dbb magazin 12/2019

frauen der Situation von Rentnerinnen und Pensionärinnen sowie Al- leinerziehenden würde auf praktischer politischer Ebene energischer verhandelt wer- den.“ Um gute Vorbilder zu finden, müsse man nur nach Skandinavien schauen. Dort sind Frauen in den Parlamen- ten gut vertreten und deshalb wird auch die Gleichberechti- gung auf vielen Ebenen der Gesellschaft sehr viel selbst­ verständlicher umgesetzt. „Ein Indikator sind die institu­ tionellen Rahmenbedingungen wie gute Kinderbetreuung, aber auch partnerschaftlich orientierte Elternzeitgesetze und ein diskriminierungsfreies Steuerrecht“, so Wildfeuer. << Von anderen lernen Im europäischen Vergleich liegt Deutschland hinsichtlich des Frauenanteils im Parla- ment imMittelfeld. In Frank- reich und Spanien, in Schweden und Finnland bewegt sich der Frauenanteil in den nationalen Parlamenten zwischen 40 und 47 Prozent und damit über dem EU-Durchschnitt. Die Kon- rad-Adenauer-Stiftung hatte im September 2019 die unter- schiedlichen Vorgehensweisen der vier EU-Staaten analysiert und zwei unterschiedliche Er- folgsstrategien ausgemacht. Während in Schweden freiwil­ lige interne Regelungen in den Parteien eine lange Tradition haben und die gängige Praxis der meisten Parteien die ab- wechselnde Besetzung der Wahllisten mit Frauen und Männern ist, besteht in Finn- land eine feste Quotenregelung. Sie setzt für alle staatlichen und kommunalen Verwaltungsins- tanzen voraus, dass jeweils min- destens 40 Prozent der Stellen von Frauen und Männer besetzt werden. Diese Regelung wurde von einigen Parteien adaptiert. In Frankreich hingegen hat die Regierung die Möglichkeit, bei Verstößen gegen das Paritäts- gesetz finanzielle Sanktionen zu verhängen. Zudem führte die Besetzung der Wahllisten der Partei von Emmanuel Mac- ron, La République En Marche, mit 50 Prozent Frauen in aus- sichtsreichen Positionen zu ei- nem höheren Frauenanteil in der Nationalversammlung. In Spanien wurde bereits 2007 ein Paritätsgesetz verabschie- det, das zu einer kontinuierli- chen Erhöhung des Frauenan- teils im Parlament geführt hat. Die paritätische Besetzung der Wahllisten ist in allen Parteien zu finden. << Was lässt sich daraus für Deutschland ableiten? EU-Länder, in denen die Frau- enanteile in den Parlamenten über 40 Prozent liegen, verfü- gen über gesetzliche Regelun- gen beziehungsweise implizite Quotenregelungen und ein hohes geschlechtersensibles Selbstverständnis. Letztlich ist aber auch der Wille der Partei- en maßgeblich. Die Konrad- Adenauer-Stiftung folgert dar- aus, dass in vielen Staaten der EU eine veränderte politische Kultur notwendig sei, damit sich Frauen und Männer in glei- chemMaße engagieren. Gleich- berechtigung an der Spitze der EU anzustreben, habe unter an- derem auch im EU-Wahlkampf eine Rolle gespielt. „Der europäische Vergleich zeigt: Es gibt nicht den einen richtigen Weg zur Gleichstel- lung“, lautet das Fazit der Vor- sitzenden der dbb bundesfrau- envertretung. „Wichtig ist, dass ein Weg eingeschlagen wird, der zu paritätischen Geschlechter- verhältnissen führt. Die Bundes- regierung sollte aus den Erfah- rungen unserer europäischen Nachbarn lernen. Von einer gleichgestellten Gesellschaft können Frauen wie Männer nur profitieren.“ bas dbb Fachbroschüre #Geschlechtergerechtigkeit: Da geht noch mehr! Vor mehr als 100 Jahren haben Frauen in Deutschland das Recht erhal- ten, zu wählen und gewählt zu werden. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist aber bis heute unvollendet. Was jetzt zu tun ist, nimmt die aktuelle Fachbroschüre der dbb bundesfrauenvertretung in den Blick. Die Fachpublikation fasst die Ergebnisse der 15. Frauenpoli­ tischen Fachtagung vom 3. Juni 2019 zusammen. Ausgewählte Fachbeiträge, darunter von Professorin Dr. Silke Ruth Las- kowski (Universität Kassel), Dr. Ulrike Spangenberg (Insti- tut für gleichstellungsorientier- te Prozesse e. V.), Juliane Seifert (Staatsekretärin BMFSFJ) sowie Helene Wildfeuer (Vorsitzende dbb bundesfrauenvertretung) geben einen Überblick über die rechtliche Ausgangssituation von Frauen in Deutschland und vermitteln Handlungsempfeh- lungen für eine gleichberechtig- te Teilhabe von Männern und Frauen im öffentlichen Dienst und darüber hinaus. Neben dem Steuerrecht steht das Wahlrecht im Fokus. Die fach- spezifischen Einschätzungen und Erkenntnisse befassen sich mit folgenden Fragen: Welche rechtlichen beziehungs- weise politischen Maßnahmen sind notwendig, um die Gleich- stellung von Frauen und Män- nern in der Gesellschaft, der Politik und der Verwaltung zu vollenden? Wie können Frauen ihre Rechte durch­ setzen? Und was steht auf dem Spiel? Die Broschüre richtet sich an Personal- sowie Betriebsrätin- nen und -räte, Gleichstellungs- beauftragte und Führungskräf- te aus den unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Dienstes ebenso wie an Ent- scheidungsträgerinnen und -träger aus Verwaltung, Zivilge- sellschaft und Politik. Sie steht auf der dbb Homepage zum kostenlosen Download bereit unter: https://bit.ly/372ClXm dbb Mitglieder können die Bro- schüre als Druckexemplar bei der dbb bundesfrauenvertre- tung per Mail (frauen@dbb.de) bestellen – solange der Vorrat reicht. 27 dbb > dbb magazin | Dezember 2019

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