dbb magazin 10/2019
Lux von der FIL den anwesen den Frauen zu: „Frauen, rein! Frauen rein in die Parlamente, rein in die Schaltstellen der Macht, rein in die Politik!“ Ei ligst stellten die Frauengruppen Kandidatinnen für Volkskam mer-, Kommunal- und Land tagswahlen auf, schrieben Wahlprogramme und klebten Wahlplakate. Die Plakate des UFV verkündeten: „Alle Frauen sind mutig, stark und schön!“ Im Vergleich zu den großen Par teien verfügten die Frauen über bescheidene Mittel. Trotzdem gelang es ihnen, zumindest bei den Kommunal- und Landtags wahlen Mandate zu erringen. << Ostdeutsche Frauen verändern die Republik Die Aufbruchseuphorie währte kurz. Mit der sich abzeichnen den und von der Mehrheit der feministischen Frauen als „An schluss“ bezeichneten Wieder vereinigung und Währungs union mit der Bundesrepublik wuchs die soziale Unsicherheit schlagartig und extrem. Mas senarbeitslosigkeit oder Nicht anerkennung von Berufs- und Studienabschlüssen: Ostdeut sche Frauen mussten auch den privaten Umbruch bewältigen. Ihr radikaler Einsatz für eine ge schlechtergerechte wie demo kratische Gesellschaft wirkt je doch fort. Der im Herbst 1989 formulierte Anspruch der Frau en an politische Teilhabe ver ändert die vereinte – neue – Bundesrepublik bis heute. Die Verankerung der aktiven Ab schaffung von Geschlechterun gleichheit 1994 im Grundgesetz lässt sich auch als Erfolg femi nistischer Forderungen von 1989 verstehen. Ostdeutsche sind auf Führungsebe nen von Politik und Wirtschaft nach wie vor un terrepräsentiert – aber es haben mehr Frauen als Männer den Weg geschafft. Nicht zuletzt mündete die Forderung nach einer pari tätischen Beset zung aller Ent scheidungsebenen 30 Jahre später 2019 in die ersten Paritätsge setze in zwei ostdeutschen Bundesländern. Auch dies steht in direkter Tradition mit der ostdeutschen Frauenbewe gung. Die Geschichte des Frau enaufbruchs im Herbst 1989 ist damit ein Beispiel dafür, „wie sich der Mut entwickelte, keine Angst mehr vor professionellen Angstmachern zu haben“. 7 Jessica Bock frauen << Bekanntgabe Die Geschäftsführung der dbb bundesfrauenvertretung gibt das Stattfinden des 12. bundes frauenkongresses vom 24. bis 25. April 2020 in Potsdam be kannt. Der Kongress wird unter demMotto „Zurück in die Zu kunft – Frauenpolitik gestern, heute, morgen“ stehen. Die Geschäftsführung lädt die Delegierten der dbb Mitglieds gewerkschaften und Landes bünde sowie Gäste ins Dorint Hotel Sanssouci nach Potsdam ein. Die öffentliche Veranstal tung wird am 24. April in der Zeit von 15 bis 18 Uhr stattfin den. Persönlichkeiten aus Ge werkschaft, Gesellschaft und Politik werden frauenpolitische Strategien diskutieren und ihre Positionen formulieren. Der dbb bundesfrauenkongress wird außerdem über die frau enpolitischen Anträge der Frauenvertretungen der dbb Mitgliedsverbände beziehungs weise der Mitgliedsgewerk schaften selbst beschließen und damit den Rahmen für die Frauenpolitik im dbb für die nächste Legislaturperiode von 2020 bis 2025 festlegen. Die Mitgliedsgewerkschaften und Landesbünde können stimm berechtigte Delegierte entsen den – zusätzliche Gastdelegierte sind herzlich willkommen. Für weitere Informationen steht Ih nen die Geschäftsstelle der dbb bundesfrauenvertretung unter Telefon 030.4081-4400 oder un ter E-Mail frauen@dbb.de gern zur Verfügung. << Autorin Jessica Bock ist wissen schaftliche Mitarbeiterin im Digitalen Deutschen Frauenarchiv. Sie promo vierte zur ostdeutschen Frauenbewegung von 1980 bis 2000 am Beispiel Leipzigs. Das Digitale Deut sche Frauenarchiv des i.d.a- Dachverbandes erzählt die Geschichte der Frauen bewegung aus DDR und Ostdeutschland anhand von Material aus feministischen Erinnerungseinrichtungen: www.digitales-deutsches- frauenarchiv.de. Anmerkungen: 1 Marlies, Heinz: Frauen stellen infrage und suchen nach Antworten, in: Leipziger Volkszeitung, Nr. 278 vom 25./26. Novem ber 1989, Seite 3. 2 Stötzer, Gabriele: Für Angst blieb keine Zeit. Die Entmachtung des MfS durch Frau en in Erfurt, in: Bundeszentrale für politi sche Bildung: Stasi, Zugriff am 14. August 2019 unter http://www.bpb.de/geschichte/ deutsche-geschichte/stasi/261039/fuer- angst-blieb-keine-zeit. 3 Merkel, Ina: „Ohne Frauen ist kein Staat zu machen!“ – Manifest für eine unabhängi ge Frauenbewegung, in: Kahlau, Cordula (Hg.): Aufbruch! Frauenbewegung in der DDR. Dokumentation, München 1990, Seite 28‒38. 4 Stadtarchiv Dresden, Verein zur Erfor schung der Dresdner Frauengeschichte e.V./Frauenstadtarchiv, Sign. 13.57 Nr. 285, Offener Brief an alle Frauen, Dresden 1990, Blatt 1. 5 Interview mit Ruth Stachorra, Transkript, Seite 10. 6 Ebenda. 7 Stötzer: Für Angst blieb keine Zeit. << Nach einer Grafik von Anke Feuchten berger gestaltetes Wahlplakat des UFV von 1990 © Digitales Deutsches Frauenarchiv/FFBIZ – das feministische ARchiv e.V./F REP10 DDR20.1(1029 a-c) 26 dbb > dbb magazin | Oktober 2019
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