dbb magazin 11/2019
Die politischen Versäumnisse der vergangenen Jahre im sozialen Wohnungsbau und bei der Da seinsvorsorge haben gravierende Auswirkungen auf die Wohnsituation einer alternden Gesell schaft. Fachleute aus Politik, Verwaltung, Wissen schaft und Gewerkschaften beleuchteten die ver schiedenen Aspekte des Themas am 21. Oktober 2019 im dbb forum berlin. Als „tickende Zeitbombe“ be zeichnete der Zweite Vorsit zende des dbb, Friedhelm Schä fer, bei seiner Begrüßung die Entwicklung des Wohnungs marktes in Deutschland und forderte, wohnungsmarkt- und infrastrukturpolitische Instrumente ganzheitlich ein zusetzen, um zukunftsorien tierte Lösungen zu entwickeln. Die Wohnungsmisere sei nicht über Nacht entstanden, son dern ein Ergebnis jahrzehnte langer Fehlplanung und Fehl investition: „Ballungsräume haben nicht ausreichend be zahlbaren Wohnraum, ländli che Räume keine ausreichende Infrastruktur. Hinzu kommen die Folgen des demografischen Wandels, wenn junge Men schen in die Stadt ziehen, wäh rend Ältere bei schwindender Infrastruktur auf dem Land zu rückbleiben“, so Schäfer. Die Politik habe diese Entwicklung zwar erkannt, es mangele aber an konkreten Maßnahmen. << Klitzing: Generationen- gerecht wohnen Der Vorsitzende der dbb bun desseniorenvertretung, Horst Günther Klitzing, attestierte Bund, Ländern und Gemeinden wohnungsmarktpolitische Kon zeptlosigkeit: „Ein behördliches Zuständigkeitswirrwarr fördert Insellösungen und verhindert schnelle Veränderungen. Die Politik hat kaum Perspektiven für individuelle Lebensplanun gen der Menschen, und in vie len Entscheidungsgremien scheint Ideologie wichtiger zu sein als weitsichtige und nach haltige Lösungen.“ Als Konse quenz aus dem 7. Altersbericht der Bundesregierung von 2017 forderte Klitzing die Schaffung von mehr generationengerech temWohnraum durch Neu- und Umbau, die Entwicklung alternativer Wohnformen so wie die Förderung technischer Assistenzsysteme . << Zierke: Föderalismus för- dert regionale Lösungen Stefan Zierke, parlamentari scher Staatssekretär im Bun desministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), stellte in seinem Grußwort die Vielfalt des deut schen Föderalismus heraus. Selbst wenn die Strukturen an der einen oder anderen Stelle Reibung erzeugten, sei die Viel falt der Regionen ein erstre benswertes Gut, weil sie unter anderem regional funktio nierende seniorenpolitische Konzepte und Lösungen ermögliche. << Pahl-Weber: Sorgende Gemeinschaften Professorin Elke Pahl-Weber von der Technischen Universi tät Berlin hinterfragte in ihrem Impulsvortrag den nach ihrem Ermessen höchst emotional besetzten Gegensatz des Woh nens auf dem Land und in der Stadt: „Wohnen ist heute über all in Deutschland keine Selbst verständlichkeit mehr. Denn als wir den Wohlstand geschaf fen haben, haben wir nicht an die Bodenpolitik gedacht“, machte die Diplom-Ingenieurin deutlich, die an der TU Berlin das wissenschaftliche Fachge biet „Bestandsentwicklung und Erneuerung von Siedlungs einheiten“ leitet. Größere Auswirkungen für eine „gute Wohnsituation“ älterer Menschen als der Gegensatz „Stadt/Land“ hat nach Auffas<< Elke Pahl-Weber senioren 5. Seniorenpolitische Fachtagung des dbb Wohnen im Alter << Staatssekretär Stefan Zierke, dbb Seniorenchef Horst Günther Klitzing und der Zweite dbb Vorsitzende Friedhelm Schäfer (von links) © Marco Urban (7) 34 > dbb magazin | November 2019 dbb
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