dbb magazin 7-8/2020

frauen Nach mehr als zwei Jahrzenten wechselt der Vorsitz der dbb bundesfrauenvertretung. Helene Wild- feuer übergibt den Staffelstab an Milanie Hengst. Im Interview mit Helene Wildfeuer spüren wir dem Geheimnis erfolgreicher Frauenpolitik im dbb nach und sprechen mit Milanie Hengst über ihre persönliche Motivation, sich für Gleichstellung im öffentlichen Dienst starkzumachen. Helene Wildfeuer, als Sie 1998, vor 22 Jahren, bei der dbb bun- desfrauenvertretung als Vor­ sitzende antraten, was war damals los? Ich erinnere mich an meine ers- te Bundeshauptvorstandssit- zung. Ulrike Holzmüller wurde als meine Vorgängerin verab- schiedet. Ich habe mich zu Wort gemeldet, habe ihr für ihren Einsatz gedankt und mich etwa drei Minuten als „die Neue“ mit meinen Themen vorgestellt. Daraufhin nahmmich eine Kol- legin beiseite. Sie wolle mir nur sagen, dass ihre Kollegen es kri- tisiert hätten, dass ich zu lange gesprochen hätte. So viel zum Stimmungsbild. Was soll ich sagen, der dbb war sehr männ- lich geprägt. Frauen gab es nur vereinzelt. Frauenpolitische Themen fanden schlichtweg nicht statt. Was haben Sie dagegen unternommen? Wir haben die dbb bundesfrau- envertretung mit einer eigenen Satzung und einer gegenderten Satzung des dbb auf ein trag­ fähiges organisatorisches Fun- dament gestellt, mit Sitz und Stimme in allen Gremien des dbb. Außerdem gelang es uns 2007, das Eine-Frau-reicht-Prin- zip in der dbb Bundesleitung zu durchbrechen. Seither sind zwei Frauen, aktuell Astrid Hollmann und Kirsten Lühmann, dort ver- treten. Beide stammen aus der dbb bundesfrauenvertretung. Wir wollten Frauen im dbb sichtbar machen und frauen­ politische Themen setzen. Aus dieser Motivation heraus war 2001 auch die jährliche Frauen- politische Fachtagung entstan- den. Doch das Brett der paritä- tisch besetzten Bundesleitung ist wie auch in der Politik und in den Vorständen eines der här- testen und noch nicht gänzlich durchbohrt. Wie stand es Ende der 1990er- Jahre um die Situation der Frauen im öffentlichen Dienst? Damals drehte sich alles um das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber immer nur bezogen auf die Frauen. Die gesetzlichen Werkzeuge, die zur Verfügung standen, waren Mutterschutz, Erzie- hungsgeld, Erziehungsurlaub und Beurlaubung aus familien- politischen Gründen. Diese Beurlaubung war zeitlich be- grenzt und natürlich ohne Bezüge. Zusätzlich gab es die Teilzeitbeschäftigung aus fa- milienpolitischen Gründen, ebenfalls zeitlich begrenzt und lange Zeit nur mit festen Arbeitszeitanteilen von 50, 66 und 75 Prozent. Das barg natürlich großes Diskriminie- rungspotenzial. Können Sie das konkretisieren … Teilzeit war das Vereinbarkeits- werkzeug der Stunde. Aber wer es nutzte, zahlte einen hohen Preis: Die Beförderungswarte- zeiten verlängerten sich antei- lig der reduzierten Arbeitszeit: Wer seine Arbeitszeit auf 50 Prozent reduzierte, musste doppelt solange auf eine Be­ förderung warten wie Vollzeit- kräfte. Das war natürlich in­ diskutabel. Dagegen sind wir erfolgreich vorgegangen. Diese Praxis wurde daraufhin vom EuGH als indirekte Diskriminie- rung bewertet und schließlich abgeschafft. Man muss wissen: Führungspositionen wurden damals nur mit Vollzeitbe- schäftigten besetzt. Statistiken beweisen, dass auch heute noch Teilzeitkräfte schlechter beurteilt und damit später be- fördert werden – also eine in­ direkte Diskriminierung von Frauen vorliegt. Das Beurtei- lungssystem von damals hat sich kaum geändert und ist in seiner Wirkung aus mehreren Gründen diskriminierungsan- fällig. Deshalb haben wir 2015 das Projekt „Karriere ohne Hin- dernis“ gestartet. Wie setzt man Frauenrechte erfolgreich durch? Das ist eine ganz entscheidende Frage. Ich habe gelernt, dass recht haben und recht bekom- men zweierlei Dinge sind. Wenn ich Gleichstellungs- oder Frauen­ Frauenpolitik im dbb Auf neuen Wegen © JS-Imaging (3) 32 > dbb magazin | Juli/August 2020

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