dbb magazin 12/2020

vorgestellt 70 Jahre Bundesamt für Verfassungsschutz Gefahrenabwehr für die Demokratie Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren die Gründungsmütter und -väter der Bundesrepublik entschlossen, niemals wieder eine Diktatur zuzulassen, und ent­ schieden sich für die Etablierung einer „streitbaren (wehrhaften) Demokratie“. Heute sorgt das Bundesamt für Verfas­ sungsschutz in einer immer komplexer werdenden Welt dafür, Bedrohungen für das demokratische Gemeinwesen frühzei­ tig zu erkennen, und trägt dazu bei, das friedliche Zusammenleben aller Menschen in der Bundesrepublik zu sichern. Die Konzeption der streitbaren Demokratie unterscheidet sich von der wertneutralen Weima­ rer Demokratie durch die drei wesentlichen Merkmale Wert­ gebundenheit, Abwehrbereit­ schaft und die Vorverlagerung des aktiven Schutzes der Ver­ fassung. Der demokratische Verfassungsstaat bekennt sich zu Werten, denen er eine be­ sondere Bedeutung beimisst und die er nicht zur Disposition gestellt wissen will. Der Staat ist gewillt, diese wichtigsten Werte auch gegenüber extre­ mistischen Positionen im Inne­ ren des Gemeinwesens zu ver­ teidigen, und der Staat behält sich vor, nicht erst dann zu re­ agieren, wenn Extremisten konkret gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen, sondern bereits im Vorfeld der eigentlichen Strafbarkeit. Auf dieser Basis wurde im September 1950 das „Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfas­ sungsschutzes“ verkündet. Es erlaubte Bund und Ländern, jeweils eigene Verfassungs­ schutzbehörden aufzubauen. Der Bund kam dieser Pflicht durch Errichtung des Bundes­ amtes für Verfassungsschutz (BfV) am 7. November 1950 nach. Die Länder folgten die­ sem Vorbild: Einige von ihnen errichteten eigenständige Be­ hörden, andere wiesen die Auf­ gabe des nachrichtendienst­ lichen Verfassungsschutzes einer Abteilung ihres jeweili­ gen Innenministeriums zu. << Agieren … Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden auch in den neuen Bundesländern Landesbehörden für Verfas­ sungsschutz (LfV) etabliert. Schutzobjekte des Verfas­ sungsschutzes waren von Beginn an insbesondere die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesre­ publik Deutschland sowie der Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines einzelnen Landes. Unter „freiheitliche de­ mokratische Grundordnung“ ist nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsge­ richts zum Verbot der „Sozia­ listischen Reichspartei“ von 1952 und der „Kommunisti­ schen Partei Deutschlands“ von 1956 allerdings nicht die gesamte Verfassung zu verste­ hen, sondern lediglich deren als besonders schützenswert erachtete oberste Wertprinzi­ pien. Im Jahr 2017 hat das Bun­ desverfassungsgericht hierzu weitere Konkretisierungen vor­ genommen und nunmehr die Menschenwürde, das Demo­ kratie- sowie das Rechtsstaats­ prinzip als Leitbegriffe der frei­ heitlichen demokratischen Grundordnung prominent hervorgehoben. << Parlamentarische und öffentliche Kontrolle Die Aufsicht über das BfV findet sowohl durch die eigentliche Aufsichtsbehörde, das Bundesmi­ nisterium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), als auch durch den Deutschen Bundestag statt. Zusätzlich zur allgemeinen parlamentarischen Kontrolle ist dort ein Kontrollgremium eingerich­ tet, das von der Bundesregierung regelmäßig und umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Nachrichtendienste und über Vorgänge von be­ sonderer Bedeutung unterrichtet wird. Beschrän­ kungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheim­ nisses nach Maßgabe des Art. 10 GG werden durch die von diesem Parlamentarischen Kon­ trollgremium bestellte unabhängige G10-Kom­ mission auf ihre Zulässigkeit und Notwendigkeit überprüft. Maßnahmen des BfV, die nach Dar­ stellung der Betroffenen diese in ihren Rechten beeinträchtigen, unterliegen der gerichtlichen Nachprüfung. Hinzu tritt die öffentliche Kontrolle durch die Medien sowie Bürgerinnen und Bürger. Das BfV ist zum Beispiel gesetzlich verpflichtet, Betroffe­ nen auf Antrag unentgeltlich Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten zu erteilen, so weit auf einen konkreten Sachverhalt hinge­ wiesen und ein besonderes Interesse an der Aus­ kunft dargelegt wird. Die Auskunft unterbleibt nur dann, wenn einer der in § 15 Abs. 2 BVerf­ SchG bezeichneten Auskunftsverweigerungs­ gründe vorliegt. << Das BfV verfügt über einen Dienstsitz in Köln . © Bundesamt für Verfassungsschutz (2) 32 dbb > dbb magazin | Dezember 2020

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