dbb magazin 1-2/2021

dbb Jahrestagung dbb Jahrestagung 2021 Leider fehle bislang eine schlüssige, zwischen Bund und Ländern koordinierte Digitalstrategie für die Ver­ waltung: „Wir fordern einen Digitalpakt Verwaltung, der nicht nur auf die Umsetzung bisher kaum vorhandener Online-Dienstleistungen fo­ kussiert ist, sondern der für digitale Souveränität in den Verwaltungen sorgt und die Beschäftigten durch konse­ quente Fort- und Weiterbil­ dung befähigt, die Digitali­ sierung der Verwaltung zu stemmen“, machte Silberbach klar. Viel zu lange hätten Kom­ petenzgerangel zwischen den Gebietskörperschaften und politisches Klein-Klein flä­ chendeckende Innovationen behindert. „Es reicht nicht, den politischen Fokus allein auf die Umsetzung des On­ linezugangsgesetzes zu legen. Ebenso wichtig ist die Digita­ lisierung der internen Ver­ fahren und Arbeitsweisen. Außerdem brauchen wir In­ vestitionen im dreistelligen Milliardenbereich in die IT und das Personal, die Beseitigung der digitalen Kluft zwischen Bund, Ländern und Kommu­ nen sowie Digitalisierungs­ tarifverhandlungen mit allen Gebietskörperschaften.“ < Seehofer: verlässlich auch in der Pandemie Horst Seehofer, Bundesminis­ ter des Innern, für Bau und Hei­ mat, betonte in seinem Impuls­ vortrag die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Auch während der Pandemie sei auf den öffentlichen Dienst Verlass gewesen. Deutschland sei im Vergleich zu vielen anderen Ländern trotz zuletzt angestie­ gener Infektionszahlen verhält­ nismäßig gut durch die Krise gekommen. Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen sei es gelungen, trotz der pan­ demiebedingten Einschränkun­ gen arbeitsfähig zu bleiben. „Der Grund hierfür ist die hohe Einsatzbereitschaft der Verwal­ tungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Der öffentliche Dienst ist das Rückgrat unse- res Staates. Er ist nicht nur leistungs-, sondern hochleis­ tungsfähig!“, machte der Bun­ desinnenminister deutlich. Ausdrücklich dankte Seehofer auch den Männern und Frauen in den systemrelevanten Beru­ fen. Die Beschäftigten seien bis an ihre Belastungsgrenze und darüber hinaus gegangen. Der Bundesinnenminister lob­ te das im vergangenen Jahr erzielte Tarifergebnis, das auf den Beamtenbereich übertra­ gen werden soll. Es sei verein­ bart worden, was möglich war, um der Wertschätzung der Beschäftigten des öffentli­ chen Dienstes gerecht zu wer­ den: „Dabei werden wir uns auch die jüngsten Beschlüsse des Bundesverfassungsge­ richts zur Alimentation genau ansehen.“ Eine klare Absage erteilte Seehofer hingegen der vom dbb geforderten Absen­ kung der Arbeitszeit für Bun­ desbeamte. Während viele Menschen um ihre berufliche Existenz rängen, sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für eine Diskussion über eine Arbeits­ zeitverkürzung. Mit Blick auf die bei der Deut­ schen Hochschule der Polizei in Auftrag gegebenen Studie stellte Seehofer klar, dass es mit ihm keine Studien geben werde, „die ganze Berufs­ gruppen unter Generalver­ dacht stellen“. Den Einsatz- und Sicherheitskräften, die sich während der Pandemie neben den ohnehin schon er­ heblichen Risiken ihrer Ein­ satztätigkeiten besonderen Infektionsrisiken ausgesetzt sehen, gebühre ein besonde­ rer Dank. Zum Thema Digitalisierung räumte Seehofer ein, dass die Pandemie verdeutlicht habe, wie stark die Handlungsfähig­ keit der Verwaltung auch von einer funktionierenden und flexiblen IT und den entspre­ chenden organisatorischen und personellen Rahmenbe­ dingungen abhängig sei. Bei der IT-Infrastruktur habe man bereits große Fortschritte er­ zielt, nun müssten diese noch stärker ausgebaut werden. Der unmittelbare Zugang der Bür­ gerinnen und Bürger zu digita­ len Dienstleistungen wachse ständig und die Ziele des On­ linezugangsgesetzes könnten bis Ende 2022 flächendeckend erreicht werden: „Das ist für einen föderalen Staat eine riesige Herausforderung: Wir sprechen über die Digitalisie­ rung von mehr als 500 Verwal­ tungsleistungen“, so der Bun­ desinnenminister. < Diskussion: Digitalisie- rungstempo erhöhen In der anschließenden Diskus­ sion erörterten Silberbach und Seehofer, wie die Pandemie die Welt durcheinandergewirbelt und das Leben aller Menschen verändert hat. Die öffentliche Verwaltung mit ihren vielen engagierten Beschäftigten sei auch in der Pandemie ein zuverlässiger Anker für die Ge­ sellschaft, obwohl sie seit 2020 im Dauerkrisenmodus laufe, so die grundlegende Erkenntnis. Allerdings habe die Krise auch wie ein Brennglas Missstände im Verwaltungsgeschehen sichtbar gemacht, zum Beispiel die Versäumnisse bei der Digi­ talisierung. „Der Bund leistet viel für die Digitalisierung der Verwal­ tungsdienstleistungen. Aber wenn wir alle politischen Ebe­ nen betrachten, sind wir noch lange nicht auf der Erfolgsspur. Im europäischen Vergleich ist Deutschland im hinteren Drit­ tel. Insbesondere die kommu­ nale Ebene ist weit abgekop­ pelt. Die Länder müssen jetzt Geld in die Hand nehmen und < Die Fernsehjournalistin Anke Plättner moderierte die Tagung. 10 dbb > dbb magazin | Januar/Februar 2021

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