenso wie modernes Arbeitsgerät und ein anstän­ diger Umgang mit den Zeit- und Personalkapazitäten“, so Riedel. << Veränderungsprozesse gemeinsam bewältigen Theorie und Praxis der Um­ setzung von Digitalisierungs­ vorhaben in der öffentlichen Verwaltung beleuchteten die Wissenschaftlerin Stefanie Hecht vom Fraunhofer Institut für Offene Kommunikations­ systeme FOKUS und Friedrich Fuß, der Chief Digital Officer der Stadt Bonn. „Digitale Transformation funk­ tioniert nur, wenn die dafür notwendigen Methoden und Denkweisen abteilungsüber­ greifend etabliert werden, und das bezieht sich keineswegs nur auf IT-Angelegenheiten“, stellte Fuß klar, der bei der Telekom Deutschland Techni­ scher Geschäftsführer war, be­ vor er Anfang 2018 zur Stadt Bonn wechselte, um sie bei der Umsetzung ihrer Agenda „Digi­ tale Verwaltung“ zu beraten. Bei der Bundesstadt sollen in den nächsten Jahren zahlreiche Prozesse und Abläufe sowie Kundenkontaktstellen digitali­ siert werden, vor allem in den Bereichen Bürgerservice, digi­ tale Bildung und Mobilität. Dieser „gewaltige Verände­ rungsprozess“ löse nicht selten Ängste aus. Fuß: „Die Verände­ rungen machen unsicher und ich suche konkret Lösungen für das, was als Problem beschrie­ ben wird.“ Als ein wichtiges Ziel seines Coachings nennt Fuß: die Menschen aus dem „Silo-Denken“ zu führen, nach dem Verwaltung organisiert ist, und sie mit prozessorgani­ siertem Denken und Arbeiten vertraut zu machen. Stefanie Hecht informierte über den Geschäftsbereich Digital Public Services (DPS) des Fraunhofer Instituts für Offene Kommunikations­ systeme FOKUS, in dem die Forschungsaktivitäten zu E-Government und Öffentli­ cher IT zusammenlaufen: Poli­ tik, Verwaltung und Wirtschaft sollen bei der strategischen Umsetzung von passgenauen und sicheren IT-Lösungen im öffentlichen Raum und in der öffentlichen Verwaltung un­ terstützt werden. IT-Projekte könnten nutzerfreundlicher gestaltet werden, wenn Mit­ arbeiterinnen und Mitarbeiter frühzeitig einbezogen werden, so Hecht. „Dann verbessert sich die Gebrauchstauglichkeit der Software, die sogenannte Usability, signifikant. Teure Fehlentwicklungen werden vermieden und die Akzeptanz steigt.“ Die von Hechts For­ schungsteam durchgeführte „Usability-Begleitung“ schil­ derte die Wissenschaftlerin als Mix aus empirischen und analytischen Methoden: „Zu den analytischen Methoden gehört etwa die Untersu­ chung auf Standardkonformi­ tät nach DIN- und ISO-Richtli<< Friedrich Fuß << Stefanie Hecht << Ernst Bürger 14 > dbb magazin | Juli/August 2019

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