dbb magazin 7-8/2019

online ganz verschiedene Proben zu untersuchen, zum Beispiel So­ larzellen, Materialien für die solare Wasserstofferzeugung und Quantenmaterialen. Aber auch Proteine für die Entwick­ lung neuer Wirkstoffe, Meteori­ ten und archäologische Funde können mit dem weichen Rönt­ genlicht von BESSY II unter­ sucht werden. Oder ganz un­ wissenschaftlich ausgedrückt: Der Teilchenbeschleuniger kann als Mikroskop benutzt werden. Das BAM nutzt BESSY II zum Beispiel, um die Wechselwir­ kung von Baustoffen und Um­ welteinflüssen zu untersuchen, damit Baustoffe widerstands­ fähiger und länger haltbar gemacht werden können. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Oberschöneweide zog mit ihrem Programm knapp 1 900 Besucherinnen und Besu­ cher an. Die Universitätsbiblio­ thek der Technischen Universi­ tät konnte mit abwechslungs- reichen Veranstaltungen fast 2000 Neugierige anlocken. In Sachen Medizin war natürlich die Charité gefragt: An den ver­ schiedenen Standorten nutzten mehr als 8 000 Interessierte die Möglichkeit für Einblicke in den menschlichen Körper. „Direkt auf Augenhöhe mitein­ ander ins Gespräch zu kommen oder selbst einmal ein Experi­ ment durchzuführen und kri­ tisch zu hinterfragen – das sind Möglichkeiten, die sich Men­ schen außerhalb der Wissen­ schaft sonst nur selten bieten“, sagte Prof. Dr. Monika Gross. << ... und gefüllten Keksen Dass auch das Scheitern nicht nur zur Forschung, sondern auch zu „normalen“ berufli­ chen Werdegängen dazuge­ hört, zeigte sich beim „Fuckup Night Talk“ in Adlershof: Men­ schen, die auf der Bühne erzäh­ len, wie sie ihren Job verloren haben oder insolvent gegan­ gen sind. Sie sprachen darüber, woran sie gescheitert sind und warum das für ihre weitere Entwicklung so wichtig war. Oder der „Science Slam“, bei dem eine Nachwuchswissen­ schaftlerin und drei Nach­ wuchswissenschaftler auf unterhaltsame Art ihr For­ schungsgebiet vorstellten. Wer wissen wollte, was ge­ füllte Kekse mit Stahl zu tun haben oder warum Eisbären als Wärmespeicher fungieren, kam dort ebenso auf seine Kos­ ten wie Zeitgenossen, die dem Tod mit einem statistischen Augenzwinkern begegnen. Das waren nur wenige exempla­ rische Einblicke in das pralle Ber­ liner Programm zur „klügsten Nacht“. Denn auch in anderen Städten stehen Wissenschaft und Forschung regelmäßig mit­ ten in der Gesellschaft: Unter anderem in Dresden, Leipzig, Hamburg, Heidelberg, Tübin­ gen, München, der Region Nürn­ berg, Fürth, Erlangen oder in Stuttgart und Frankfurt: Im Prinzip kann jeder Bundesbür­ ger eine „Lange Nacht“ in der Nähe seines Wohnortes besu­ chen und in die Welt der For­ schung eintauchen. << Erfolgsmodell als Exportschlager Die Lange Nacht der Wissen­ schaften in Berlin und Potsdam ist ein Gemeinschaftsprojekt der wissenschaftlichen Einrich­ tungen der Region. Veranstal­ ter ist der Lange Nacht der Wissenschaften e. V., in dem sich wissenschaftliche und wissenschaftsnahe Einrichtun­ gen zusammengeschlossen ha­ ben. Finanziert wird die Lange Nacht der Wissenschaften weitgehend von den beteilig­ ten wissenschaftlichen Einrich­ tungen selbst. Auch die Ticket­ einnahmen werden vollständig für die Finanzierung der Ge­ samtveranstaltung verwendet. Die Wissenschaftsnacht wird von zahlreichen Partnern aus der Region unterstützt. Über den Einsatz der Mittel ent­ scheidet die Mitgliederver­ sammlung des LNDW e. V. Ideengeberin für die Lange Nacht der Wissenschaften war die bereits seit 1997 erfolgrei­ che „Lange Nacht der Museen“ in Berlin. Dort ermöglichte eine gemeinsame Eintrittskarte den Besuchern erstmals den Zu­ gang zu allen beteiligten Ein­ richtungen und die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs. Da das Konzept erfolgreich war und eine große Zahl von Besuchern anzog, finden Mu­ seumsnächte inzwischen in über 120 Städten statt. So ha­ ben auch die Nuit Blanche in Paris, die museums-n8 in Ams­ terdam, die Lange Nacht der Museen in Wien und die Nacht der Museen in Frankfurt und Offenbach amMain Bekannt­ heit erlangt, und auch andere Städte sind mit von der Partie. Eine länderübergreifende Aktion wurde 2007 vom Europarat unterstützt. So öffneten am 19. Mai 2007 in 39 Staaten mehr als 2000 Museen am Samstagabend. In Europa nahmen die Städte Baku, Brüssel, London, Paris, Straßburg, Zagreb, Bratislava, Barcelona, Madrid, Lissabon, Belgrad, Tallinn, Budapest, Venedig, Lugano, Vilnius, Kra­ kau, Warschau und Bukarest daran teil. Neben Museen können auch andere Kultur­ einrichtungen an dem Erfolgs­ konzept beteiligt sein. So gibt es zum Beispiel eine Lange Nacht des offenen Denkmals, in der auch private Baudenk­ male und Ausstellungen geöffnet werden. br << LNDW for Future Zahlreiche Wissenschaftle­ rinnen und Wissenschaftler, die sich in der Langen Nacht präsentiert haben, unter­ stützen die Aktivitäten von Fridays for Future im Rah­ men von Scientists for Fu­ ture. Als Wertschätzung ge­ genüber dem Engagement der Jugendlichen hat der LNDW e. V. 2019 kostenfreie Schülergruppentickets an­ geboten. Zahlreiche Schulen haben davon Gebrauch ge­ macht: etwa 12500 Tickets wurden von Lehrerinnen und Lehrern bestellt. << Feuer und Flamme für Seifenblasen an der TU Berlin © TU Berlin / PR / Dominic SImon 41 dbb > dbb magazin | Juli/August 2019

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