dbb magazin 5/2020

corona-protokolle A m 6. April wurde wegen der Corona-Pandemie der Schleusen- betrieb auf der Mosel eingeschränkt. Statt rund um die Uhr, können die Schiffe die Schleusen bis auf Weiteres nur in der Zeit von 6 bis 22 Uhr befahren. Mit dieser Maßnahme will die Wasser- straßen- und Schifffahrtsverwaltung sicherstellen, dass im Fall vie- ler erkrankter Schichtleiter genügend qualifizierte Beschäftigte ver- fügbar sind. Denn der Auftrag der Wasserstraßen- und Schifffahrts- ämter, die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs zu gewährleisten, gilt als systemrelevant. Ich bin Schichtleiter im Schleusenbetriebsdienst an der Schleuse Trier und arbeite diese Woche zum ersten Mal nachts mit den Einschränkungen der Betriebszeiten. Als ich am 14. April um 21.50 Uhr zur Schichtübergabe kam, konnte ich noch einen Berg- fahrer schleusen. Das 110 Meter lange Motorschiff, das von der Eingangsschleuse Koblenz bis zur letzten Schleuse vor der luxem- burgischen Grenze hier in Trier insgesamt zehn Staustufen pas- siert hatte, kam aus dem holländischen Vlissingen und war fluss- aufwärts unterwegs nach Frouard in Frankreich. Es hatte 2000 Tonnen Zellulose für die dortige Papierindustrie geladen. Nach Ausfahrt des Schiffes nahm ich die Schleuse außer Betrieb. Die fünf Bergfahrer und zwei Talfahrer, die laut meines Verkehrs­ erfassungssystems noch unterwegs waren, mussten an Schiffs- liegeplätzen in ihrem Streckenbereich bis 6 Uhr früh ausharren. Dass es jetzt nachts ohne durchgehenden Schleusenbetrieb ruhi- ger ist, bedeutet aber nicht, dass wir Schichtleiter untätig sind. Zum hoheitlichen Auftrag, die Schifffahrt auf den Wasserstraßen es eigentlich üblich, dass wir, wenn wir auf unserem Autobahn­ abschnitt unterwegs sind, bis hinter die Grenze fahren, um dort zu wenden und wieder zurückzufahren“, erzählt er. Jetzt würden sie regelmäßig vom tschechischen Militär kontrolliert, obwohl sie erkennbar mit einem Einsatzwagen unterwegs seien – und ihre Routinen auch jenseits der Grenze bekannt sind. „Kürzlich wurde ein Kollege sogar zweimal kontrolliert“, so Lober, „auf dem Hin- und Rückweg.“ Die großen Staus an der Grenze hingegen beeinträchtigen Lobers Arbeit nur mittelbar. „Die Rückstaus gibt es größtenteils nachts“, so der Vater einer 16-jährigen Tochter, „da müssen wir derzeit nicht so oft raus – wenn es nicht gerade eine Havarie gegeben hat.“ Allerdings hätten er und seine Kollegen aufgrund der Grenz- schließung viele zusätzliche Hinweisschilder kurzfristig aufstellen müssen, und die Reinigung der Parkplätze und Toiletten sei nun aufwendiger. „Dazu kommt, dass wir nun natürlich gerade bei der Reinigung der Aborte die komplette Schutzausrüstung tragen müssen, wegen des hohen Infektionsrisikos“, betont Lober. Dazu gehörten ein kompletter Körperschutz, eine FFP2-Atemschutz- maske und Helme mit durchsichtigen Visieren. „Da schwitzt man dann entsprechend bei den aktuellen Temperaturen.“ Doch diese Anstrengungen nehmen er und seine Kollegen gerne in Kauf, um sich möglichst nicht anzustecken. Denn Lober ist sich sicher: „Wenn sich hier jemand infiziert, überträgt sich das Virus ziemlich schnell auf die übrigen Beschäftigten. „Wir können hier viel Arbeit nur im Team erledigen“, erklärt er, „und da stehen wir teilweise sehr eng zusammen – manchmal sind wir nur 20 Zenti- meter voneinander entfernt.“ Was passiert, wenn die Meisterei vorübergehend geschlossen werden müsste, will sich Lober daher auch gar nicht erst ausmalen. „Wir halten hier die Straßen instand: Wir reparieren die Fahrbahn und beseitigen Hindernisse wie etwa heruntergefallene Gegenstände – teilweise unter hohem Zeit- druck“, betont er. „Ohne uns wäre dieser Abschnitt dann ziem- lich schnell nicht mehr befahrbar.“ dro des Bundes aufrechtzuerhalten, gehört auch die Stauzielüberwa- chung im Interesse der Schifffahrt und der Anlieger. An jeder der zehn Staustufen, die den Wasserstand der Mosel so regulieren, dass den Schiffen eine Abladetiefe von drei Metern garantiert wer- den kann, befinden sich Wehranlagen und Kraftwerke mit Turbi- nen privater Energieunternehmen. Bei den derzeitigen Wasser- ständen obliegt die Stauzielregulierung den Kraftwerksbetreibern. Wir überwachen die Einhaltung der Stauziele nach der Vorgabe ei- ner Verwaltungsvorschrift. Wird ein Stauziel verletzt, zum Beispiel bei Ausfall einer Turbine, übernimmt der Schichtleiter die Wasser- führung und leitet das anstehende Wasser über die Wehranlage ab. Auch befindet sich an der Schleuse Trier eine Notfallmeldestel- le. Hier werden besondere Vorkommnisse und Gefahrenmeldun- gen entgegengenommen und entsprechend den vorliegenden Alarmplänen und Ruflisten weitergeleitet, um Hilfsmaßnahmen einzuleiten oder Regelungen zu treffen. Jetzt fragen Sie sich, wie das mit der in unserem Pandemieplan vor- gesehenen Schonung der Personalressourcen funktionieren soll, wenn wir Schichtleiter, die als Einzige qualifiziert sind, eine Schleuse zu betreiben, weiter im Tages- und Nachtdienst arbeiten müssen? Die Lösung: Während im Schleusenbetrieb immer ein Schichtleiter vor Ort sein muss, können die Wehre im Zuge der Anbindung an die Leitzentrale in Trier inzwischen fernüberwacht und gesteuert wer- den. Ich kann zum Beispiel die Wehranlage der 30 Kilometer entfern- ten Schleuse Detzem von Trier aus steuern. Dort entfällt die Nacht- schicht, Kollegen können „in Reserve“ bleiben oder bei Ausfall einer Schicht an einer anderen Schleuse eingesetzt werden. cri Anton Thul (57), komm. Betriebsstellenleiter Schleuse Trier: „Hoheitlicher Auftrag muss erfüllt werden.“ © Reinhold Greif 14 dbb > dbb magazin | Mai 2020

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