dbb magazin 12/2020

urteil des monats Fristlose Kündigung wegen sexueller Belästigung Eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist gerechtfertigt, wenn eine nachgewiesene sexu­ elle Belästigung am Arbeitsplatz vorliegt. Das hat das Landesarbeitsgericht Köln mit einem Urteil vom 19. Juni 2020 (Az.: 4 Sa 644/19) entschieden. Der Kläger war seit 16 Jahren bei der Beklagten in der Produk­ tion als Maschinenführer be­ schäftigt. ImNovember 2018 fasste der Kläger der Zeugin Z mit der Hand in ihren Schritt, griff sich anschließend selbst in den Schritt und rief dabei: „Oh, da tut sich ja was!“ Später wandte sich die Zeugin an eine Mitarbeiterin. Beide informier­ ten die Personalleiterin des Be­ triebes und brachten den Vor­ fall zunächst betriebsintern zur Anzeige. Der Kläger stritt sämt­ liche Vorwürfe der sexuellen Belästigung ab. Die Beklagte hörte den Betriebsrat zu der be­ absichtigten Kündigung des Klä­ gers an und stimmte der außer­ ordentlichen Kündigung zu, die dem Kläger noch am selben Tag persönlich übergeben wurde. Die Zeugin Z erstattete sodann imMärz 2019 Strafanzeige ge­ gen den Kläger wegen sexueller Belästigung. Der Kläger wurde zu einer Geldstrafe von 60 Ta­ gessätzen verurteilt und reichte Klage gegen die Kündigung ein. Der Jobverlust würde ihn wegen Unterhaltsverpflichtungen in Armut stürzen. Außerdem habe er Kolleginnen nur Kuchen oder Cola angeboten, sie aber nie körperlich berührt oder be­ drängt. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, der Kläger legte Berufung ein. Das Landesar­ beitsgericht Köln hatte keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanz­ lichen Feststellungen und wies die Berufung zurück. Ein Arbeitsverhältnis kann aus wichtigem Grund ohne Einhal­ tung einer Kündigungsfrist ge­ kündigt werden, wenn Tatsa­ chen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden, unter Be­ rücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwä­ gung der Interessen beider Ver­ tragsparteien, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, selbst bis zum Ablauf der Kündi­ gungsfrist, nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund sind erhebliche Pflicht­ verletzungen und der damit verbundene Vertrauensbruch. Der sexuell motivierte Über­ griff des Klägers stellt eindeutig einen solch wichtigen Grund dar. Daran ändere auch die ver­ zögerte Strafanzeige der Zeu­ gin nichts. Ebenso sieht das Ge­ richt aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung eine vorheri­ ge Abmahnung als entbehrlich an. Denn für den Kläger war er­ kennbar, dass die Arbeitgeberin ein derartiges Verhalten nicht tolerieren konnte. Die Revision wurde nicht zugelassen. Urteil des Monats 39 dbb > dbb magazin | Dezember 2020

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