dbb magazin 4/2021

online mer wie noch vor der Corona- Pandemie (vier Prozent). Im Alltag angekommen sind in der Pandemie auch private Videogespräche: Lag die Nut­ zung vor Corona im Durch­ schnitt nur bei 0,6 Stunden pro Woche, so sind es nun 3,3 Stun­ den – ein Anstieg ummehr als den Faktor fünf. Zwei Drittel (65 Prozent) geben an, private Videotelefonie vor Corona gar nicht genutzt zu haben, inzwi­ schen sind es nur noch 38 Pro­ zent. Zugleich sagt mehr als je­ der Vierte (26 Prozent), dass er Videotelefonie fünf Stunden oder mehr pro Woche für priva­ te Zwecke nutzt – vor Corona lag der Anteil gerade mal bei drei Prozent. „Viele Familien ha­ ben in der Corona-Zeit festge­ stellt, dass man sich in per Vi­ deo näherkommt als mit einem einfachen Telefonat – und tau­ schen sich so womöglich sogar öfter aus als zuvor. Videotelefo­ nate werden mit Sicherheit auch nach Corona aus unserem Alltag nicht mehr verschwin­ den“, kommentierte Berg die Studienergebnisse. „Das gilt im Übrigen auch für das Berufsle­ ben. Die Zeiten, in denen man für ein Zwei-Stunden-Meeting acht Stunden mit Bahn, Auto oder sogar Flugzeug angereist ist, sollten der Vergangenheit angehören.“ Mehr Videokonferenzen, Strea­ ming und Online-Shopping zu Hause haben bei vielen zum Wunsch nach einem schnelle­ ren Internetanschluss geführt. Knapp drei von zehn (29 Pro­ zent) haben ernsthaft geprüft, ob und wie sie mehr Breitband bekommen können, fünf Pro­ zent haben sich auch für einen leistungsfähigeren Tarif ent­ schieden. < In Geräte und Dienste investiert Die große Bedeutung digitaler Technologien während der Pan­ demie zeigt sich auch daran, dass die Menschen in diesem Bereich trotz verbreiteter wirt­ schaftlicher Unsicherheit nicht gespart, sondern im Gegenteil sogar mehr Geld ausgegeben haben. Nur zwei Prozent sagen, dass sie im vergangenen Coro­ na-Jahr weniger Geld für digita­ le Technologien ausgegeben haben, gut jeder Fünfte (21 Pro­ zent) schätzt, dass es in etwa gleich viel gewesen ist. 28 Pro­ zent haben dagegen etwas mehr ausgegeben, 37 Prozent sogar deutlich mehr. Im Durch­ schnitt schätzen die Bundes­ bürger ihre zusätzlichen Auf­ wendungen für digitale Geräte und Dienste auf 482 Euro im vergangenen Jahr. Darunter fal­ len Anschaffungen von Geräten wie Laptop oder Drucker eben­ so wie zusätzliche Ausgaben für Streaming-Dienste, schnel­ lere Internetzugänge oder digi­ tale Angebote wie kosten­ pflichtige Fitness-Apps. Große Unterschiede bei der Nutzung digitaler Technologien gibt es zwischen den Alters­ gruppen. So sagen 44 Prozent aller Befragten, dass ihnen digi­ tale Technologien dabei gehol­ fen haben, Kontakt zu Freunden und Familie zu halten. Unter den Jüngeren bis 29 Jahre ist der Anteil mit 63 Prozent dabei am höchsten, bei den 30- bis 49-Jährigen sind es noch 49 Pro­ zent, bei den 50- bis 64-Jähri­ gen 39 Prozent, aber unter den Senioren ab 65 Jahren nur noch 29 Prozent. Umgekehrt sagen 38 Prozent der Bundesbürger, dass sie der zunehmende Ein­ satz digitaler Technologien im Alltag durch die Corona-Pande­ mie stresst. Mit 23 Prozent sind dabei die Jüngeren bis 29 Jahre am wenigsten gestresst, bei den 30- bis 64-Jährigen ist es gut jeder Dritte (36 Prozent) – aber unter den Senioren ab 65 mehr als die Hälfte (51 Prozent). „Ältere Menschen können in der Corona-Pandemie von digi­ talen Technologien profitieren. Gerade mit Blick auf diese Ge­ neration muss sich die digitale Teilhabe in Deutschland verbes­ sern – und deshalb beteiligt sich der Bitkom am Digitaltag“, sagte Berg. Der Digitaltag fin­ det am 18. Juni 2021 zum zwei­ ten Mal statt und hat das Ziel, für mehr Partizipation, Engage­ ment und Kompetenzen in der digitalen Welt zu sorgen. Der bundesweite Aktionstag wird getragen von einem gesamt­ gesellschaftlichen Bündnis aus Zivilgesellschaft, Kultur, Wirt­ schaft, Wissenschaft und öffentlicher Hand. Nicht jeder kammit der Nut­ zung digitaler Technologien von Anfang an zurecht. 31 Prozent sagen, sie haben bei der Nutzung digitaler Geräte und Dienste Unterstützung bekommen, 21 Prozent haben ihrerseits an­ dere unterstützt – und 26 Pro­ zent brauchten selbst Unterstüt­ zung, haben aber auch anderen geholfen. Dabei dominiert die Unterstützung innerhalb des Familien- und Freundeskreises. So geben jeweils circa acht von zehn derjenigen, die Hilfe be­ kommen haben, an, dass sie Fa­ milienmitglieder (81 Prozent) oder Freunde und Bekannte (80 Prozent) unterstützt haben. Nur sechs Prozent haben pro­ fessionelle Unterstützung von Händlern oder Dienstleistern in Anspruch genommen. Wer sei­ nerseits Hilfe anbietet, greift meist Familienmitgliedern (76 Prozent) beziehungsweise Freunden und Bekannten (67 Pro­ zent) unter die Arme. Deutlich seltener gab es Unterstützung für Nachbarn (15 Prozent). < Verwaltung weit abgeschlagen Skeptisch sind die Bürger, ob der Digitalisierungsschub von Dauer sein wird. So gehen zwar 57 Prozent davon aus, dass die Pandemie die Digitalisierung der Wirtschaft nachhaltig vor­ antreibt. 42 Prozent erwarten aber, dass die Wirtschaft nach der Pandemie genauso weiter­ macht wie zuvor. Noch pessi­ mistischer wird das Bild mit Blick auf die öffentliche Verwal­ tung. Hier erwarten lediglich 44 Prozent eine nachhaltige Digita­ lisierung durch Corona, 53 Pro­ zent rechnen aber damit, dass die Ämter und Behörden nach der Pandemie das Rad zurück­ drehen und so analog weiter­ machen wie zuvor. „Die Corona- Pandemie hat uns die Versäum- nisse der Vergangenheit bei der Digitalisierung in allen Bereichen vor Augen geführt. Wir sollten Corona nutzen, die öffentliche Verwaltung von Grund auf digital zu organisie­ ren und näher zu den Men­ schen zu bringen.“ Corona sei eine riesige Chance, Deutsch­ land beim E-Government von den hinteren Plätzen der euro­ päischen Ranglisten nach vorne zu bringen. “ Bitkom-Hauptge­ schäftsführer Dr. Bernhard Roh­ leder ergänzte am am 10. März 2021 auf rbb radioeins: „Der Amtsschimmel wiehert immer noch analog. Wenn es um den Kontakt mit Ämtern und Behör­ den geht, schlagen Bürgerinnen und Bürger hart auf dem Boden der Tatsachen auf.“ < Digitalisierung beein- flusst Wahlentscheidung Die Menschen in Deutschland beobachten sehr genau, wie die Parteien mit der Corona-Pande­ mie und der Digitalisierung um­ gehen – und viele wollen das auch in ihre Wahlentscheidung einfließen lassen. So geben 43 Prozent an, dass der Umgang der politischen Parteien mit der Corona-Pandemie sehr großen oder eher großen Einfluss auf ihre Wahlentscheidung bei der Bundestagswahl im September haben wird. Und 41 Prozent sa­ gen dasselbe für den Umgang mit der Digitalisierung. Den Jüngeren bis 29 Jahre ist die Di­ gitalisierung dabei besonders wichtig. Von ihnen sagt sogar eine Mehrheit von 53 Prozent, dass sie davon ihre Wahlent­ scheidung mit abhängig ma­ chen. „Die Politik ist gut be­ raten, auf die Einschätzung der Menschen zu hören. Wir müssen die 2020er-Jahre zu Deutschlands digitaler Dekade machen“, sagte Berg. „Viele Menschen haben als Erfahrung aus der Krise mitgenommen: je digitaler, desto krisenfester. Und jetzt erwarten sie, dass diese Erkenntnis von den Par­ teien auch umgesetzt und verstetigt wird.“ 35 dbb > dbb magazin | April 2021

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