dbb magazin 3/2021

volksbegehren Direkte Demokratie auf Landesebene Mitbestimmung auch in Krisenzeiten Am 26. September 2021 finden neben der Bundestagswahl in Berlin auch die Wahlen für das Abge­ ordnetenhaus sowie die zwölf Bezirksverordnetenversammlungen statt. Darüber hinaus könnten die 2,8 Millionen Wahlberechtigten auch noch über mindestens ein Volksbegehren abstimmen. Das ist im Vorfeld eine große Herausforderung für die Berliner Innenverwaltung, vor allem hinsichtlich der unvorhersehbaren Entwicklung des Pandemiegeschehens. Derzeit läuft in Berlin das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“. Seit dem 26. Februar 2021 können die wahlberechtigten Berline­ rinnen und Berliner die Initiati­ ve für eine Vergesellschaftung von privaten Wohnungsunter­ nehmen mit mehr als 3000 Wohnungen unterschreiben. Der angestrebte Volksent­ scheid über einen Gesetzent­ wurf findet statt, wenn inner­ halb von vier Monaten etwa 170000 gültige Unterschriften zusammenkommen. Dieses Quorum ist nicht nur in der ak­ tuellen Pandemie eine große Hürde. „170000 handschriftli­ che Unterschriften zu sammeln, ist unter normalen Umständen schon eine Herkulesaufgabe. Das beste Hygienekonzept für die Sammlung von Unterschrif­ ten wäre, endlich die Online- Eintragung bei Volksbegehren zuzulassen“, sagt Oliver Wied­ mann, Landesvorstandsspre­ cher des Vereins „Mehr Demo­ kratie Berlin/Brandenburg“. Zwar hat das Berliner Abgeord­ netenhaus kürzlich das Landes­ wahlgesetz aufgrund der Coro­ na-Pandemie geändert, aber ohne die Regelungen für die Unterschriftensammlung von Volksbegehren zu erleichtern. Lediglich den Parteien ist es nun erlaubt, die Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl zum Berliner Abgeordneten­ haus auf hybriden Parteitagen digital aufzustellen. Das war bisher rechtlich nicht möglich. < Wahlgang unter allen Umständen Für den Wahltag laufen die Vorbereitungen in der Berliner Innenverwaltung bereits auf Hochtouren, denn auch für die Wahlbüros müssen Hygie­ nekonzepte vorliegen. „Die aktuelle Pandemielage hat erheblichen Einfluss auf die Durchführung und Verfah­ rensplanung des anstehenden Volksbegehrens und der mögli­ chen Abstimmung über einen Volksentscheid. Wie auch in allen anderen Bereichen der Berliner Verwaltung muss die jeweilige pandemiebedingte Situation hinsichtlich aller Ver­ fahrensaspekte berücksichtigt werden“, sagt ein Sprecher der Innenverwaltung. Durch die jüngsten Änderungen imWahl­ recht besteht zwar sogar mitt­ lerweile die Möglichkeit, das gesamte Abgeordnetenhaus per Briefwahl zu wählen. Das soll aber nur die allerletzte Lösung sein. < Direkte Demokratie auf Länderebene Das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ könnte nach erfolgreicher Sammelphase zum 25. Volks­ entscheid auf Länderebene seit 1945 führen. In allen Bundesländern gibt es die Möglichkeit, in einem Volks­ entscheid über einzelne Ge­ genstände der Landespolitik abzustimmen. Das Verfahren wird von den Bürgerinnen und Bürgern per Unterschriften­ sammlung eingeleitet und verläuft in drei Stufen. In der ersten Stufe wird ab einer be­ stimmten Anzahl von Unter­ schriften zunächst der „Antrag auf Volksbegehren“ auf Zuläs­ sigkeit geprüft. Unzulässig sind zum Beispiel Initiativen, die gegen das Kopplungsverbot verstoßen, indem sie verschie­ dene Themenbereiche behan­ deln. Mit einem Volksbegehren darf immer nur ein Gesetz ge­ ändert werden. In der zweiten Stufe – dem ei­ gentlichen „Volksbegehren“ – muss ebenfalls ein festgelegtes Quorum an Unterschriften von wahlberechtigten Personen © Leonhard Lenz 16 dbb > dbb magazin | März 2021

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