dbb magazin 9/2019

aktuell dbb Bürgerbefragung 2019 Wie überfordert ist der Staat? Besorgniserregende Anzeichen für einen generel­ len Vertrauensverlust in die Leistungsfähigkeit des deutschen Staates hat der dbb Bundesvorsit­ zende Ulrich Silberbach am 20. August 2019 in Berlin anhand der Ergebnisse der neuesten dbb Bürgerbefragung bilanziert. Nach der von forsa für den dbb durchgeführten Umfrage halten 61 Prozent der Befragten den Staat bei der Erfüllung seiner Aufgaben für überfordert. Am häufigsten werden hierbei die Themen Schule und Bildung, Migration, innere Sicherheit, Umweltschutz, soziale Siche­ rung und Gesundheitsversor­ gung genannt. Silberbach: „Alles Themen, die mit dem Zu­ sammenhalt der Gesellschaft und dem gestörten Gerechtig­ keitsempfinden der Leute zu tun haben. In den vergangenen Jahren hat unsere Umfrage im­ mer wieder ergeben, dass die Menschen sich vom Staat wirk­ samen Schutz vor den negati­ ven Auswirkungen von Globa­ lisierung, Digitalisierung und Entgrenzung erhoffen.“ Dass die Unzufriedenheit mit dem Staat, der Politik, dem öffentlichen Dienst, etablierten Strukturen und Verfahren jetzt wachse, sei „leider logische Konsequenz ei­ ner jahrzehntelangen Spar- und Rückzugspolitik, die wir drin­ gend stoppen müssen“. << Politisch-gesellschaft­ liches Unbehagen Um Vertrauen zurückzugewin­ nen und den Zusammenhalt der Gesellschaft zu verbessern, müsse die „Performance“ des Staates schnell und nachhaltig verbessert werden, so Silber­ bach: „Wir fordern seit Jahren eine angemessene Personal­ ausstattung, bessere Bezah­ lung und deutliche Schritte hin zu Digitalisierung, Bürokratie­ abbau und Serviceorientie­ rung. Das würde nicht nur die Bürger-, sondern auch die Mit­ arbeiterzufriedenheit erhö­ hen.“ Denn beim persönlichen Um­ gang mit dem öffentlichen Dienst machen weiterhin über zwei Drittel der Befragten po­ sitive Erfahrungen, vor allem auf der Kreis- und Gemeinde­ ebene. „Je persönlicher und je näher dabei der Bezug, desto positiver das Urteil“, so der dbb Chef: „Aus unserer Sicht sprechen gerade auch diese positiveren persönlichen Er­ fahrungsberichte dafür, dass es sich bei der negativeren Performancebeurteilung 2019 für den Staat um den Aus­ druck eines generellen poli­ tisch-gesellschaftlichen Unbe­ hagens handelt.“ Die einzelnen Berufsgruppen im öffentlichen Dienst genie­ ßen zudem auch 2019 hohe Wertschätzung bei den Bürge­ rinnen und Bürgern. Silber­ bach: „Die Top 10 im forsa-Be­ ruferanking werden geradezu vom öffentlichen Dienst domi­ niert. Bei der Feuerwehr, in Krankenhäusern und Pflege­ einrichtungen, bei Polizei und Schule arbeiten die belieb­ testen Leute, und das ist ein Trend, der seit 2007 stabil ist.“ << Verrohung stoppen Um so erschreckender ist ein anderer Befund der Bürger­ befragung: Beschäftigte des öffentlichen Dienstes sind im­ mer häufiger Attacken ausge­ setzt, und gerade die belieb­ testen Berufsgruppen zählen überdurchschnittlich oft zu den Betroffenen. 83 Prozent der Befragten erleben eine zunehmende Verrohung der Gesellschaft. 26 Prozent der Befragten haben selbst Über­ griffe auf Kolleginnen und Kol­ legen im öffentlichen Dienst beobachtet. Unter den betrof­ fenen Berufsgruppen sind 73 Prozent Polizistinnen und Polizisten – eine Zahl, die selbst dann zu hoch ist, wenn sie der Tätigkeit dieser Berufs­ gruppe und dem damit einher­ gehenden Konfliktpotenzial geschuldet sein sollte. << dbb Chef Ulrich Silberbach stellte die dbb Bürgerbefragung der Presse vor. Links im Bild: Studienautor Manfred Güllner. © Colourbox.de © Marco Urban 8 dbb > dbb magazin | September 2019

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