dbb magazin 11/2019

Moderne Arbeitswelt Digital arbeiten – immer und überall? Arbeitsschutz hat nicht nur mit Großbaustellen und Schwerindustrie zu tun. Auch im Büro lau­ ern gesundheitsschädliche Gefahren. Die Digi­ talisierung der Arbeit bringt neue Herausforde­ rungen für den Arbeitsschutz mit sich. Das seit November 2017 laufende Projekt des Bundes­ ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), „Prävention für sicheres und gesundes Arbeiten mit digitalen Technologien“, kurz „PräDiTec“, hat erste Erkenntnisse über die größten Auslöser von digitalem Stress gewonnen. Neue digitale Technologien ermöglichen es, an jedem Ort und zu jeder Zeit zu arbeiten sowie auf eine unüberschau­ bar große Menge an Informa­ tionen zuzugreifen. Gleichzei­ tig erfordern sie eine ständige Lernbereitschaft und Anpas­ sungsfähigkeit. Dabei wäre der Idealfall, dass die Gesund­ heit und das Wohlbefinden der Beschäftigten von diesen Entwicklungen profitieren und unnötige Belastungen durch die Arbeit mit neuen digitalen Technologien vermieden wer­ den. In der Studie „Gesund digital arbeiten?!“, die die Projekt­ gruppe Wirtschaftsinforma- tik des Fraunhofer Institut für angewandte Informationstech­ nik (FIT) mit mehr als 5000 Er­ werbstätigen durchgeführt hat, wurde praktisch unter­ sucht, wie sich das Belastungs- und Beanspruchungsprofil durch den Einsatz von neuen Technologien verändert. Ne­ ben den Belastungsfaktoren und Auswirkungen von digita­ lem Stress wurden Rahmen­ bedingungen analysiert, unter denen digitaler Stress beson­ ders hoch oder gering ausfällt. Die Studie identifiziert zwölf verschiedene Belastungsfak­ toren bei der Arbeit mit digita­ len Technologien und Medien. Dazu gehört beispielsweise die Omnipräsenz, das Gefühl der ständigen Erreichbarkeit durch das Auflösen der Gren­ zen zwischen Arbeits- und Pri­ vatleben. Ein weiterer Belas­ tungsfaktor, die Überflutung, beschreibt das Gefühl, auf­ grund der höheren Menge an bereitgestellten Informatio­ nen mehr und schneller arbei­ ten zu müssen. Von den Be­ fragten werden am häufigsten Leistungsüberwachung sowie die Verletzung der Privatsphä­ re als Belastungsfaktor für digitalen Stress genannt. Be­ merkenswert ist nicht nur, dass jeder dritte Befragte min­ destens einem der Belastungs­ faktoren sehr stark ausgesetzt ist, sondern auch, dass fast jeder fünfte aufgrund des Be­ lastungsfaktors sehr starken digitalen Stress wahrnimmt. Neben diesen bereits eta­ blierten Belastungsfaktoren konnten weitere Faktoren ausgemacht werden, die das Phänomen „digitaler Stress“ genauer beschreiben. Drei dieser Faktoren, so die Studie, wurden bislang nicht in die Ge­ samtdiskussion über digitalen Stress integriert. Die übrigen drei beschreiben bis dato un­ bekannte, neue Belastungsfak­ toren im Umgang mit digitalen Technologien und Medien. Zur ersten Kategorie zählen die Autoren der Erhebung die Fak­ toren Unterbrechungen, gläser­ ne Person im Sinne von Verlet­ zungen der Privatsphäre und Unklarheit der Rolle: Unterbre­ chungen beziehen sich auf das Gefühl, dass es durch die Nut­ zung von digitalen Technologi­ en und Medien vermehrt zu Ablenkungen oder Unterbre­ chungen kommt, die als stö­ rend wahrgenommen werden. Der Faktor gläserne Person be­ schreibt das Gefühl, dass die Privatsphäre durch die Nutzung digitaler Technologien und Me­ dien verletzt werden könnte. Der Faktor Unklarheit der Rolle erfasst das Gefühl, dass mehr Zeit in die Lösung von Proble­ men mit digitalen Technologi­ en und Medien investiert wer­ den muss als in die eigentliche Arbeitstätigkeit. << Stressempfinden und Nutzungsintensität Faktoren der zweiten Katego­ rie sind die Nichtverfügbarkeit, die Leistungsüberwachung und das mangelnde Erfolgs­ erlebnis. Erstere bezeichnet das Gefühl, dass die zur Erle­ digung der Arbeit benötigten digitalen Technologien und Medien nicht zur Verfügung stehen. Der Umstand, dass durch die Nutzung digitaler Technologien und Medien die Leistungsüberwachung und -bewertung zunehmen, wird vom Faktor Leistungsüberwa­ chung beschrieben. Ein man­ gelndes Erfolgserlebnis liegt vor, wenn Beschäftigte auf­ grund der Nutzung digitaler Technologien und Medien ei­ gene Arbeitsfortschritte oder -erfolge wenig wahrnehmen. © unsplash.com/Victoria Heath online 40 > dbb magazin | November 2019 dbb

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