dbb magazin 6/2020
frauen Equal-Care-Day-Manifest Jede Sorgearbeit ist systemrelevant! Mit dem Equal-Care-Day-Manifest fordert eine breite zivilgesellschaftliche Initiative die Aufwer tung beruflicher und familiärer Sorgearbeit. Die dbb bundesfrauenvertretung unterstützt den bundesweiten Aufruf. Sie gehört zu den ersten Unterzeichnerinnen des Manifestes. „Die Folgen der COVID-19-Pan demie führen uns schmerzlich vor Augen, wie wertvoll bezahl te und unbezahlte Betreuungs- und Pflegedienstleistungen sind. Bricht diese Unterstüt zung weg, besteht die Gefahr, dass unsere Gesellschaft samt ihrer Wirtschaft am Konflikt zwischen Beruf und Privatem zerreißt. Sorgearbeit ist immer systemrelevant: Egal, ob sie pri vat oder beruflich ausgeführt wird. Das müssen Politik und Wirtschaft endlich anerkennen und für strukturelle und finan zielle Lösungen sorgen. Ziel muss es sein, einen zukunftsfä higen Gesellschaftsvertrag zu entwickeln, damit private und professionelle Sorgetätigkeiten weder bei Männern noch bei Frauen finanzielle oder soziale Nachteile nach sich ziehen. Das Equal-Care-Day-Manifest zeigt jetzt einen ergebnisorientier ten Fahrplan auf“, erklärte He lene Wildfeuer, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, anlässlich der Veröffentlichung des Equal-Care-Day-Manifestes am 19. Mai 2020. Das Equal-Care-Day-Manifest fordert die Entwicklung einer zusammenhängenden Strate gie, die sowohl zur höheren Wertschätzung unbezahlter Sorgearbeit als auch zur Neu bewertung und finanziellen Aufwertung von Care-Berufen (SAHGE-Berufen) beiträgt. Als notwendige Maßnahmen be nannt werden darüber hinaus die Einführung einer finanziell abgesicherten Familienarbeits zeit und von flexiblen Zeitbud gets bei geleisteter Care-Arbeit für Kinder, kranke und hilfe bedürftige Angehörige. Diese sollen mit einer echten Ent geltleistung, etwa einem Sor gegeld, gekoppelt werden, das der Höhe des Elterngeldes ent spricht. Hinzu kommen sollten die konsequente Durchsetzung bestehender Gesetze und Leit linien auf Landes- und Bundes ebene, die Unterstützung und Forderung einer gleichberech tigten Arbeitsteilung in Famili en und Verantwortungsgemein schaften durch alternative Erwerbsmodelle sowie die Ab kehr vom Primat der informel len Pflege und die Schaffung besserer Arbeitsbedingungen in allen Care-Berufen. Die gemeinsame Erklärung für eine geschlechtergerechte Verteilung von Care-Arbeit entstand im Rahmen der „Equal Care Day“-Konferenz am 29. Februar 2020 in Bonn, an der Milanie Hengst für die dbb bundesfrauenvertretung teilgenommen hatte. Diese wurde von der unabhängigen zivilgesellschaftlichen „Equal Care Day“-Initiative organi siert. Mit demManifest sollen von Care-Arbeit profitierende Unternehmen, professionell Pflegende wie auch Eltern und pflegende Angehörige ebenso erreicht werden wie Vertre ter(innen) aus Politik, staat lichen Institutionen und Ver bänden. Das Manifest, das bisher unter anderem von ver schiedenen Frauenverbänden, Gleichstellungsbeauftragten, Forschungseinrichtungen, Ge werkschaften, Bildungsinsti tuten und kirchlichen Organi sationen unterzeichnet wurde, kann online abgerufen und mitgezeichnet werden: manifest.equalcareday.de. der dbb bundesfrauenvertre tung. Insbesondere für Allein erziehende sei eine finanzielle Unterstützung mit Perspektive dringend notwendig. Denn be reits vor der Krise waren vor allem alleinerziehende Mütter am stärksten von Armut be droht. Eine Aussicht auf Lohn fortzahlung bei fehlender Kin derbetreuung ist aus Sicht Wildfeuers erforderlich. << Ausgleich für Betreu ungskrise schaffen Bislang erhalten Eltern, wenn sie wegen der Kita- und Schul schließung ihre Kinder betreuen müssen, aktuell nach dem In fektionsschutzgesetz einen Aus gleich in Höhe von 67 Prozent ihrer Vergütung, längstens zehn Wochen. Hier drängt der dbb auf Nachbesserungen: „Die Ver längerung von sechs auf zehn Wochen ist leider nur ein Trost pflaster für die Eltern“, sagte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach am 20. Mai 2020. „Zehn Wochen pro Elternteil be ziehungsweise 20 Wochen für Alleinerziehende schaffen wie der nur kurzfristig etwas Linde rung. Gerade in der derzeit ge nerell großen Unsicherheit wäre ein verlässliche Perspektive für die Familien wichtig gewesen.“ Neben der zeitlichen Begren zung kritisiert der dbb auch die Höhe der finanziellen Unter stützung. „Die Erstattung des Verdienstausfalles darf nicht bei 67 Prozent stehen bleiben, sondern sollte merklich ange hoben werden“, betonte Sil berbach. Darüber hinaus warnte Wild feuer vor einem Rückschritt bei der Gleichstellung. „Gerade in Familien mit Kindern bis drei Jahren arbeiten die Mütter bereits jetzt schon zu knapp 90 Prozent in Teilzeit. Die Poli tik darf jetzt nicht tatenlos zu sehen, wie Mütter beruflich noch weiter zurückstecken, um den fehlenden Schulalltag und die Kitabetreuung abzu fangen“, so die Vorsitzende der dbb bundesfrauenver tretung. bas << Webtipp Ausführliche Informationen zu bestehenden Regelungen für die Kinderbetreuung durch Beschäftigte im öffent lichen Dienst sowie COVID- 19-Ausnahmeregelungen hält der dbb auf den Sonderseiten zur Corona-Krise bereit. https://bit.ly/2z6YCat 25 dbb > dbb magazin | Juni 2020
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==