dbb magazin 1-2/2020
dbb jahrestagung 2020 denken stattgefunden. Die dbb jugend sei mittlerweile mit beratender Stimme in der Bundesleitung vertreten. „Wir wirken auch bei den Ein- kommensrunden für den öf- fentlichen Dienst mit, um ad- äquate Forderungen für junge Beschäftigte aufzustellen. Das nehmen wir sehr ernst und möchten im Rahmen der Gene- rationengerechtigkeit weiter beteiligt werden.“ Der Oberbürgermeister von Freiburg, Martin W. W. Horn, ist jüngster Chef einer deut- schen Großstadt. „Bei uns ist die Jugend sehr stark politi- siert, Freiburg ist zusammen mit Heidelberg die jüngste Stadt Deutschlands, sehr welt- offen und nachhaltig einge- stellt“, sagte er. Diese jungen Menschen wolle er einbinden, und Kommunen seien ein her- vorragender Ort für politische Parti zipation. „Wieviel Geld in neue Straßen investiert wird, welche neuen Schulen gebaut werden, welche Umweltmaß- nahmen umgesetzt werden: All diese Fragen können nur auf kommunaler Ebene gelöst werden.“ Quang Anh Paasch, Mitglied der Jugendbewegung Fridays for Future (FFF), erklärte, wa rum die Klimaschutzbewegung einen so breiten Zuspruch aus den Reihen der jungen Men- schen erhält: Zum einen sei man bewusst eine vielfältige und parteipolitisch unabhängi- ge Bewegung, worauf sich vie- le eher einließen als auf insti- tutionalisierte Parteien oder Organisationen. Zum anderen sei das erklärte Ziel, mit dem Engagement direkte Lenkungs- wirkung zu erzeugen. „Das ist etwas, was man als junger Mensch insbesondere in Par- teien und Politik definitiv kaum oder nur sehr schwer erreicht. Aber eben mit Hunderttausen- den, die auf die Straße gehen“, so Paasch, der aber auch klar- stellte: „Wir gehen nicht auf die Straße, weil wir keine Hoffnung haben und nicht an Demokratie und unseren öffentlichen Dienst glauben. Im Gegenteil: Gerade weil wir wissen, wie stark der Staat sein kann, wenn er will, haben wir Hoffnung.“ < Ideenwerkstatt öffentlicher Dienst Am zweiten Tag der Jahresta- gung präsentierte Ulrich Sil berbach ein dbb Werkstattpa- pier zur Modernisierung des Staatsdienstes. „Nur ein per sonell wie technisch gut und vielfältig aufgestellter, modern agierender und beweglicher öf- fentlicher Dienst wird die Her- ausforderungen der Zukunft meistern und seine Arbeit mit der Rückendeckung einer brei- ten gesellschaftlichen Akzep- tanz leisten können“, erklärte der dbb Chef bei der Präsenta- tion der Ideenskizze, die den Ti- tel „Aufbruch – Der öffentliche Dienst der Zukunft“ trägt. „Akzeptanz wird der öffentli- che Dienst nur erreichen kön- nen, wenn er den Staat als ‚Spiegel der Gesellschaft‘ re- präsentiert mit einer vielfälti- gen Beschäftigtenstruktur, di- gitalen Dienstleistungen und einer wertschätzenden res- pektvollen Teamkultur“, mach- te Silberbach deutlich. Auch auf dem Arbeitsmarkt werde der öffentliche Dienst als größ- ter Arbeitgeber Deutschlands imWettbewerb um die Leis- tungsträger von morgen nur dann punkten können, wenn er ins Profil der Berufseinstei- ger von heute passe: agil, viel- fältig, digital. Auf demWeg dorthin sei der Staatsdienst allerdings noch kaum aus den Startlöchern gekommen, kriti- sierte Silberbach, insbesondere mit Blick auf die Digitalisierung der Verwaltung: „Die Aus- gangslage ist weiterhin über- haupt nicht prickelnd. Erneut hat der vom Nationalen Nor- menkontrollrat herausgege bene Monitor ‚Digitale Ver waltung‘ Deutschland nur auf einen der hinteren Ränge im EU-weiten Vergleich verwie- sen. Eigentlich sollen bis zum Jahr 2022 zahlreiche öffentli- che Dienstleistungen auf den Plattformen der Verwaltungen zur Verfügung stehen. Aber Verwaltungs- und Digitalisie- rungsexperten halten es für unrealistisch, dass binnen des vorgegebenen Zeitraums tat- sächlich alle 575 Verwaltungs- dienstleistungen online ange- boten werden“, warnte Silber- bach und kritisierte das „ekla- tante Umsetzungsproblem“. Entscheidend für ein Gelingen der digitalen Transformation sind aus Sicht des dbb die Be- schäftigten des öffentlichen Dienstes selbst: „Sie tragen und gestalten den Modernisie- rungsprozess, deswegen müs- sen sie von Beginn an einbezo- gen, mitgenommen und fit für die neuen Aufgaben gemacht werden“, so Silberbach. Vor diesem Hintergrund begrüßte er, dass der Bund bereit für den Abschluss eines Digitalisie- rungstarifvertrags sei. Die dbb Ideenskizze sei eine Einladung an alle zum offenen Dialog. „Die Zukunft des öffentlichen Dienstes geht alle an, weil er unser aller Zukunft ganz ent- scheidend prägen wird“, be tonte Silberbach. < Podium 3: Die Digitali- sierung voranbringen Die Zukunft des öffentlichen Dienstes stand anschließend auch im Fokus einer Podiums- diskussion. Insbesondere be- schäftigte die Runde der As- pekt der Digitalisierung. Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfrakti- on von Bündnis 90/Die Grünen, zeigte sich „im hohen Maße skeptisch“, ob der Zeitrahmen des Online-Zugangsgesetzes zur Digitalisierung zentraler Verwal- tungsdienstleistungen eingehal- ten werden kann. Voraussetzung sei vor allem eine umfangreiche Mitnahme und Unterstützung der Beschäftigten. „Der öffent- liche Dienst wird durch die Digi- talisierung ganz bestimmt an Attraktivität für die Beschäf tigten gewinnen“, zeigte sich Mihalic überzeugt, „aber man muss ihnen den Umgang mit digitalen Technologien und Arbeitsmitteln auch ermög lichen und erschließen.“ < Irene Mihalic dbb > dbb magazin | Januar/Februar 2020 16
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