dbb magazin 1-2/2020

<< „Natürlich ist es hart“, noch einmal die Schulbank drücken zu müssen, sagt Mathematiklehrer Maher Dhman aus Syrien. „Aber es ist ein Schritt in die Zukunft.“ reportage Refugee Teachers Program an der Uni Potsdam Ein Schritt in die Zukunft Gewaltig war der Medienrummel, als die Universität Potsdam vor drei Jahren ihr Refugee Teachers Program startete. Fernsehsender, Nachrichtenagenturen, Zeitungsredaktionen aus dem In- und Aus- land schickten Teams und Korrespondenten auf den Campus, um über den Auftakt des bun- desweit ersten Qualifizierungsprogramms für geflüchtete Lehrerinnen und Lehrer zu berichten. Der Run von Interessierten ist von Beginn an ungebrochen, die Bewerberzahlen überstei- gen regelmäßig die Zahl der zur Verfügung stehenden Plät- ze. Mittlerweile haben bereits vier Jahrgänge das Potsdamer Programm absolviert, insge- samt schlossen schon 85 Teil- nehmende erfolgreich ab. Der fünfte Jahrgang hat im April 2019 mit 25 berufserfahrenen Lehrerinnen und Lehrern, die vor Krieg und Verfolgung nach Deutschland geflüchtet sind, begonnen – beworben hatten sich 114. Sie alle träumen da- von, auch in ihrer neuen Hei- mat wieder in dem Beruf arbei- ten zu können, der ihnen sehr am Herzen liegt. „Pseudo-Gruppenzugehörig- keit“ – ein Wortungetüm, das auch der Deutschdozentin heute nicht beim ersten Anlauf unfallfrei über die Lippen geht. Allgemeine Heiterkeit daher im Kursraum 0.04 auf dem Cam- pus der Uni Potsdam in Golm, wo das Zentrum für Lehrerbil- dung und Bildungsforschung sitzt. Zwei junge Frauen und sechs junge Männer aus Syrien diskutieren engagiert über das Thema Schuluniformen – soll- ten die auch in Deutschland wieder eingeführt werden oder nicht? Präzise werden Pro- und Kontra-Argumente, die auf Arbeitsblättern vor­ formuliert sind, analysiert und zugeordnet – Deutsch-unterricht für Lehrerinnen und Lehrer. Im doppelten Sinne: Zum einen geht es natürlich um Argumentations- figuren. Vor allem aber darum, berufsrelevantes Deutsch zu lernen, das sich doch noch ein- mal deutlich von jenem Allge- meinvokabular unterscheidet, welches die Geflüchteten in den gängigen Kursen und im alltäglichen Leben lernen und pflegen. Die Französisch-lehrerin Zahra Badouch, Maher Dhman (Mathe­ matik) und ihre Mitstreiter sind alle seit etwa drei Jahren in Deutsch- land und träumen da- von, in ihrer neuen Heimat irgendwann einmal wieder in dem Beruf zu arbeiten, für den sie sich entschieden haben und ausgebildet wur- den, der Beruf, der ihnen so sehr am Herzen liegt: Als Un- terrichtende und begleitende Pädagogen den Nachwuchs fit fürs Leben zu machen. „Natürlich ist es hart“, räumt Maher Dhman un- umwunden ein. Die Flucht, das neue fremde Land, fremde Menschen, und dann auch noch mal die Schulbank drücken, ob- wohl man doch schon fer- tig aus gebildeter Lehrer ist und gearbeitet hat, erklärt er und muss zwischendurch ebenso wie seine Kolleginnen und Kollegen immer wieder noch kurz überlegen und nach © Universität Potsdam/K. Fritze 30 dbb > dbb magazin | Januar/Februar 2020

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==