dbb magazin 9/2019
aktuell Auch die Zahl der Übergriffe auf Lehrkräfte (36 Prozent) und Erzieherinnen und Erzieher (16 Prozent) ist gestiegen. Ins gesamt zeigt die Studie, dass über die Hälfte der Übergriffe körperlicher Art waren: 30 Pro zent wurden bedrängt, 14 Pro zent bespuckt und zehn Pro zent geschlagen. Fast jeder Zweite oder 48 Prozent der Be schäftigten im Staatsdienst sind bereits selbst Opfer von Übergriffen geworden. Für Silberbach ist es daher „höchste Zeit zum Handeln. Wenn wir die Brutalisierung unserer Gesellschaft stoppen und die Kolleginnen und Kolle gen im öffentlichen Dienst schützen wollen, brauchen wir dringend ein umfassendes In vestitionsprogramm Sicherheit im Dienst.“ Ein solches Investi tionsprogrammmüsse sowohl die bekannten personalwirt schaftlichen, baulichen, organi satorischen und Ausrüstungs aspekte einbeziehen als auch ganz neue Überlegungen: „Natürlich brauchen wir mehr Personal für Sicherheit und Justiz, damit Fehlverhalten zeitnah und spürbar sanktio niert werden kann.“ << Angriffe konsequent ahnden Außerdemmüsse diskutiert werden, ob das Instrument der Forderungsabtretung nach Paragraf 78 a des Bundes beamtengesetzes auch auf Beleidigungstatbestände aus geweitet und auf alle Beschäf tigten im öffentlichen Dienst angewendet werden kann. Danach kann ein gerichtlich zugestandener Schadenser satzanspruch vom Diensther ren übernommen, ausgezahlt und später vom Verursacher eingetrieben werden. „Dann würden alle Opfer von Über griffen echte Rückendeckung der Dienstherren und Arbeit geber spüren.“ Weiter, so der dbb Chef, sei ein Kulturwandel nötig. Der dbb und seine Mitgliedsgewerk schaften veröffentlichen seit Jahren Studien und Forderun gen zum Umgang mit der Ge walt gegen Lehrkräfte, Polizei, Jobcenter-Mitarbeiter, Ret tungskräfte und Feuerwehr leute. Die klare Forderung: „Beschäftigte, Politik und Be völkerung müssen jetzt aktiv werden. Wir brauchen flächen deckend Ombudsleute, an die sich die betroffenen Kollegin nen und Kollegen wenden kön nen, wenn Vorgesetzte Angriffe bagatellisieren oder unter den Teppich kehren wollen. Beschäf tigte, die zu Opfern werden, müssen falsche Scham und die damit einhergehende Schweige kultur überwinden und jeden Vorfall transparent machen. Um das zu schaffen, sei das Engagement von Politik, Ge sellschaft und öffentlichen Arbeitgebern gleichermaßen gefragt, betonte Silberbach. Zum Beispiel müsse ein be sonderer Straftatbestand für Angriffe auf Menschen im „Dienst der Gemeinschaft“ geschaffen werden, der Belei digungen wie Tätlichkeiten behandelt und das Strafmaß für Angriffe verschärft. „Dazu brauchen wir die Un terstützung der Bevölkerung. Das ist unser aller Gesellschaft, unser aller öffentlicher Dienst. Egal ob auf der Straße, in Schu le, Krankenhaus oder auf dem Amt: Jeder, der Zeuge von Übergriffen wird, soll eingrei fen, laut werden und Hilfe ho len“, wandte sich Silberbach an die Öffentlichkeit. << dbb Webtipp Die dbb Bürgerbefragung 2019 kann im Internet kos tenlos unter www.dbb.de/ presse/mediathek/broschu eren im PDF-Format herun tergeladen werden. << Betroffene Personengruppen *) Folgende Bedienstete im öffentlichen Dienst wurden beschimpft, behindert oder angegriffen (in %): insgesamt öffentlich Bedienstete 18- bis 29-Jährige 30- bis 44-Jährige 45- bis 59-Jährige 60 Jahre und älter Polizist(inn)en 73 75 75 75 72 72 Rettungskräfte bzw. Notärzte 58 63 59 64 55 53 Bus- oder Bahnfahrer(innen) 42 39 54 38 35 42 Feuerwehrleute 40 43 41 46 34 38 Lehrer(innen) 36 45 51 35 32 27 Ordnungsamt- mitarbeiter(innen) 34 38 33 36 36 29 Sicherheitsdienste 28 35 34 35 24 21 Lokführer(innen), Zugbegleiter(innen) 21 21 29 19 19 19 Mitarbeiter(innen) im Job center/der Agentur für Arbeit 18 22 19 17 22 10 Erzieher(innen) 16 19 14 24 17 10 Steuerbeamte/ Steuerbeamtinnen 5 4 4 3 7 5 Sonstige 6 9 4 5 6 8 *) Basis: Befragte, die Übergriffe auf öffentlich Bedienstete schon einmal beobachtet haben << Beobachtete Übergriffe auf öffentlich Bedienstete Es haben schon einmal beobachtet, dass Beschäftigte des öffentlichen Dienstes behindert, belästigt, beschimpft oder angegriffen wurden (in %): insgesamt 26 Ost 26 West 26 Männer 26 Frauen 25 18- bis 29-Jährige 38 30- bis 44-Jährige 29 45- bis 59-Jährige 26 60 Jahre und älter 18 Hauptschule 28 mittlerer Abschluss 26 Abitur, Studium 25 Arbeiter 25 Angestellte 29 Selbstständige 18 öffentlich Bedienstete: - insgesamt 41 - Beamte 44 - Tarifbeschäftigte 39 9 dbb > dbb magazin | September 2019
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