dbb magazin 10/2019

arbeitnehmerrechte wird. Der Anwendungsbereich der Vorschrift wird nicht räum­ lich, sondern funktional be­ stimmt. Im Rahmen der Einführung von BYOD können auch die Arbeits­ zeit betreffende Mitbestim­ mungstatbestände (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG) erfüllt sein, soweit Fragen des zeitlichen Umfangs der Gerätenutzung geregelt werden. Hier besteht ein Mitbestimmungsrecht be­ züglich Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit. Arbeits­ zeit immitbestimmungsrecht­ lichen Sinne ist die Zeit, in welcher der Arbeitnehmer be­ rechtigt beziehungsweise ver­ pflichtet ist, seine vertraglich geschuldete Arbeit zu leisten. Eine Betroffenheit könnte sich beispielsweise bei Regelungen zur Rufbereitschaft am priva­ ten Gerät ergeben. Auch der Sonderfall der vorübergehen­ den Verkürzung oder Verlän­ gerung der betriebsüblichen Arbeitszeiten dürfte im Rah­ men von BYOD im Hinblick auf die Möglichkeit der stän­ digen Erreichbarkeit von Be­ deutung sein. << Arbeitnehmerhaftung Bei der Einführung und Nut­ zung von BYOD sind Haftungs­ fragen zwischen Beschäftigten und Arbeitgeber von Bedeu­ tung. Die Besonderheit im Rah­ men von BYOD liegt für die Ar­ beitnehmerhaftung in einem gesteigerten Schadensrisiko, insbesondere für die IT-Infra­ struktur und den Datenbe­ stand des Arbeitgebers. Durch fehlende oder nicht aktuali­ sierte Anti-Viren-Software oder durch Umgehung von technischen Sicherungsmaß­ nahmen kann die Arbeitgeber- IT von Viren befallen werden. Bei Schadensersatzansprüchen des Arbeitgebers gegen eine Arbeitnehmerin oder einen Ar­ beitnehmer gelten die Grund­ sätze der Arbeitnehmerhaf­ tung mit der abgestuften Haftungsprivilegierung. Nach der Rechtsprechung des Bun­ desarbeitsgerichts ist die Haf­ tung der Beschäftigten daher – abhängig vom Verschuldens­ grad – wie folgt beschränkt: Vorsätzlich verursachte Schä­ den hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer in vol­ lem Umfang zu tragen. Glei­ ches gilt grundsätzlich auch für grob fahrlässig verursachte Schäden. << Haftungserleichterun- gen sind möglich Es sind jedoch Haftungserleich­ terungen möglich. So kommt eine Haftungsbegrenzung durch Begrenzung des Scha­ densersatzes in Betracht, wenn der Verdienst der Arbeitneh­ merin oder des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missver­ hältnis zum verwirklichten Schadensrisiko steht. Bei ein­ facher und mittlerer Fahrläs­ sigkeit haben Beschäftigte und Arbeitgeber den Schaden anteilig zu tragen. Für die An­ wendung dieser Haftungsbe­ schränkungen kommt es auf die betriebliche Veranlassung einer Tätigkeit an. Als betrieb­ lich veranlasst sind solche Tä­ tigkeiten anzusehen, die ar­ beitsvertraglich übertragen worden sind oder die die Be­ schäftigten im Interesse des Arbeitsgebers für den Betrieb ausführen. Kommt es zu Schä­ den durch die vertraglich gere­ gelte Nutzung von privaten Endgeräten für dienstliche Zwecke, dürften die Haftungs­ beschränkungen mithin auch ohne gesonderte Haftungsver­ einbarung Anwendung finden. Im TVöD, TV-L und TV-H finden sich weitere Haftungserleichte­ rungen. << Arbeitgeberhaftung Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stellt sich die Frage nach Ersatzansprü­ chen gegen den Arbeitgeber im Falle von Verlust, Diebstahl oder Beschädigung des dienst­ lich genutzten Privatgeräts. Den Arbeitgeber treffen in Be­ zug auf das vom Arbeitnehmer berechtigterweise in den Be­ trieb eingebrachte Privateigen­ tum Verwahrungspflichten, um es möglichst vor Verlust oder Beschädigung zu bewahren. Dieser Pflicht genügt der Ar­ beitgeber, wenn er die Maß­ nahmen trifft, die ihm unter Be­ rücksichtigung der besonderen betrieblichen und örtlichen Ver­ hältnisse zugemutet werden können. Die Schutzpflicht wird in ihrem Umfang umso mehr abgeschwächt, je weniger der betreffende Gegenstand mit dem betrieblichen Geschehen im Zusammenhang steht. Interessant ist hier die Frage, ob die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer auch An­ sprüche gegen den Arbeitgeber geltend machen kann, wenn das private Gerät ohne schuld­ hafte Einwirkung des Arbeit­ gebers beschädigt wird. Die verschuldensunabhängige Arbeitgeberhaftung kann ab­ bedungen werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer für die Gefahr­ tragung eine entsprechende Abgeltung erhält. Eine solche gesonderte Risikoprämienzah­ lung müsste nach der Höhe so bemessen sein, dass die Arbeit­ nehmerin oder der Arbeitneh­ mer zumindest eine zur Risiko­ abdeckung ausreichende Geräteversicherung abschlie­ ßen kann. Alternativ könnte der Arbeitgeber selbst eine Ge­ räteversicherung für Schäden und Verlust von Privatgeräten abschließen. << Arbeitszeit Im Rahmen von BYOD ergeben sich keine Besonderheiten in Fragen der Arbeitszeit. Das Ar­ beitszeitgesetz (ArbZG) kommt hier zur vollen Anwendung. Es entstehen durch die dienstli­ che Nutzung privater Endgerä­ te auch keine neuen Probleme. Sie decken sich in weiten Teilen mit den Fragen bei Telearbeit und mobiler Arbeit. << Bewertung Es ist nicht neu, wenn Arbeit­ nehmerinnen und Arbeitneh­ mer ihr Smartphone, Tablet oder Laptop auch für dienstli­ che Zwecke nutzen. Wie Tele­ arbeit und mobiles Arbeiten ist das Phänomen BYOD aus der heutigen Arbeitswelt („Arbeit 4.0“) nicht mehr wegzudenken. Allerdings zeigt sich ein erhöh­ tes Konfliktpotenzial, wenn ein privates BYOD genutzt wird, welches gerade nicht vom Ar­ beitgeber zur Verfügung ge­ stellt worden ist. Viele Fragen sind von der Rechtsprechung noch nicht abschließend ge­ klärt worden. Klare Regelungen und Absprachen zwischen Be­ schäftigten und Arbeitgeber sind daher umso notwendiger. Und dabei hilft die Kommuni­ kation zwischen den Parteien, um klarzustellen, welche Ziele Arbeitnehmerinnen, Arbeitneh­ mer und Arbeitgeber verfolgen. Im Rahmen einer vertraglich geregelten Genehmigung kön­ nen somit viele Risiken ausge­ schlossen werden. © Colourbox.de/Thanawat Wongsuwannathorn 41 dbb > dbb magazin | Oktober 2019

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