dbb magazin 4/2021
drei fragen an … Svenja Schulze, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Unsere Klimaziele sind erreichbar 1 Wie sollen die Menschen in Europa zukünftig bes- ser vor umweltbeding- ten Risiken und Auswirkungen geschützt werden? Svenja Schulze Die Impfstoffe gegen Klima wandel und Umweltschäden kennen wir zum Glück bereits, wir müssen sie nur noch be herzter einsetzen. Ich denke da vor allem an Energie aus Wind und Sonne und an Folgepro dukte wie grünen Wasserstoff, die uns helfen, immer stärker ohne das Verbrennen von Koh le, Öl und Gas zu wirtschaften. Dazu kommt die Verkehrswen de mit der Elektromobilität, ei nem besseren öffentlichen Nahverkehr und mehr Radwe gen, die das Leben in den Städ ten nicht nur ökologischer, son dern auch gesünder machen wird. Nicht zu vergessen unse re Wälder, die es in klimastabi le Mischwälder umzubauen gilt, und die blütenreichen Wiesen und Weiden, die nur mit besserem Schutz Insekten auch morgen noch genug Le bensraum bieten. 2 Wird Deutschland die verschärften Klimaziele für 2030 erreichen kön- nen? In welchen Bereichen sehen Sie hier die größten Herausforderungen? Die Ziele, die wir uns gesetzt haben, sind erreichbar. Dafür haben wir stabile Instrumente geschaffen, allen voran ein Kli maschutzgesetz, das den emis sionsintensiven Bereichen wie der Energie, der Industrie, dem Verkehr, der Landwirtschaft und Gebäuden klare, jährlich abnehmende Emissionsmen gen zuweist. Jedes Jahr werden diese Ziele überprüft. Bei Ziel verfehlung muss mit einem Sofortprogramm nachgesteu ert werden. Mit der CO 2 -Be preisung haben wir Anfang des Jahres eine der wichtigsten Maßnahmen aus dem Klima schutzprogramm umgesetzt und fossile Brennstoffe verteu ert. Der Preis wird über die Jah re steigen, Heizen und Tanken wird teurer. Das wird – flan kiert durch milliardenschwere Förderprogramme zum Bei spiel für Elektrofahrzeuge oder neue Heizungen – zu einer Len kungswirkung hin zu klima freundlichem Verhalten und Produkten führen. Mit dem Kohleausstieg, der im letzten Jahr beschlossen wurde, wer den die Kohlekraftwerke als größte CO 2 -Emittenten schritt weise abgeschaltet. Gleichzei tig gilt es, den Ausbau der er neuerbaren Energien genauso ehrgeizig voranzutreiben, das ist wohl die größte Herausfor derung. Und es ist jetzt schon klar, dass das neue EU-Klimaziel eine deutliche zusätzliche Treibhaus gasminderung in Deutschland in einer Größenordnung von voraussichtlich 65 Prozent er fordern wird. Daher sollte Deutschland die europäischen Entwicklungen antizipieren und den gesamtgesellschaftlichen Umbau zügig fortsetzen. Lang fristige Investitionen in Berei che, die über Jahrzehnte Treib hausgase emittieren, wie zum Beispiel Gebäude, Verkehr und Industrie, sind schon jetzt mit dem Ziel der Treibhausgasneu tralität in Einklang zu bringen. 3 Welche Rolle kann der öffentliche Dienst spie- len, damit die Klima- schutzziele in Deutschland erreicht werden? 2050 soll ganz Deutschland klimaneutral sein. Die Bundes verwaltung sowie Landes- und Kommunalverwaltungen ge hen auf diesemWeg mit gu tem Beispiel voran. Nach dem Klimaschutzgesetz sollen alle Bundesbehörden bis zum Jahr 2030 klimaneutral werden. Der Bund wird daher in den nächs ten zehn Jahren eigene Gebäu de, Veranstaltungen, Dienstrei sen, Kantinen und Beschaffung konsequent auf Klimaschutz ausrichten. Unterstützt wird der Bund dabei durch die „Ko ordinierungsstelle Klimaneu trale Bundesverwaltung“, die im Bundesumweltministerium angesiedelt ist und an einem Maßnahmenprogramm arbei tet, das konkrete Vorgaben für alle Bundesbehörden enthal ten wird. Außerdem erstellt sie konkrete Tipps und Leitfäden, die dabei helfen, dass die ge samte Verwaltung stetig weni ger und künftig keine Treib hausgasemissionen mehr verursacht. Die Erfahrungen im Bundes umweltministerium zeigen: Es gibt gute Beispiele und Ideen. Die im Bundesumwelt ministerium bereits im Sep tember 2019 eingeführte Bahnvorrangregelung hat zu einer schnellen und starken Abnahme insbesondere des in nerdeutschen Flugverkehrs bei Dienstreisen geführt – und zwar vor Corona. In den Kanti nen haben wir einen CO 2 -Fuß abdruck eingeführt. Und die Pandemie hat uns alle mit der Nutzung von Videokonferen zen vertraut gemacht, sodass auf Dienstreisen künftig in stärkeremMaße als bisher ver zichtet werden kann. Die Koor dinierungsstelle hilft dabei, diese und andere Best Practi ces schnell zum Standard zu machen. ??? drei fragen an ... < Webtipp Das vollständige Interview online in den aktuellen dbb europathemen: https://bit.ly/2Nvcq5U © Thomas Trutschel/photothek/BMU < Svenja Schulze 32 dbb > dbb magazin | April 2021
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