dbb magazin 4/2021
hintergrund Die Zahl der Personen im Ren tenalter erhöht sich der BBSR- Prognose zufolge bis 2040 bundesweit um 4,1 Millionen (plus 23 Prozent). Dementspre chend steigt ihr Anteil an der Bevölkerung auf 26,6 Prozent. 2017 hatte der Wert noch bei 21,4 Prozent gelegen. Beson ders starkes Wachstum ver zeichnen vor allem zahlreiche bayerische Kreise. Das liegt da ran, dass in diesen Regionen, die im Umland von Nürnberg oder München liegen, über durchschnittlich viele Men schen leben, die in den nächs ten Jahren das Rentenalter erreichen. In den neuen Län dern wächst der Anteil dage gen kaum noch oder sinkt sogar. Ursächlich ist hier der schon jetzt hohe Anteil älterer Bevölkerung. Die regional dif ferenzierte Prognose des BBSR trifft ihre Annahmen auf Basis langjähriger demografischer Entwicklungen. Dazu zählen unter anderem Außen- und Binnenwanderungen sowie die Geburten und Sterbefälle. Die Prognose geht davon aus, dass diese Trends in der Zu kunft stabil bleiben werden. Entsprechend kann sie plötz lich auftretende und nach haltig wirkende Krisen bezie hungsweise die Politik in der Zukunft nicht abbilden. Daher ist für den Leiter des BBSR, Dr. Markus Eltges, klar: „Unsere Bevölkerungsprogno se ist eine wichtige Informati onsgrundlage für eine Politik, die deutschlandweit gleich wertige Lebensverhältnisse fördert. Der Blick in die Zu kunft zeigt, dass die struktur schwachen Regionen vor gro ßen Herausforderungen stehen. Um diese zu bewälti gen, braucht es weiterhin eine aktive Strukturpolitik.“ < Gebündelte Förderung Mit breit aufgestellten Förder programmen für die Entwick lung der Infrastrukturen in ländlichen Räumen soll zum Beispiel die Industrie zu neuen Investitionen in der Fläche be wegt werden. Ebenfalls eine Schlüsselrolle spielt die Digita lisierung, die in manchen Win keln der Bundesrepublik immer noch nicht europäischen Stan dards entsrpciht, was zum Bei spiel die Anbindung an das schnelle Internet betrifft. Neben anderen Förderprojek ten hat die Bundesregierung die Strukturförderung im ge samtdeutschen Fördersystem gebündelt. Mit mehr als 20 För derprogrammen des Bundes, fünf Förderbereichen, Unter stützung für strukturschwache Regionen in ganz Deutschland und einem gemeinsamen Rah men ist es am 1. Januar 2020 gestartet und soll einen Beitrag zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse leisten und dabei die regionale Vielfalt bewahren. Konkret gefördert werden un ter anderem Investitionen, In novationen, Gründungen und Fachkräfteinitiativen, Breit bandausbau und digitale Ent wicklung, sowie städtebauliche Entwicklungen oder Projekte zur Stärkung des sozialen Zu sammenhalts. Die Förderung durch das gesamtdeutsche Fördersystem steht allen struk turschwachen Regionen in Deutschland offen, unabhän- gig davon, ob es sich um Ost oder West, Nord oder Süd, Stadt oder Land handelt. Bis lang auf Ostdeutschland be schränkte Förderprogramme werden auch in Reaktion auf die aktuellen Bevölkerungs trends für alle strukturschwa chen Regionen geöffnet. Bun desweite Programme sollen durch höhere Fördersätze für strukturschwache Regionen zur Strukturanpassung beitragen. Eine Maßnahme zur Stärkung strukturschwacher Regionen kann die Verlagerung von Be hörden und Institutionen in die Fläche sein. Während Bran denburg von entsprechenden Plänen mittlerweile teilweise abgerückt ist, forciert zum Bei spiel Bayern das Konzept – ob wohl Bayern nicht gerade zu den strukturschwachen Regio nen Deutschlands zählt. Über Sinn und Nutzen dieser Projek te liegen bislang kaum verläss liche Daten vor. Daher hat sich unter anderem das ifo Institut für Wirtschaftsforschung der Sache im Auftrag des Bundes angenommen, denn die ersten Entscheidungen zur Neuan siedlung und Ausgründung sei ner Behörden hat der Bund be reits getroffen. Hierzu zählen beispielsweise das Bundesamt für Auswärtige Angelegenhei ten in Brandenburg/Havel (AA), die Agentur für Innovati on in der Cybersicherheit in der Region Leipzig/Halle (BMVg/ BMI), die Agentur für Sprungin novationen in Leipzig (BMBF), eine Außenstelle der Bundes anstalt für Geo wissenschaften und Rohstoffe in Cottbus (BMWi), eine Außenstel le der Deutschen Rentenversi cherung Knappschaft-Bahn- See in Cottbus (BMAS) sowie eine Außenstelle des Bundes amtes für Wirtschaft und Aus fuhrkontrolle in Weißwasser/ Sachsen (BMWi). Im Programm „Region gestal ten“ soll untersucht werden, wie sich dieser Prozess unter stützen lässt und welche Er kenntnisse aus Fallstudien sich auf weitere Regionen übertra gen lassen. Eine Empfehlung der Kommission „Gleichwerti ge Lebensverhältnisse“ des Bundesministeriums des In nern, für Bau und Heimat (BMI) ist die Dezentralisierung von Bundesbehörden: Neuansied lungen und Ausgründungen sollen verstärkt in zentrale Orte des ländlichen Raumes wie Klein- und Mittelstädte er folgen, um die historisch ge wachsene, polyzentrische Sied lungs- und Wirtschaftsstruktur aufrechtzuerhalten und auszu bauen. Das gilt auch für Hoch schul- und Forschungseinrich tungen. Denselben Ansatz verfolgt das Strukturstärkungs gesetz für die Kohleregionen. Es liefert konkrete Vorschläge für Ausgründungen und Neu ansiedlungen von Behörden und Forschungseinrichtungen. In diesen Regionen sollen bis zum Jahr 2028 demnach bis zu 5000 Arbeitsplätze in Behör den des Bundes und sonstigen Bundeseinrichtungen erhalten oder neu eingerichtet werden (§ 18 Abs. 1). < Die Forschung läuft Das Studienteam des ifo Insti tuts unter der Leitung von Prof. Dr. Niklas Potrafke arbeitet Foto: Oleksandr/Colourbox.de 13 dbb > dbb magazin | April 2021
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