dbb magazin 5/2020

europa bestehende völlige Auslastung der Ausbildungsorganisation zulasten der Einsatzdienststel- len wird die Frage nach künf­ tigen Kapazitäten für die Fort- bildung inländischer Kräfte verstärkt aufwerfen. Dass sich dadurch bestehende Probleme ausweiten werden, erklärt sich von selbst. Dieses Themenfeld allein wird Gewerkschaften und Personalräte im Inland zur Ge- nüge beschäftigen. Ein weiterer Aspekt ist das Einsatzspektrum der Agentur. Bemerkenswert ist zum Bei- spiel die Anzahl von fast 600 Flügen mit Flugzeugen (mit steigender Tendenz), die FRON- TEX nach eigenen Angaben im Jahr 2019 absolviert hat. Diese beinhalten zum Beispiel Grenz- überwachungsflüge sowie Flü- ge über demMittelmeer, die zum einen die operativen Kräf- te bei konkreten Einsätzen un- terstützen, zum anderem auch Aufklärungsflüge zum Zwecke einer Lagebilderstellung sind. Der Umfang und die „Robust- heit“ dieser Einsätze waren in der deutschen Grenzpolizei, die in ihrem Flugdienst lediglich über Hubschrauber verfügt, in der Form bislang nicht bekannt. So war beispielsweise am2. April 2020 in der Presse zu lesen, dass ein imMärz 2020 für FRONTEX über der griechischen Ägäis eingesetztes Aufklärungsflug- zeug mehrere Minuten von der Luftwaffe des NATO-Mitglied- staates Türkei verfolgt wurde. Dieses kleine Beispiel zeigt, dass die Gefahr für eine Polizei- organisation und ihre Angehö- rigen, unter Umständen in mi­ litärische Konfliktsituationen zu geraten, real ist. << Mitarbeiterbeteiligung erforderlich Der Überblick über die perso- nelle Lage und Probleme im operativen Bereich von FRON- TEX wirft für eine Berufsvertre- tung eine Menge Fragen auf. Ein Schwerpunkt des gewerk- schaftlichen Blickwinkels sollte auf dem an den EU-Außengren- zen eingesetzten Personal lie- gen. Viele Fragen, die im Inland durch den Beteiligungskatalog des Bundespersonalvertre- tungsgesetzes geregelt sind, wie zum Beispiel bei Einstellun- gen, Ver- und Umsetzungen, Ausstattung, Arbeitszeit, Ar- beitsschutz, Sozialeinrichtun- gen, die Unterbringung, Beur- teilungswesen, Teilnahme an Prüfungen und so fort unterlie- gen zurzeit allein der Verant- wortung der FRONTEX-Agentur und werden durch Personalräte nicht begleitet. Eine Mitarbei- tervertretung, die Rechte von Beschäftigten wahrnehmen könnte, existiert auf dieser Ebene nicht. Die Tatsache, dass das Fehlen einer echten parla- mentarischen Kontrolle eine personalrätliche Vertretung umso unentbehrlicher macht, braucht aufgrund der fachkun- digen Leserschaft nicht näher erläutert zu werden. Das Be- dürfnis nach einer starken Stim- me für die eingesetzten Kolle- ginnen und Kollegen wird lauter. Eine solche Internationalisie- rung von Aufgaben lässt beste- hende Gewerkschaften und Berufsvertretungsdachverbän- de schnell an ihre nationalen Grenzen stoßen. Hierbei ist aber nicht nur wichtig, dass die eingesetzten Kolleginnen und Kollegen kompetente, an die Hierarchie angelehnte An- sprechpartner haben. Im Um- kehrschluss ist es aber auch wichtig, dass europäische Ins­ titutionen konkrete, manda- tierte und gut strukturierte Ansprechpartner haben, die befugt sind, für das für FRON- TEX arbeitende Personal zu sprechen, sei es in der Zentrale in Warschau, auf Schiffen im Mittelmeer, an den EU-Außen- grenzen oder gar im Nicht-EU- Ausland. Um das zu schaffen, ist eine Vertiefung eines inter- nationalen Dialogs von Polizei- gewerkschaften auf europäi- schen Ebene dringend geboten. Bestehende Strukturen sind zu nutzen und auszubauen, soll- ten sie nicht vorhanden sein, sind sie dringend und schnell zu schaffen. Diese gewaltige Aufgabe ist kein Thema für übermorgen, sondern sollte zeitnah angegan- gen werden. Institutionen wie die DPolG, der dbb beamten- bund und tarifunion, die EPU, aber auch die CESI sind hierfür gute Ansprechpartner. Christian Notzon << Der Autor ... ... ist Referent für Europäi- sche Polizeiangelegenheiten bei der DPolG Bundespolizei­ gewerkschaft. 26 dbb > dbb magazin | Mai 2020

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