dbb magazin 11/2019
online Doch nicht jeder Arbeitsplatz, der mit digitalen Technologien ausgestattet ist, verursacht digitalen Stress im gleichen Maße. Die Kombination aus der Anzahl genutzter digitaler Tech nologien und Medien sowie die Nutzungsintensität hat eben falls Einfluss auf die Belastung. So ist diese bei einer hohen An zahl an verschiedenen Techno logien, die nur wenig genutzt werden, am höchsten, da die Fähigkeiten und Kenntnisse zur Nutzung der Technologien bei geringer Nutzung schwieriger zu erhalten sind und die Verun sicherung größer wird. << Gesundheitliche Auswirkungen Mit digitalem Stress gehen Er schöpfung, Gereiztheit sowie psychischen Beeinträchtigun gen bis hin zu Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems einher. Unzufriedenheit mit der Arbeitsstelle und eine schlechtere Leistung sind eben so mögliche Folgen des digita len Stresses. Arbeitsorganisa torische und soziale Faktoren können digitalem Stress am Arbeitsplatz allerdings entge genwirken. Dazu gehören bei spielsweise ein erweiterter Handlungsspielraum hinsicht lich arbeitsrelevanter Entschei dungen sowie eine gute Bezie hung zu dem Vorgesetzten. Als weiteres Kernergebnis der Studie beschreiben die Auto ren, dass mehr als jeder achte Befragte von starken bis sehr starken Belastungsfaktoren bei der digitalen Arbeit spricht. Die meisten Befragten erfahren eine niedrige bis mittlere Inten sität der Belastungsfaktoren digitaler Arbeit. Dennoch be richtet mehr als jeder dritte Be fragte, mindestens einem der zwölf Faktoren sehr stark aus gesetzt zu sein. Weiter nimmt fast jeder fünfte Befragte in mindestens einem Faktor sehr starken digitalen Stress wahr. Insgesamt werden Leistungs überwachung und eine Ver letzung der Privatsphäre als stärkste Belastungsfaktoren genannt. Am wenigsten geäu ßert werden diese in Form ei nes mangelnden Erfolgserleb nisses und einer Unklarheit der Rolle, die bei der Nutzung digi taler Technologien und Medien entstehen. Digitaler Stress geht für die Be fragten mit einer Vielzahl un terschiedlicher Rahmenbedin gungen einher und sollte daher integriert betrachtet werden. Die Ergebnisse der Befragung weisen darauf hin, dass digita ler Stress oft gemeinsammit sozialen Konflikten am Arbeits platz, einer hohen emotiona len Anforderung sowie einer hohen Arbeitsquantität auf tritt. Je ausgeprägter diese Fa cetten im Arbeitsalltag sind, desto stärker ist der digitale Stress. Vor allem Erwerbstätige in innovativen Unternehmen, die sich durch Kreativität und Risikobereitschaft auszeich nen, sind davon betroffen. << Körperliche Folgen nicht ausgeschlossen Digitaler Stress steht, so ein weiteres Kernergebnis, in ei nem negativen Zusammen hang mit Gesundheit und Wohlbefinden: Stärkerer digi taler Stress führt zu einer schlechteren Einschätzung des allgemeinen Gesundheits zustandes. Die Erschöpfung ist größer, je stärker der berichte te digitale Stress ist. Die Be fragten fühlen sich zudem stärker gereizt. Vergleiche zwi schen Personen mit geringem und starkem digitalen Stress zeigen, dass starker digitaler Stress auch häufiger zu spezifi schen Gesundheitsbeschwer den wie psychischen Beein trächtigungen oder physischen Erkrankungen führt. Digitaler Stress steht ebenso in einem negativen Zusammen hang mit der Arbeitsfähigkeit der Befragten: Erwerbstätige mit starkem digitalen Stress berichten häufiger, dass sie Probleme haben, von der Ar beit abzuschalten. Sie denken öfter daran, die Arbeitsstelle oder den Beruf zu wechseln und zeigen eine schlechtere Leistung. Sie sind außerdem unzufriedener mit ihrer Ar beitsstelle. Interessanterweise sind vor allem Erwerbstätige in Unternehmen, die durch aus geprägte Hierarchien gekenn zeichnet sind und die bürokra tische Strukturen aufweisen, nur von geringem digitalen Stress betroffen. Das erste Ziel von PräDiTec ist es, das veränderte Beanspru chungsprofil durch das Voran schreiten der Digitalisierung zu analysieren. Im Rahmen der Forschung werden Werkzeuge erstellt, mit deren Hilfe Daten zu digital-bedingter Fehlbean spruchung erhoben werden können. Neben breit angeleg ten Befragungen der Beleg schaften der Projektpartner und weiterer Unternehmen fallen auch Interviews mit Personen aus den Bereichen Arbeitnehmervertretung und Arbeitsmedizin darunter, um verschiedenste Perspektiven zu berücksichtigen. Darauf aufbauend sollen spezi fische Präventionsmaßnahmen und Richtlinien erarbeitet, pro totypisch umgesetzt, erprobt und weiterentwickelt werden. Digitale Systeme sollen dabei menschzentriert gestaltet wer den um Arbeit so organisieren zu können, dass der Einsatz digitaler Systeme psychische Fehlbeanspruchung vermeidet. Es werden außerdem Checklis ten und Lernkonzepte entwi ckelt, durch die Beschäftigte unterstützt werden, mit der zunehmenden Digitalisierung bestmöglich umzugehen. << PräDiTec . . hat eine Laufzeit von 36 Monaten und wird mit mehr als zwei Milli onen Euro im Rahmen der Förderinitiative „Gesund – ein Leben lang“ des BMBF unter stützt. Die komplette Studie kann unter https://gesund-digital-arbeiten.de/ herunter geladen werden. © unsplash.com/Proxyclick Visitor Management System 41 dbb > dbb magazin | November 2019
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