dbb magazin 12/2019

dossier verfolgt. Zudem – quasi der konstruktiv-pädagogische Teil des 5-Punkte-Plans – sollen Heranwachsende aus den Fa- milien motiviert werden, das kriminelle Milieu zu verlassen. Ein schwieriges Unterfangen in einer Welt, in der der Spruch „Knast macht Männer“ eine Auszeichnung, kein Eingeständ- nis ist und schon den Kindern als Haltung vermittelt wird. Politiker, Fahnder und Krimi­ nelle in der ganzen Republik beobachten nun aufmerksam, wie die neue Taktik in der Hauptstadt der Clankriminali- tät wirkt. Ein Wirt in einer Neuköllner Bar bekommt Mitte September die Gelegenheit, die Berliner Anti- Clan-Strategie am eigenen Leib zu erfahren. Wieder mal Razzia, wieder mal nicht nur Polizistin- nen und Polizisten in voller Montur mit Schnellfeuerge- wehren, sondern auch zahlrei- che Kolleginnen und Kollegen von den anderen Behörden streifen in Zivil großräumig durch den Kiez. Zu Beginn noch großmäulig, sitzt der große und kräftige Kneipier kurze Zeit später auf Geheiß der Beamten wie ein eingeschüchterter Pen- näler auf einer Couch und muss mit ansehen, wie das Schicksal seinen Lauf nimmt: Nicht lizen- sierte Spielautomaten werden von der Wand geschraubt und aus dem Laden getragen, es finden sich ein stattlicher Klumpen Kokain und 10000 Euro. Der Notausgang des Lo- kals ist zugestellt – Verstoß gegen die Bau- und Gewerbe- vorschriften. Gänzlich still wird der vollbärtige Wirt, als der Einsatzleiter mit der Staats­ anwaltschaft diskutiert, ob man vielleicht auch seine Wohnung durchsuchen sollte, wegen des Kokainfunds; aller- dings schliefen dort seine Frau und die drei Kinder, gibt der Einsatzleiter zu bedenken. Die Staatsanwaltschaft winkt letztlich ab: Wäre bei demWirt etwas zu holen, stünde schon längst ein Anwalt auf der Mat- te, vermuten die Strafverfolger. Um kurz nach ein Uhr entzieht der Chef des Ordnungsamts der Kneipe die Betriebserlaub- nis und versiegelt die Tür. Der Wirt folgt den Polizeibeamten mit hängenden Schultern auf die Dienststelle. << „Endlich!“, sagen Kenner der Szene Dank der Offensive der Behör- den insbesondere in Berlin und Nordrhein-Westfalen ist die Ruhe also zunächst einmal da- hin im kriminellen Clanmilieu. „Endlich!“, sagen vor allem die Kenner der Szene in den Poli- zeibehörden. Seit der Wende mussten die Ermittler wegen fehlender politischer Aufmerk- samkeit und Rückendeckung mehr oder weniger hilflos zu- sehen, wie Hunderte Männer aus Großfamilien, viele mit tür- kisch-arabischem Hintergrund, durch Raub, Diebstahl, Hehle- rei, Körperverletzung, Nötigung, Erpressung, Drogenhandel, Be- trug aller Art, Geldwäsche so- wie Verstößen gegen das Waf- fengesetz, seltener auch durch Tötungsdelikte, ihr Vermögen, ihre Macht und ihren Einfluss in vielen deutschen Städten vermehrten. „Es wurde 20 Jahre lang ge- pennt“, kritisierte der Berliner Kriminaldirektor CarstenWendt, Dezernatsleiter Organisierte Kriminalität im Landeskrimi- nalamt, der den hauptstädti- schen Clansumpf so gut wie kaum ein anderer kennt, un- längst bei einer Fachtagung. Schon 2003 hätten Polizisten vor einer Verbrechenswelle durch arabische Großfamilien < Eine große Zahl an Einsatzkräften und akribische Kontrollen sollen keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass der Staat es ernst meint. 16 dbb > dbb magazin | Dezember 2019

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