dbb magazin 4/2021

akademie MTV Autobahn GmbH – ein Impulsgeber für TVöD/TV-L ? Seit dem 1. Janaur 2021 ist die neue Autobahn GmbH des Bundes am Start. Sie hat die zuvor von den Ländern imWege der Auftragsverwaltung erledigten Aufgaben rund um Planung, Bau und Unterhalt der Autobahnen übernommen. Für die übergeleiteten oder neu eingestellten Tarifbeschäf­ tigten gilt dabei der Mantel­ tarifvertrag für die Autobahn GmbH des Bundes (sowie er­ gänzende Tarifverträge wie der TV Entgeltgruppenverzeichnis und der EÜTV). Der Mantelta­ rifvertrag basiert auf dem in weiten Teilen wortgleichen TVöD Bund. Er enthält aber auch einige Besonderheiten, aufgrund derer die Tarifver­ tragsparteien ihn auch als „TVöD Plus“ bezeichnet haben. Insoweit stellt sich die Frage, ob die abweichenden Regelun­ gen ein Vorbild für die künftige Entwicklung von TVöD/TV-L sein können. Hier kommt ein kurzer Vergleich mit den wich­ tigsten Unterschieden beim Thema Entgelt: < Eingruppierung auf Zeit Im Rahmen der Feststellung einer Entgeltgruppe kommt es wie im TVöD/TV-L darauf an, ob im erforderlichen zeitlichen Umfang (in der Regel mindes­ tens zur Hälfte) Arbeitsvorgän­ ge anfallen, die die Merkmale der jeweiligen Entgeltgruppe erfüllen. Allerdings hängt die Eingruppierung imMTV Auto­ bahn nicht von der dauerhaft übertragenen Tätigkeit ab. Vielmehr findet auch bei bloß vorübergehender Übertragung einer Tätigkeit eine entspre­ chende Eingruppierung (auf Zeit) statt. Dabei bleibt aller­ dings die Abgrenzung zu einer nur zulagenbegründenden vor­ übergehenden Übertragung (vgl. § 14 Abs. 2 MTV, der § 14 TVöD/TV-L entspricht) unklar. < Verzicht auf Abschluss- erfordernisse Bei der Bewertung der einzel­ nen Arbeitsvorgänge kommt es nach § 13 Abs. 2 Satz 6 MTV zwar auch auf die Erfüllung von (abschlussbezogenen) Voraus­ setzungen in der Person des Beschäftigten an, soweit die Entgeltgruppen entsprechende subjektive Tatbestandsmerk­ male enthalten. Diese „Regel“, die möglicherweise einem Re­ daktionsversehen bei der weit­ reichenden Übernahme des Wortlauts des TVöD/TV-L ge­ schuldet ist, wird faktisch je­ doch in ihr Gegenteil verkehrt: > Zum einen haben die Tarif­ vertragsparteien in der PE Nr. 1, HS 2 zu § 12 Abs. 2 MTV darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber bei der Prüfung der Eignung eines Beschäftig­ ten für eine auszuübende Tätigkeit zwar formale Ab­ schlüsse beziehungsweise Nachweise sachgerecht zu berücksichtigen habe, diese aber keine Eingruppierungs­ voraussetzung seien. > In dieselbe Richtung gehen § 3 TV EVG (wonach Ab­ schlusserfordernisse nur be­ schreiben, dass für die Tätig­ keit fachliche Kenntnisse erforderlich sind, die übli­ cherweise durch den Ab­ schluss erworben werden) und § 7 TV EVG (Anforderun­ gen in der Person beschrei­ ben nur das Niveau der Tätig­ keiten). > Zudem wird in den Vorbe­ merkungen zu den einzelnen Abschnitten der Entgeltord­ nung klargestellt, dass für die Eingruppierung die Übertra­ gung der Tätigkeit aufgrund von Eignung ausreicht. > Schließlich wurde in den Tat­ beständen der Entgeltgrup­ pen auch noch die Figur des „sonstigen Beschäftigten“ gegenüber der entsprechen­ den Formulierung im TVöD/ TV-L erweitert (sowie sonsti­ ge Beschäftigte, denen „auf­ grund ihrer Eignung“, statt wie im TVöD/TV-L „aufgrund vergleichbarer Fähigkeiten und ihrer Erfahrung“ ent­ sprechende Tätigkeiten übertragen wurden). Das Ergebnis ist eine „vertikale Durchlässigkeit“, bei der es nur auf die übertragene Tätigkeit, nicht aber vorhandene Ab­ schlüsse ankommt. Das könnte angemessen sein (gleicher Lohn für gleiche Arbeit), ent­ wertet aber vielleicht die Ab­ schlüsse und vernachlässigt die Tatsache, dass die Ausge­ bildeten aufgrund ihrer Aus­ bildung eine breitere Ver­ wendbarkeit vorhalten. < Stufenzuordnung Vor allem für die Stufenzuord­ nung bei Neueinstellungen sieht der MTV einen breiteren Spielraum des Arbeitgebers vor. Zwar gilt auch hier die Re­ gel, dass Beschäftigte abhän­ gig vom Vorliegen einschlägi­ ger Berufserfahrung der Stufe 1, 2 oder 3 zugeordnet werden („Garantiestufe“). Von dieser Regeleinstufung ausgehend kann der Arbeitgeber den Be­ schäftigten aber besser vergü­ ten, in dem er > (zusätzliche) förderliche Vor­ zeiten bei der Stufenzuord­ nung ohne weitere Vorausset­ zungen ganz oder teilweise berücksichtigt (§ 17 Abs. 1 a) oder > zur Deckung des Personal­ bedarfs bei der Gewinnung qualifizierter Fachkräfte eine höhere Einstufung oder ein höheres Entgelt vorsieht (§ 17 Abs. 1 b) oder > überdurchschnittliche Leis­ tung oder Einsatz mit einer höheren Einstufung oder ei­ nem höheren Entgelt hono­ riert (§ 17 Abs. 1 c). Bei den letztgenannten Varian­ ten hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, den Zusatzbetrag, der einer höheren als der Re­ geleinstufung entspricht, als Garantiestufe zu qualifizieren, die dann für alle sonstigen An­ sprüche und Entwicklungen maßgeblich ist. Ansonsten handelt es sich nur um eine übertarifliche Zulage. Insgesamt führen die Stufen­ zuordnungsvorschriften zu besseren Verdienstmöglichkei­ ten, allerdings auch zu einer größeren Ungleichheit. Hinzu kommt, dass die Anwendung der „Kann-Vorschriften“ nach der bisherigen Rechtsprechung zu den Vorschriften im TVöD/ TV-L der Mitbestimmung des Betriebsrats entzogen sein dürfte. Höhergruppierungen erfolgen im Gegensatz zum TV-L stufen­ gleich und im Gegensatz zum 22 > dbb magazin | April 2021 dbb

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