dbb magazin 5/2020

corona-protokolle D en notorischen Schwarzfahrer, den Betrüger, den Dieb, Ein- brecher, Totschläger und Mörder – Lisa Koethe kennt sie alle. Die 31-jährige Sozialinspektorin ist Bewährungshelferin bei den Ambulanten Sozialen Diensten der Justiz Nordrhein-Westfalen, Landgericht Dortmund, Dienststelle Hamm. Ihre Aufgabe ist es, verurteilte Straftäter nach einer Straftat in ein möglichst straf- freies Leben zu begleiten. Sie zu beraten, sie zu bestärken, ihr Le- ben selbst in die Hand zu nehmen und aus eigener Kraft positiv zu gestalten. Eine Aufgabe, die eigentlich reine Beziehungs- und Kontaktarbeit, also Präsenzarbeit ist. In Zeiten von Corona aber genau das, was aktuell nicht möglich ist. „Das Telefon ist jetzt mein wichtigstes Arbeitsinstrument“, sagt Lisa Koethe. Den letzten ihrer mehr als 50 Klienten sprach sie vor einigen Tagen noch persönlich – allerdings durchs Fenster ihrer Dienststelle. „Die Situation ist wirklich nicht leicht und für viele unserer Klientinnen und Klienten auch einfach nur schrecklich. Sie sind verunsichert, weil sie Bedenken haben, gegen ihre Aufla- gen zu verstoßen. Und wie alle anderen haben natürlich auch sie Existenzsorgen und Angst vor dem Virus“, berichtet die Bewäh- rungshelferin. Dass man sich dann nicht wie gewohnt im persön- lichen Gespräch, sondern nur über große Distanz als Ansprech- partner anbieten könne, mache ihr und ihren Kolleginnen und Kollegen schwer zu schaffen. „Es ist ja gerade in unserem Job wichtig, den Bezugsfaden nicht abreißen zu lassen. Für viele ist die regelmäßige Ansprache durch uns im Grunde das Gerüst, an dem sie sich in ein straffreies Leben hangeln.“ Wie überall mussten auch die Justizbediensteten in Lisa Koethes Teammehr oder weniger überstürzt die Arbeit in der Dienststelle beenden und ins Homeoffice wechseln, mit allen technischen und datenschutzrechtlichen Hürden. „Aber wir sind alle jederzeit an- sprechbar und arbeitsfähig, und auch mit den Daten gehen wir Lisa Koethe (31), Bewährungshelferin bei den Ambulanten Sozialen Diensten der Justiz Nordrhein-Westfalen, Landgericht Dortmund, Dienststelle Hamm: „Den Bezugsfaden nicht abreißen lassen.“ O hne Theater Theater machen, heißt es seit März in der Domstadt Aachen: Schauspieler Philipp Manuel Rothkopf philosophiert und schwadroniert einsam im Corona-Party-Keller. Kollegin Petya Alabozova spült das Coronavirus mit Schiller’scher Verachtung das heimische Klo hinunter und Benedikt Voellmy singt in seiner Küche, neben bemalten Klopapierrollen, David Bowies „Where are we now?“ zumWeinen schön. Digitale Gruß- selbstverständlich sehr sorgfältig und den Vorschriften entspre- chend um.“ Mittlerweile arbeitet die Bewährungshilfe in Hamm im Zwei-Team-System: Während Team 1 in der Dienststelle ist, ist Team 2 im Homeoffice, nach zwei Wochen wird jeweils gewech- selt. „Das klappt so weit ganz gut“, zieht Lisa Koethe eine halb- wegs positive Zwischenbilanz. Die Kontakte zu den Netzwerkpart- nern der Bewährungshilfe – zum Beispiel Suchtberatung und Jobcenter – sind auch in der Krise stabil, und die Zusammenarbeit mit der Polizei, die insbesondere mit Blick auf die Klienten, die nach dem Vollzug unter Führungsaufsicht stehen, wichtig ist, läuft reibungslos weiter. Die Stimmung im Team sei trotz der erschwerten Arbeitsbedingungen gut, „alle verhalten sich sehr rücksichtsvoll, wir geben Acht aufeinander“, erzählt Koethe. Manchmal ergebe sich aus der neuen Situation Verunsicherung, „aber dann diskutieren wir das Vorgehen und treffen eine gemein- same Entscheidung, zu der dann auch alle stehen“. Wünschen würde sich die junge Justizinspektorin, die auch Personalrätin ist, noch bessere Schutzmaßnahmen. „Desinfektionsmittel, Mund- und Nasenschutz – da ist hier noch Luft nach oben, vor allem wenn ich an die Zeit denke, in der die Kontaktsperren wieder runtergefahren werden sollen“, macht Koethe deutlich. iba Städtisches Theater Aachen: „Die Kapazitäten bestmöglich nutzen, um zu helfen.“ botschaften wie diese aus den Reihen des Ensembles, von Or- chester und Chor, aus den Werkstätten und einzelnen Abteilun- gen sind derzeit das Einzige, was das Publikum vom Theater Aachen zu sehen bekommt. Bis einschließlich 31. Mai 2020 wur- den sämtliche Vorstellungen und auch die Proben abgesagt. „Da musste man schon schlucken“, erinnert sich Ralf Maibaum, seit 14 Jahren Technischer Direktor des Hauses, an den Moment, in dem klar war, dass der Vorhang zum vorerst letzten Mal gefal- len war. Nach einer ersten strikten Auszeit von zwei Wochen wurde, zumindest hinter den Kulissen, die Arbeit in den Kreativ- abteilungen wieder aufgenommen. „Und die Kolleginnen und Kollegen kamen mit den tollsten Ideen, wie wir uns in dieser schwierigen Lage nützlich machen könnten“, berichtet Maibaum. Man wollte die Kapazitäten des Theaters bestmöglich nutzen, um zu helfen. „Das ist eine Selbstverständlichkeit für uns“, ergänzt Ursula Schelhaas, Pressesprecherin des Theaters. „Auch als Thea- ter haben wir einen gesellschaftlichen Auftrag, eine Verantwor- tung und wollen, wenn wir anderweitig verhindert sind, uns trotzdem im Sinne des Allgemeinwohls einbringen.“ Und so nähte die Kostümschneiderei fortan Mund- und Nasen- schutzbedeckungen statt Haute Couture für die Bühne, entweder im Homeoffice oder in der Theaterwerkstatt. „Die selbst genähten Behelfsschutze sind natürlich nicht genormt und kein medizini- sches Produkt. Aber sie können helfen, die Verteilung von Tröpf- © privat © Städtisches Theater Aachen 15 > dbb magazin | Mai 2020

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