dbb magazin 10/2019

hintergrund Autoren Jens Südeküm und Michael Voigtländer sehen für 19 deutsche Regionen akuten Handlungsbedarf – nicht nur in Ostdeutschland oder auf dem Land. In den drei Bereichen Wirtschaft, Demografie und Infrastruktur haben die Studi­ enautoren für das Ranking zwölf Indikatoren untersucht. Ihr Fazit: Mit Blick auf die Wirt­ schaft liegen die Schlusslichter in Westdeutschland. Beson­ ders düster sieht es in Duis­ burg/Essen, Emscher-Lippe und Bremerhaven aus. In den beiden Ruhrgebietsregionen lag die Arbeitslosenquote auch 2017 noch bei über zehn Pro­ zent. Die Quote ist mit einer Verbesserung von 0,5 bis 0,6 Prozentpunkten von 2011 bis 2017 zudem deutlich weniger stark gesunken als im gesamt­ wirtschaftlichen Trend. In Bre­ merhaven fällt dagegen vor allem die hohe Verschuldung der privaten Haushalte ins Gewicht. „Auf diese drei Regionen mit den größten wirtschaftlichen Problemen folgt mit Dortmund eine weitere Ruhrgebietsregi­ on – gemeinsammit Altmark, der ersten ostdeutschen Raum­ ordnungsregion“, sagt IW-Chef Michael Hüther. Die wirtschaft­ liche Lage der ostdeutschen Regionen müsse differenziert beurteilt werden: „Zwar sind die Ausgangsniveaus im Jahr 2011 teilweise sehr gering, aber viele Regionen konnten über die vergangenen Jahre überproportionale Zuwächse verzeichnen. Gerade in Sach­ sen und Thüringen sind die Arbeitslosenzahlen deutlich gesunken und die Löhne sind teilweise überdurchschnittlich stark gestiegen.“ Es gehöre aber auch zur Wahr­ heit, dass die gute Arbeits­ marktentwicklung zu einem nicht unbedeutenden Teil der Demografie zu verdanken sei: Durch Abwanderung und den Eintritt älterer Arbeitnehmer in die Rente gibt es weniger Per­ sonen im erwerbsfähigen Alter. << Demografische Nachteile Die ostdeutschen Regionen seien, so Hüther, vor allem hin­ sichtlich der demografischen Entwicklung im Nachteil: An­ halt-Bitterfeld-Wittenberg, Lausitz-Spreewald, Oberlau­ sitz-Niederschlesien sowie Ostthüringen und Südthürin­ gen weisen allesamt sowohl ein hohes Durchschnittsalter der Bevölkerung als auch einen überproportionalen Anstieg des Durchschnittsalters auf. „Damit sinkt das Erwerbsper­ sonenpotenzial besonders schnell, wodurch sich schon abzeichnet, dass es in Zukunft erheblich weniger Steuerein­ nahmen in den Regionen ge­ ben wird. Auch Altmark, die Mecklenburgische Seenplatte und Nordthüringen zählen zu den besonders belasteten Re­ gionen – allerdings nicht vor­ rangig wegen der Alterung, sondern primär aufgrund der starken Einwohnerverluste.“ Auch der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund sei in diesen Gegenden deutlich geringer. Die westdeutschen Regionen stehen im demografischen Ver­ gleich besser da: Unter den zehn am stärksten demogra­ fisch belasteten Regionen findet sich mit Schleswig-Holstein Süd-West nur eine einzige westdeutsche Region. ImWeiteren folgen unter an­ derem das Emsland, Oberpfalz- Nord, die Region Hochrhein- Bodensee und die Region Saar. Bei der Infrastruktur gibt es der Analyse zufolge deutsch­ landweit Probleme. Die drei westdeutschen Regionen Em­ scher-Lippe, Trier und West­ pfalz plagen besonders hohe Verschuldungsquoten, wäh­ rend in den ostdeutschen Regi­ onen Altmark, Magdeburg und Halle/Saale die digitale Infra­ struktur noch in den Kinder­ schuhen steckt. Mit Blick auf die Summe der Indikatoren gibt es in 19 Regio­ nen akuten Handlungsbedarf für die Politik, damit die Gebie­ te nicht den Anschluss verlie­ ren. Dazu gehören elf Regionen in den neuen Bundesländern, vier Regionen in Nordrhein- Westfalen entlang der Ruhr sowie Bremerhaven, das Saar­ land, Schleswig-Holstein Ost und die Westpfalz. „Die betroffenen Länder soll­ ten Schuldenerlasse für die Kommunen in Betracht ziehen, damit diese wieder handlungs© 2019 IWMedien • Zukunft der Regionen in Deutschland © 2019 IWMedien • Zukunft der Regionen in Deutschland 14 dbb > dbb magazin | Oktober 2019

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