dbb magazin 10/2019

nachgefragt Nationalstaaten sind für die Herausforderungen der Zukunft zu klein Die neue Präsidentin der Euro- päischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat sich vor Jah- ren schon für Vereinigte Staa- ten von Europa ausgesprochen. Sie gelten auch als überzeugter Europäer. Wie sehen Sie das Europa der Zukunft? Der einzelne Nationalstaat ist für die Herausforderungen der Zukunft zu klein. In Wirtschaft, Wissenschaft, Forschung und Entwicklung muss die EU mit wettbewerbs- und innovati­ onsfreundlichen Bedingungen eine weltweite Führungsrolle einnehmen. Das gilt auch für Digitalisierung und moderne, technologieoffene Energieer­ zeugung. Die Folgen des Klima­ wandels werden zu Recht überall diskutiert. Unser Ziel muss sein, wirtschaftliche Zu­ kunftsfähigkeit und bezahlba­ re, sichere Energieversorgung in Einklang zu bringen. Um un­ sere Umwelt lebenswert zu er­ halten und Arten zu schützen, braucht es eine europäisch an­ gelegte und auf die kommen­ den Generationen ausgerichte­ te Klima- und Energiepolitik. Ein weiterer Punkt ist die künstliche Intelligenz, bei der die Europäische Union eine führende Rolle bei technischen und ethischen Standards ein­ nehmen sollte. Nordrhein-Westfalen kann mit seiner hervorragenden Hochschul- und Forschungs­ landschaft Motor sein, aber um weltweit mithalten zu können, brauchen wir eine Bündelung der besten Aktivi­ täten in Europa. Dabei sollte europäische Politik immer dem Prinzip folgen, dass wir in Europa das zusammen ma­ chen, was wir gemeinsam am besten können, und eine Zu­ sammenarbeit allen hilft. Wohin entwickelt sich der öf- fentliche Dienst, wenn Europa weiter zusammenwächst? Man sollte die Befugnisse der Länder nicht kleiner reden als sie sind. Aber natürlich macht Europa auch den öffentlichen Dienst „europäischer“. Offene Grenzen erleichtern die Begeg­ nung von Menschen und den Austausch von Waren, stellen uns aber auch vor Herausfor­ derungen: Gerade im Bereich Sicherheit ist daher eine grenz­ überschreitende Zusammenar­ beit unverzichtbar. Wir müssen Kriminalität und Terrorismus mit gemeinsamen Institutio­ nen und mehr Kapazitäten be­ kämpfen. Schon heute gibt es zum Beispiel gemeinsame Poli­ zeistreifen an der deutsch-nie­ derländischen Grenze. Dadurch wird die Ausbildung und die Arbeit unserer Polizeibeamtin­ nen und Polizeibeamten noch anspruchsvoller, aber auch noch interessanter. Mehrspra­ chige Kommissaranwärterin­ nen und Kommissaranwärter könnten wir beispielsweise während ihres Studiums ziel­ genau mit Praktika fördern und so für die Arbeit in den Grenzregionen begeistern. Für die Polizistinnen und Polizis­ ten, die bereits in den Grenz­ regionen arbeiten, brauchen wir Anreize, damit sie sich zum Beispiel in der jeweils anderen Sprache und Rechtsordnung weiterbilden. Und beim Stich­ wort Bildung: Nichts stärkt die europäische Identität mehr als Begegnung und gelebtes Mit­ einander über Ländergrenzen hinweg. Dafür steht auch Eras­ mus+, das EU-Programm für allgemeine und berufliche Bil­ dung, Jugend und Sport. Einen starken öffentlichen Dienst brauchen wir aber auch in Zukunft bei uns in Nord­ rhein-Westfalen. Das ist wich­ tig, denn der öffentliche Dienst garantiert die Handlungsfähig­ keit des Staates in vielen Berei­ chen. Und die Menschen sind es, die den öffentlichen Dienst stark machen. Bei den vielen Terminen, die ich besuche, bin ich immer wieder davon beein­ druckt, wie groß die Motivati­ on der Beamtinnen und Beam­ ten ist. Ich habe mich auch sehr darüber gefreut, dass wir mit der Übernahme des Tarif­ ergebnisses in diesem Jahr den öffentlichen Dienst stärken und die Arbeit der Beamtin- nen und Beamten honorieren konnten. Der öffentliche Dienst lebt von seinem persönlichen Einsatz und persönlichen En­ gagement. Dafür bin ich sehr dankbar! Welche Formen der vertieften Zusammenarbeit können Sie sich speziell im grenznahen Be- reich vorstellen, etwa mit Bel- gien und den Niederlanden? Von der Eifel über das Aache­ ner Land, entlang des Nieder­ rheins bis hin zumMünster­ land verbinden uns fast 400 Kilometer mit Belgien und den Niederlanden. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen leben und arbeiten da längst ganz selbstverständlich über die Landesgrenzen hinweg. Um diese hervorragende Zusam­ menarbeit mit den Bürgerin­ nen und Bürgern zu feiern, gibt es in diesem Jahr übri­ gens erstmalig das BENELUX­ jahr.NRWmit vielen Veran­ staltungen. Was gut ist, kann aber noch besser werden: Bei der Infra­ struktur für den Nah- und Fernverkehr, Personen- und ? nachgefragt bei ... ... Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen << Armin Laschet © Laurence Chaperon 30 dbb > dbb magazin | Oktober 2019

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