dbb magazin 1-2/2021
findet, ist deren gerechte Ver teilung und eine diskriminie rungsfreie Durchsetzung der Auflagen unverzichtbar.“ Besonders die Herausforde rung der Corona-Pandemie zei ge, wie sehr die Mitgliedstaa ten und ihre Bürgerinnen und Bürger reaktions- und leis tungsfähige, finanziell gut aus gestattete und moderne, also auch digital funktionierende öffentliche Dienstleistungen benötigen. „Regierungen brau chen einen Vertrauensvor schuss der Gesellschaft für schnelles Handeln in der Krise, wobei sie sich auf einen effizi enten öffentlichen Dienst stüt zen können müssen.“ Der öf fentliche Dienst bedürfe als administrativer Teil der vollzie henden Gewalt selbst des Ver trauens, um Entscheidungen effektiv umsetzen zu können. Im Zusammenhang der Pande miemaßnahmen verweist der EWSA auf die zu Friedenszeiten präzedenzlosen Beschränkun gen der Grundrechte. Diese dürften nur befristet erfolgen und bedürften der regelmäßi gen Kontrolle durch die gewähl ten Parlamente. Die öffentli chen Dienste seien zudem auf klare Regierungsentscheidun gen sowie auf Rechtsklarheit und -sicherheit angewiesen. Nicht zuletzt die Pandemie zei ge, dass öffentliche Dienste über genügend fachlich ge schulte und kompetente Be rücksichtigen. Hintergrund ist die kritische Lage der Ver fassungswirklichkeit in einer ganzen Reihe von EU-Mitglied staaten. Der EWSA plädiert für einen wirksamen europäischen Rechtsrahmen, der auch in Bezug auf die öffentliche Ver waltung die uneingeschränkte Achtung der „Kopenhagener Kriterien“ zum Schutz von De mokratie und Rechtsstaatlich keit gewährleistet, die seit 1993 für alle Mitgliedstaaten die Voraussetzung für den EU- Beitritt bilden. Dieser Rahmen sollte, so heißt es ausdrücklich in der Stellungnahme, die Mög lichkeit von Sanktionen gegen Mitgliedstaaten vorsehen. Die Gesetzesbindung allen Verwaltungshandelns ist essenziell, Gesetze und Wei sungen dürfen der verfas sungsmäßigen Ordnung bezie hungsweise den europäischen Werten jedoch nicht wider sprechen. So gibt es in der EU leider Hinweise darauf, dass in einzelnen Mitgliedstaaten bei spielsweise Finanzbehörden gezielt Vereine durchleuchten, die als regierungskritisch gel ten. In Ungarn wurde die Poli zei zumindest vorübergehend und unter dem Vorwand des pandemiebedingten Ausnah mezustands per Dekret er mächtigt, gegen Kritiker der Regierungspolitik zu ermitteln. Um die Neutralität der Ver waltung zu gewährleisten, müssen Beschäftigte der öf fentlichen Dienste in ihrem Beschäftigtenstatus rechtlich so geschützt und gesichert sein, dass sie unrechtmäßigen Dienstanweisungen die Folge verweigern und in geeigneter Weise Beschwerde einlegen können. „Dies trägt zum rei bungslosen Funktionieren der öffentlichen Dienste bei und ist ein Garant für die Demokra tie sowie für die Verteidigung des allgemeinen Interesses ge gen Korruption, Betrug oder Missbrauch.“ cm schäftigte, Ressourcen und Reserven verfügen müssen. Der grundlegende Charakter von Gemeinwohlaufgaben rechtfertige eine angemes- sene Bezahlung. „In vielen EU-Staaten bestehen demo grafische Probleme, denen in soweit Rechnung zu tragen ist, als der öffentliche Dienst im ‚Wettbewerb um die besten Köpfe‘ auch finanziell attraktiv bleiben oder werden muss.“ < Weniger ist nicht mehr Die Stellungnahme betont, dass die öffentliche Verwal tung als automatischer Stabili sator in Krisen dient, wenn sie auf allen staatlichen Ebenen personell, fachlich, sachlich und finanziell so ausgestattet ist, dass sie die ihr übertrage nen Aufgaben erfüllen kann. „Um ihr gutes Funktionieren auch in krisenbedingten Aus nahmezuständen zu sichern, bedarf die Ausstattung in allen genannten Dimensionen ent sprechender Reserven.“ Ausdrücklich betont wird die Zuständigkeit der Mitglied staaten für die Organisation und Finanzierung ihrer öffent lichen Dienste. Auch die Ent scheidung, welche Dienstleis tungen öffentlich-rechtlich und welche privat erbracht werden, obliegt den Mitgliedstaaten. Diese sollten sich jedoch, so der EWSA, bei ihrer Entschei dung vergewissern, dass der Ausfall privatwirtschaftlicher und staatlicher Leistungser bringer in Krisenzeiten keine Gefahr für die öffentliche Si cherheit oder die Versorgungs sicherheit bedeutet. < Gemeinsame Garantien und Grundsätze Gute Verwaltung, wie sie die Europäische Charta der Grund rechte garantiert, schützt die politische Verfasstheit der Mit gliedstaaten auch in Krisenzei ten: „Wenn alle öffentlichen Dienste die Prinzipien der Ge setzmäßigkeit der Verwaltung, der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung konse quent befolgen und das Recht auf eine gute Verwaltung ver wirklichen, stärken sie das Ver trauen in Rechtsstaat und De mokratie und die Resilienz gegenüber populistischen Verheißungen.“ Besonders wichtig für das Ver trauen der Bürgerinnen und Bürger ist die Transparenz des Verwaltungshandelns. Für den EWSA steht fest: Transparente öffentliche Dienste leisten ei nen zentralen Beitrag beim Kampf gegen Korruption und damit für eine zuverlässige und kostengünstige Leistungs erbringung. Die nationalen öffentlichen Dienste liegen zwar in alleini ger Verantwortung der Mit gliedstaaten. Sie sind für die staatliche Identität wesent- lich. Die Stellungnahme spricht sich unbeschadet dessen für gemeinsame europäische Grundsätze und Garantien zum Schutz von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit aus, die auch die Verwaltung be Foto: Tashatuvango / Colourbox.de (2) europa 27 dbb > dbb magazin | Januar/Februar 2021
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