dbb magazin 4/2021
hintergrund unter anderem an einer Über sicht über wichtige öffentliche Institutionen in ländlichen Räumen und will die Ergebnis se im November 2021 vorstel len. Nach Möglichkeit erhebt es nicht nur die Standorte, sondern auch die Zahl der Be schäftigten. Dabei sollen die Standortregionen auch nach weiteren Merkmalen – zum Beispiel wirtschaftliche Struk turschwäche oder demografi sche Situation – ausgewertet werden. Exemplarisch ausge wählte Institutionen unter sucht das Studienteam näher. Insbesondere steht die Frage der Wohnstandorte der Be schäftigten im Vordergrund: Pendeln die Beschäftigten über die Jahre hinweg von außerhalb in die betroffenen Regionen? In Interviews wer den Vertreter der Institutionen zu den Chancen und Proble men der Dezentralisierung, den Möglichkeiten der Personalge winnung in ländlichen und ins besondere strukturschwachen Räumen sowie der Einbettung der Institutionen in die Stand ortregionen befragt. Beleuch tet werden soll durch die Stu die unter anderem, inwiefern die Ansiedlung von Behörden ein geeignetes Instrument ist, um gleichwertige Lebensver hältnisse und eine gleichwerti ge nachhaltige Raumentwick lung herzustellen. Dabei sollen wichtige Fragen beantwortert werden: Wie ist die mittel- und langfristige Wirkung, zum Bei spiel auch differenziert nach Regionstypen, zu beurteilen? Welche Erfolge und Probleme zeigen sich im Laufe der Jahre sowohl bezogen auf die Institu tionen selber als auch auf die Standortregionen? Bereits Anfang 2019 hatten Xenia Frei und Marcel Thum vom ifo Institut bestehende Studien zum Thema ausgewer tet. Ihr Fazit damals: Der Netto gewinn an Arbeitsplätzen in der Behörden und Institutionen aufnehmenden Region ist mo derat und zieht oft eine Struk turverschiebung weg vom ver arbeitenden Gewerbe und hin zu den Dienstleistungen nach sich. „Besonders in Regionen, in welchen das Lohnniveau in der Privatwirtschaft geringer ist als im öffentlichen Sektor, dürften die Arbeitsplätze im produzie renden Gewerbe verdrängt werden“, heißt es in ihrem Auf satz „Behördenverlagerungen verändern die Arbeitsmarkt struktur“. Weiter gelte es, auch die Qualität der Verwaltung im Auge zu behalten: „Räumliche Verlagerungen von Arbeitsplät zen bergen immer die Gefahr, dass insbesondere die Leis tungsträger abspringen und sich auf Arbeitsplätze am alten Arbeitsort bewerben. An dieser Selbstselektion der Beschäftig ten sind auch schon viele Standortverlagerungen im Privatsektor gescheitert. Ten denziell sind daher Neugrün dungen von Behörden für die Ansiedlung abseits der Bal lungsräume besser geeignet als die Verlagerung existieren der Administrationen.“ br Die bayerische Heimatstrategie Weiß-blauer Weg zumWohlstand für alle Vor gut fünf Jahren startete die Bayerische Staatsregierung ein struktur politisches Großprojekt, das bayernweit gleichwertige Lebens- und Arbeits bedingungen bringen soll. Motor der sogenannten Heimatstrategie ist die Verlagerung von Behörden und staatlichen Einrichtungen in die Regionen. > Was verbirgt sich hinter dem Begriff Heimatstrategie? Rund die Hälfte der Menschen in Bayern leben im ländlichen Raum abseits der Ballungszen tren. In diesen eher struktur schwächeren Regionen ma chen sich – wie bundesweit in vergleichbaren Gebieten – die Auswirkungen des demografi schen Wandels deutlich be merkbar: Die Einwohnerschaft der ländlichen Städte und Dör fer überaltert, die Jungen ver lassen ihre Heimatregionen, weil sie keine adäquate Be schäftigung finden. Mithilfe der Heimatstrategie soll die Auseinanderdrift von Alt und Jung, (Groß-)Stadt und Land sowie die Gefahr der Entste hung eines „Bayern der zwei Geschwindigkeiten“ verhindert werden. Ziel der Heimatstrate gie ist die Schaffung gleichwer tiger Lebens- und Arbeitsbe dingungen in Stadt und Land. > Auf welchen rechtlichen Grundlagen steht die Heimatstrategie? Die Staatsregierung will Art. 3 Abs. 2 Satz 2 der Bayerischen Verfassung Rechnung tragen. Dieser verfügt, dass in ganz Bayern gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen zu fördern und zu sichern sind. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die Staatsregierung auf eine aktive Strukturpolitik, deren Hauptmotor – neben dem Breitbandausbau und der Initiative zur Verlagerung von Hochschulen und anderen staatlichen Bildungseinrich tungen – auch die Ansiedlung von Behörden in den Regionen ist. Durch diese Maßnahmen sollen sichere Arbeitsplätze geschaffen, die Infrastruktur des ländlichen Raumes ge stärkt und Impulse an Wirt schaftunternehmen gesendet werden. > Welche Vorhaben standen am Beginn der Heimat strategie? Die 2015 und 2016 beschlosse ne erste Stufe der Heimatstra tegie löste die größte Umstruk turierung der bayerischen Staatsverwaltung seit Jahr zehnten aus. Nach Auskunft des Bayerischen Staatsministe riums der Finanzen und für Heimat (StMFH) umfasst sie die Verlagerung von rund 70 Behörden und staatlichen Ein richtungen mit mehr als 2700 Arbeits- und 930 Studienplät zen in alle Regierungsbezirke Bayerns bis zum Jahr 2025. > Wie ist der aktuelle Stand der Umsetzungen? Zum 30. Juni 2020 sind bereits 51 von 69 Projekten mit 1471 Personen vor Ort gestartet. 14 dbb > dbb magazin | April 2021
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