dbb magazin 1-2/2021

2021 dbb Jahrestagung 2021 die Kommunen unterstützen“, sagte dbb Chef Silberbach beim politischen Schlagabtausch. Seehofer unterstrich, dass die Digitalisierung von Dienst­ leistungen des Bundes bereits eine hohe Dynamik entwickelt habe. Vom entstandenen Digi­ talisierungsdruck, der unter anderemmit finanzieller Un­ terstützung des Bundes kanali­ siert werde, sollen in der Folge auch Länder und Kommunen profitieren und Dienstleistun­ gen schneller digitalisieren. Da­ bei könne nur der Föderalismus garantieren, dass die Maßnah­ men auch treffsicher seien. „Und der Föderalismus spricht dabei nicht gegen Einheitlich­ keit, sondern sorgt mit seinen Pro- und Kontraprozessen für Qualität in der Umsetzung“, zeigte sich Seehofer überzeugt. Silberbach warnte vor einem Flickenteppich bei der Umset­ zung des Onlinezugangsgeset­ zes. „Wir brauchen ein einheit­ liches Vorgehen. Mein Appell an alle Gebietskörperschaften: Einer macht die Blaupause für die digitale Dienstleistung und die anderen übernehmen das Modell – ohne Sonderanpas­ sungen.“ < Vortrag: öffentlicher Dienst und Verfassung Welche Rolle der öffentliche Dienst in unserer Verfassungs­ ordnung spielt, beleuchtete Udo Di Fabio in seinem Fach­ vortrag. Der ehemalige Bun­ desverfassungsrichter nahm insbesondere die Herausforde­ rungen für die Verwaltung als Teil der staatlichen Gewalten­ teilung in den Blick. Als tragender Pfeiler unserer Gesellschaft, der die staatliche Gewalt ausübt, sei der öffent­ liche Dienst Gegenspieler und Servicepartner, weil er sowohl für die Einschränkung grund­ rechtlicher bürgerlicher Freihei­ ten als auch die Gewährung staatlicher Leistungsansprüche zuständig ist. Als strukturellen Garanten für das Funktionieren der öffentlichen Verwaltung nannte Di Fabio den Fortbe­ stand des Berufsbeamtentums: Viele hätten schon gedacht, die Zeit des Berufsbeamtentums sei vergangen und Art. 35, Abs. 5 des Grundgesetzes werde irgendwann gestrichen: „Doch das Bundesverfassungs­ gericht hat deutlich gemacht, dass die Vorschrift nicht nur weiter gültig ist, sondern dass dahinter auch ein hochaktueller sowohl rechtsstaatlicher wie auch demokratischer Kern­ gedanke steht, der gerade in volatilen Zeiten nicht verloren gehen sollte.“ Zumal die her­ gebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums – unge­ achtet der Strukturunterschie­ de – auch für andere Gruppen in der Verwaltung von Bedeu­ tung seien. Qualitative Verbesserungen mahnte Di Fabio für die Perso­ nalsituation an: „Die alternde Gesellschaft ist nicht nur ein Problem im Hinblick auf den Nachwuchs im öffentlichen Dienst, sondern sie bewirkt auch eine Zunahme von Auf­ gaben und eine Bedeutungs­ zunahme öffentlicher Dienst­ leistungen.“ Der öffentliche Dienst werde nur dann in guter Verfassung bleiben, wenn es gelinge, junge Menschen zu gewinnen und langfristig zu motivieren. „Das bedeutet in einer Gesellschaft, die her­ kömmliche Rollenbilder auf­ gegeben oder verändert hat, dass auch der öffentliche Dienst dem nicht nur zeit­ verzögert irgendwie folgt, sondern proaktiv gestaltet.“ Di Fabio nahm auch Defizite des öffentlichen Dienstes ins Visier. Manchmal liege die Ursache bei Fehlern der Ver­ waltungsführung, die poli­ tisch in Angriff genommen werden müssten. Manchmal aber zeigen sich auch Sympto­ me einer strukturellen Über­ forderung, die aus einem zum Teil jahrzehntelang erfolgten Zuwachs von Aufgaben resul­ tierten. „Die demokratische Gesellschaft muss erkennen, dass das Ansehen des Rechts­ staates immer auch davon ab­ hängt, dass die öffentlichen Aufgaben, das Versprechen der inneren Sicherheit und die Infrastruktur der Daseins­ vorsorge auf der einen Seite immer in der Balance zu den personellen und sächlichen Mitteln auf der anderen Seite stehen muss.“ < Panel 1: Leitungsausbau beschleunigen Im Diskussionspanel „Was geht? – Verwaltung digital und krisenfest. Wie setzen wir die digitale Verwaltung jetzt schnell, effizient und beschäf­ tigtenfreundlich aufs Gleis?“ diskutierten der Zweite Vorsit­ zende des dbb, Friedhelm Schä­ fer, die Staatssekretärin in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz und Bevollmächtigte des Lan­ des Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa, Medien und Digitales, Heike Raab, und der Staatssekretär im Bundesmi­ nisterium des Innern, Dr. Mar­ kus Richter. Aus der Sicht von Heike Raab hat die Verwaltung in Rhein­ land-Pfalz in den vergangenen zehn Monaten einen gewalti­ gen Digitalisierungsschub er­ lebt. Dank der Einführung der E-Akte in Rheinland-Pfalz habe die Anzahl der Heimarbeits­ plätze in der Verwaltung von 5000 auf 30000 ausgeweitet und die Leitungskapazitäten entsprechend erweitert wer­ den können. „Sogar eine Mi­ nisterpräsidentenkonferenz kann jetzt digital stattfinden“, unterstrich Raab, „wir werden nicht in den analogen Sit­ zungsmodus zurückfallen.“ Bei der Ausgestaltung des mobilen Arbeitens in der Lan­ desverwaltung setzt Rhein­ land-Pfalz auf einen Evaluie­ rungsprozess, in den auch die Betriebs- und Personalräte einbezogen sind. Wichtig sei zudem entsprechende Fort­ ildung auf allen Ebenen. „Das muss von Anfang an in < Udo Di Fabio 11 dbb > dbb magazin | Januar/Februar 2021

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==