dbb magazin 7-8/2019

frauen ten Verfassungsbruch, den der jetzige Zustand darstellt.“ << Gemeinsam auf den Weg machen „Gleichberechtigte Gesell­ schaft – Frauen gehen voran“ lautete die Überschrift der von Caroline Paulick-Thiel (Politics for Tomorrow) moderierten Podiumsdiskussion. Dort be­ dauerte die CDU-Bundestags­ abgeordnete Elisabeth Motsch­ mann, dass auch die CDU nur rund 20 Prozent Frauen in den Bundestag schickt. Das Grund­ problem: Weil viele Sitze durch Direktmandate gewonnen werden, spielten paritätische Listen kaum eine Rolle beim Verteilungsverhältnis der Sitze im Bundestag zwischen Frauen und Männern. Als ehemalige Quotengegnerin habe sie den Leitsatz „Leistung zählt, nicht Chromosomen“ vertreten. Heute sei sie davon überzeugt, dass es nur mit Quotenrege­ lungen zu schaffen sei, mehr Frauen in Spitzenpositionen in Politik, Wirtschaft und im öf­ fentlichen Dienst zu bringen. „Als ich 1976 in die CDU einge­ treten bin, wurden die Verein­ barkeit von Familie und Beruf, Frauen in Führungspositionen und die Lohnungleichheit zwi­ schen Frauen und Männern heftig diskutiert. Bis heute sind diese Themen aktuell.“ Weni­ ger Delegierten- und mehr Ur­ wahlen – also die direkte Wahl zur Besetzung eines Spitzen­ amtes innerhalb einer Partei durch ihre Mitglieder – seien nach Motschmanns Ansicht eine Möglichkeit, mehr Frauen in die Gremien von Politik und Verbänden zu bringen, da so die politische Beeinflussbarkeit handverlesener Delegierter nicht zum Tragen komme. Heike Hempel, ZDF, Leiterin der Hauptredaktion Fernsehfilm/ Serie II und seit Januar 2018 stellvertretende Programmdi­ rektorin des ZDF, bezeichnete die Gleichstellung als Teil des Auftrages, den das ZDF als öf­ fentlich-rechtliche Sendeanstalt zu erfüllen habe: „Wir achten in unserem Personalmanagement darauf, dass wir Frauen in ver­ antwortlichen Posten haben.“ Bei der Entwicklung neuer Un­ terhaltungsformate und Serien hinterfrage man, wie Frauenge­ schichten in der heutigen Zeit erzählt werden sollten. „Dabei geht es uns nicht darum, den Kommissar gegen eine Kommis­ sarin auszutauschen: „Wir ha­ ben uns vorgenommen, die Ge­ schlechter in ihrer Diversität darzustellen.“ Hempel wandte sich entschieden gegen Vorwür­ fe, dass das ZDF in seinen Unter­ haltungsfilmen überkommene Rollenbilder transportiert. „In unseren Filmen geht es um Kompetenz, die wir in Frauen­ bildern schildern.“ Beate Müller-Gemmeke, Bun­ destagsabgeordnete von Bünd­ nis 90/Die Grünen, betonte, dass die Gleichstellung quasi in der DNA ihrer Partei verankert sei. Dort gab es von Anfang an ein Frauenstatut, das seitdem „knallhart“ die Parität der Ge­ schlechter regelt. „Deshalb habe ich mich dort immer wohlgefühlt, weil die gesell­ schaftliche Wirklichkeit mit 50 Prozent Männern und Frauen abgebildet wurde und wird. Als Bündnisgrüne sind wir in einer sehr komfortablen Position: Wir leben Gleichstellung und denken sie immer mit.“ Wo sol­ che strikten Reglementierun­ gen nicht existierten, könne die Gleichstellung das nächste Level nur erreichen, wenn die Frauen intensiver als bisher netzwerkten, sich bereichs­ übergreifend zusammenschlös­ sen. „Sie werden untereinander Kompromisse eingehen müs­ sen. Was aber wirklich zählt, ist, dass sie sich gemeinsam auf den Weg machen. Dafür müssen wir Frauen gemeinsam werben und die größtmögliche Geschlossenheit zeigen. Damit wir uns möglichst breit aufstel­ len können, ist es wichtig, auch die quotenskeptischen jungen Frauen ins Boot zu holen“, ap­ pellierte Müller-Gemmeke. Helene Wildfeuer kritisierte auch auf dem Podium erneut, dass die Realität im öffentlichen Dienst hinter den Vorgaben des Koalitionsvertrages, bis 2025 zu einer paritätischen Besetzung von Leitungsfunktionen zu kommen, hinterherhinke: „Auf­ stieg erfolgt im öffentlichen Dienst nach Befähigung und Eignung. Der Knackpunkt ist, dass hier oft noch männliche Kriterien zugrunde liegen, was Frauen ausbremst.“ Der dbb habe daher bereits früh darauf gedrungen, dass Beurteilungs­ kriterien hinterfragt und geän­ dert werden – was im Augen­ blick auch geschehe. Doch das allein genüge nicht, so Wild­ feuer: „Frauen müssen lernen, solidarischer zusammenzuste­ hen und gemeinsam aktiver für ihre Ziele zu kämpfen.“ Auch die dbb Frauenvorsitzende ist überzeugt, dass es ohne Quo­ tenregelungen nicht gelingen werde, Frauen in allen Berei­ chen Gleichberechtigung zu verschaffen. „Daher ist auch die Forderung nach einem Pa­ rité-Gesetz Beschlusslage der dbb bundesfrauenvertretung, die auf dem Gewerkschaftstag 2017 angenommen wurde. Wir brauchen am Ende aber auch die Menschen dafür“, gab Wildfeuer zu bedenken und wünschte sich auch im dbb mehr Frauen in den Gremien und Führungspositionen. In ihrem Schlusswort bekräf­ tigte die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, dass es eine Aufgabe der Frauen sei, die Zukunft zu gestalten und sichtbarer zu werden: „Gleich­ stellung passiert nicht einfach. Sie ist das Ergebnis harter Ar­ beit.“ Solidarität sei dafür ein besonders wichtiges Gut, denn gemeinsam sei es möglich, Transformationsprozesse anzustoßen. br/cri/dro/iba/zit << Podiumsdiskussion: Heike Hempel, Beate Müller-Gemmeke, Helene Wildfeuer, Elisabeth Motschmann und Moderatorin Caroline Paulick-Thiel (von links) 33 dbb > dbb magazin | Juli/August 2019

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