dbb magazin 4/2020

nachrichten/interview mit dem gebotenen Abstand zu anderen ist ja nach Mei- nung der Experten nichts ein- zuwenden. Aber ich kann nur eindringlich an alle Bürgerin- nen und Bürger appellieren, die Aufforderungen der Behör- den und der Wissenschaftle- rinnen und Wissenschaftler zu beherzigen. Nicht nur für die Kolleginnen und Kollegen, sondern für uns alle. Wir müs- sen jetzt als Gesellschaft zu- sammenhalten. Auch wenn das bedeutet, dass wir uns zeitweise einschränken müs- sen. Befürworten Sie unter den gegebenen Umständen auch Ausgangssperren? Ich bin weder Wissenschaftler noch Politiker, daher kann ich diese Frage nicht seriös beant- worten. Grundsätzlich möchte ich aber um Vertrauen werben. Es gibt für diese Situation bei uns keine Präzedenzfälle und sie ist unglaublich dynamisch. Und auch die Wissenschaft ist sich nicht immer einig und be- wertet die Lage ständig neu. Das sollten wir alle bei unseren Urteilen im Hinterkopf behal- ten, auch wenn Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Medien den Entscheidern natürlich im- mer auf die Finger schauen sollten. Sie haben von Einschränkung gesprochen. Wie wirkt sich die Situation eigentlich konkret auf die Arbeit des dbb aus? Auch wir haben natürlich eine Verantwortung für unsere Be- schäftigten. Deshalb haben wir schon verhältnismäßig früh versucht, unsere Leute im Homeoffice arbeiten zu las- sen. Trotzdem sehe ich es als unsere Aufgabe, den Prozess weiter zu begleiten, da sind wir einfach in der Pflicht ge- genüber den bei uns organi- sierten Beschäftigten. Aber viele Dinge sind ja ohnehin erst mal auf Eis gelegt. Wir hatten beispielsweise ange­ fangen, mit den Kommunen über die Aufwertung des Sozi- al- und Erziehungsdienstes zu sprechen. Der Zeitplan ist na- türlich durcheinandergeraten, ebenso wie bei vielen anderen Tariftischen. Solche Verhand- lungen sind teilweise sehr komplex und nicht alles kann in einer Videokonferenz erle- digt werden. Aber ich erlebe da auch alle Sozialpartner, also die beteiligten Gewerkschaf- ten und Arbeitgeber, als sehr vernünftig und pragmatisch. Wie gesagt: Wir müssen jetzt alle verantwortungsvoll Priori- täten setzen. Was erwarten Sie von den kom­ menden Tagen und Wochen? Ich hoffe, dass wir gut durch diese Situation kommen – und zwar weltweit, denn andere Länder stehen ja vor ähnlichen oder sogar noch größeren Her- ausforderungen. Das sollten wir nicht vergessen. Und ich würde mir wünschen, dass wir uns danach Gedanken machen, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. Und einen öffentlichen Dienst schaffen, der dazu passt. Denn die mo- mentane Anerkennung für die Kolleginnen und Kollegen ist zwar schön, aber mit Applaus alleine ist es nicht getan. Es fragte Michael Eufinger. << dbb Informationen zur Corona-Pandemie für Beschäftigte Für Beamtinnen und Beamte: dbb.de/corona-informationen-beamtinnen-und-beamte.html Für Tarifbeschäftigte: dbb.de/corona-informationen-tarifbeschaeftigte.html Neben dem dbb als Dachverband haben auch die dbb Landesbünde und Mitgliedsgewerkschaften im Zusammenhang mit der Corona- Pandemie Informationen veröffentlicht. Insbesondere zu den länderspezifischen beziehungsweise regionalen Regelungen für die Landes- und Kommunalbeschäftigten empfiehlt der dbb, sich regelmäßig bei den dbb Landesbünden zu informieren. Eine Übersicht der Landesbünde finden Sie auf dbb.de . Hinsichtlich der berufsspezifischen Informationen gilt dies selbstverständlich auch für die dbb Mitgliedsgewerkschaften. Eine Liste aller im dbb organisierten Gewerkschaften finden Sie ebenfalls auf dbb.de. Corona-Epidemie Öffentlicher Dienst gibt gerade alles „Die Menschen in Deutschland können sich auf den öffentlichen Dienst verlassen“, stellt dbb Chef Ulrich Silberbach klar. Das sei gerade der Einsatz- bereitschaft der Beschäftigten zu verdanken, „die derzeit vielerorts rund um die Uhr alles für die Gesundheit der Menschen geben“. „Ärzteschaft und Pflegekräfte, die Kolleginnen und Kollegen in den Gesundheitsämtern, Kri- senstäben, Regional- und Kom- munalverwaltungen, Einsatz- kräfte bei Rettungsdiensten, Feuerwehr und Polizei, Erzie­ herinnen und Erzieher in den Kitas, Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen – unzählige Beschäftigte des öffentlichen Dienstes geben derzeit alles, um die Corona-Epidemie in Deutschland einzudämmen und zu managen. Ob Intensiv- medizin, Pflege, Aufklärung und Beratung, Planung und Entscheidung, Transporte und Kontrollen oder einfach da sein und ‚seinen Job tun‘, den Klei- nen richtiges Händewaschen beibringen und sie betreuen, damit es die gefährdeten Großeltern eben nicht tun müssen – sie alle sind uner- müdlich und oftmals im un- mittelbaren Gefahren- und In- fektionsbereich im Einsatz für die Gesundheit und Sicherheit der Menschen. Gleichzeitig sor- gen die vielen weiteren Kolle- ginnen und Kollegen des öf- fentlichen Dienstes dafür, dass das Land weiterhin möglichst reibungslos funktioniert“, sag- te der dbb Bundesvorsitzende am 12. März 2020 in Berlin. Die Coronavirus-Krise offen­ bare auch die existenziellen Schwachstellen in der Architek- tur des öffentlichen Dienstes in Deutschland, gab Silberbach zu bedenken: „Der über Jahre auf- gebaute strukturelle Personal- mangel, insbesondere auch im Gesundheitswesen und im Öf- fentlichen Gesundheitsdienst, rächt sich jetzt mit voller Wucht. Selbst wenn Intensiv- betten in ausreichender Zahl vorhanden sind, haben wir nicht die erforderlichen entsprechend qualifizierten Kräfte, die diese betreuen können. Auch im nor- malen Pflegebereich geht das Personal schon im Alltagsge- schäft auf dem Zahnfleisch. Deswegen steht der Fahrplan für die Zeit, in der das Land wieder in ruhigere Fahrwasser kommt, schon heute fest: Wir müssen den öffentlichen Dienst und die Daseinsvorsorge wieder so auf die Beine stellen, dass Land und Menschen beruhigt und guter Dinge in die Zukunft blicken können. Sonst ist nach der Krise nur das Neue vor der Krise“, warnte Silberbach. © Colourbox.de 6 dbb > dbb magazin | April 2020

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