dbb magazin 9/2019

frauen Evaluation des Entgelttransparenzgesetzes Entgeltunterschiede gezielt bekämpfen Nur schleppend geht es voran mit den Bemühungen der Unternehmen und Arbeitgebenden, mehr Transparenz in die Entgeltsysteme zu bringen. Das zeigt der aktuelle Evaluationsbericht zum Entgelttransparenzgesetz der Bundesregierung. Die dbb bundesfrauenvertre­ tung begrüßt das gesetzliche Prüfverfahren und fordert die konsequente Weiterentwick­ lung zu einem echten Entgelt­ gleichheitsgesetz. „Das Ent­ gelttransparenzgesetz sendet ein wichtiges Signal und appel­ liert deutlich an die Arbeitge­ benden, sich an das Lohn­ gleichheitsgebot zu halten. Leider aber haben sich die be­ reits im Gesetzgebungsverfah­ ren benannten Schwachstellen in der Praxis bestätigt. Jetzt muss vom Gesetzgeber nach­ gebessert werden, vor allem auch mit Blick auf den öffentli­ chen Dienst“, erklärte Helene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, am 10. Juli 2019 anlässlich der Ka­ binettsbefassung mit dem Be­ richt „Evaluation des Gesetzes zur Förderung der Entgelt­ transparenz zwischen Frauen und Männern“ des Bundesmi­ nisteriums für Familie, Senio­ ren, Frauen und Jugend. Mit Sorge blickt die dbb bun­ desfrauenvertretung auf die niedrige Relevanz, die öffent­ liche Arbeitgebende dem Thema Entgelttransparenz entgegenbringen. Laut Evalua­ tionsbericht halten Institutio­ nen des öffentlichen Dienstes mit mehr als 200 Beschäftigten das Thema Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen zu 75 Prozent für nicht rele­ vant, bei weniger als 200 Be­ schäftigten zu 73 Prozent. „Die Verdienstunterschiede im öffentlichen Dienst sind real und liegen je nach Beschäf­ tigungsbereich zwischen acht und 21 Prozent. Darauf muss noch viel stärker hingewie­ sen werden. Denn gerade dort, wo transparente Ent­ gelt- und Besoldungstabel­ len für geschlechterneutra­ le Bezahlung sorgen sollen, sind Verdienstunterschiede, die sich signifikant am Ge­ schlecht festmachen lassen, absolut inakzeptabel“, so Wildfeuer weiter. Als einen der Hauptgründe für die Entgeltungleichheit zwi­ schen Frauen und Männern im öffentlichen Dienst bezeichnet die dbb bundesfrauenvertre­ tung das Fehlen einer differen­ zierten und geschlechtsspezifi­ schen Leistungsbewertung. Diese müsste verpflichtend eingeführt und veröffentlicht werden, um Transparenz zu schaffen und geschlechtsbe­ dingte Entgeltunterschiede aufzudecken. „Mit Blick auf die demografische Entwicklung, den digitalen Wandel und Ar­ beiten 4.0 muss die Leistungs­ bewertung gendersensibel ge­ staltet werden – nach wie vor sind es vor allem Frauen, deren berufliches Fortkommen durch die ungleich verteilte familiäre Sorgearbeit wie etwa der Kin­ dererziehung oder der Pflege von Angehörigen gehemmt wird und die dadurch in der Lebensverlaufsperspektive Entgeltnachteile erleiden“, erläuterte Wildfeuer. << Wichtige Ergebnisse des Evaluationsberichts >> Der Auskunftsanspruch wur­ de bisher eher zurückhaltend genutzt: Bisher haben 4 Pro­ zent der befragten Beschäf­ tig­ ten in Unterneh­ men mit mehr als 200 Beschäftigten den Aus­ kunftsanspruch gestellt. >> Ein beachtlicher Teil der Unternehmen hat eine Über­ prüfung ihrer Entgeltstruktu­ ren vorgenommen. 45 Pro­ zent der befragten Unter- nehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und 43 Pro­ zent der Unternehmen mit zwischen 201 und 500 Be­ schäftigten haben nach der Einführung des Gesetzes freiwillig ihre betrieblichen Entgeltstrukturen überprüft und weitere 7 Prozent planen eine solche. 44 Prozent der befragten lageberichtspflich­ tigen Unternehmen gaben an, im Befragungszeitraum bereits einen Bericht zur Gleichstellung und Entgelt­ gleichheit erstellt zu haben und 40 Prozent planen dies noch zu tun. >> Für Unternehmen mit weni­ ger als 200 Beschäftigten zeigt sich in den Befragun­ gen, dass Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Män­ nern eine untergeordnete Rolle spielt. Trotzdem haben sich 50 Prozent der befragten Unternehmen dieser Größen­ klasse mit dem Entgelttrans­ parenzgesetz auseinanderge­ setzt und teilweise sogar ohne gesetzliche Verpflich­ tung Instrumente wie den individuellen Auskunfts­ anspruch angewendet. << Empfehlungen zur Erhö- hung der Wirksamkeit Zur besseren Wirksamkeit des Gesetzes empfiehlt das Gutachten unter anderem: >> die Bekanntheit des Gesetzes zu erhöhen, >> den individuellen Auskunfts­ anspruch zu stärken durch die Vereinfachung des Aus­ kunftsverfahrens und die Er­ höhung der Aussagekraft der Auskunft durch die Erweite­ rung der zu gewährenden Informationen, >> Anreizsysteme für betriebli­ che Prüfverfahren zu schaffen, >> die Anforderungen an die Berichtspflicht zu konkretisie­ ren sowie die Einführung von © C o l o u r b o x . d e 40 dbb > dbb magazin | September 2019

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