dbb magazin 4/2021
nachrichten Anhörung zum Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2021/2022 Kritik am Bundesfinanzministerium Das Bundesinnenministerium hat innerhalb kürzester Zeit einen neuen Ent wurf des Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetzes 2021/2022 auf den Weg gebracht. Damit wird zumindest die bereits im Koalitionsvertrag vereinbarte zeit- und systemgerechte Übertragung der Ergebnisse des Tarif vertrages auf die Beamtinnen und Beamten des Bundes abgesichert. „Ein Affront gegen die Beamtin nen und Beamten ist allerdings, dass der Ursprungsentwurf vom Finanzministerium ge stoppt wurde. Dieser beinhal tete auch diskutable Lösungen für die Umsetzung der Ent scheidungen des Bundesver fassungsgerichts zur amtsange messenen Alimentation“, sagte der Zweite Vorsitzende des dbb, Friedhelm Schäfer, in der An hörung zum aktuellen Gesetz entwurf am 18. März 2021. „Besonders irritierend, dass vonseiten des Finanzministe riums nicht ansatzweise ein alternativer Lösungsvorschlag unterbreitet wurde. Eine sol che Politik geht insbesondere zulasten der Kolleginnen und Kollegen in den unteren Ein kommensgruppen. Es kommt zudem der Verdacht auf, dass Olaf Scholz beim öffentlichen Dienst schon mal mit der Rück zahlung der Verpflichtungen aus seiner teilweise wenig durchdachten Bazooka-Politik beginnen will“, so Schäfer. Dieter Dewes, Bundesvorsit zender der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ), kommentierte den Entwurf in eine ähnliche Richtung: „Wir begrüßen die vorgesehene Li nearanpassung von 1,2 Prozent zum 1. April 2021 sowie weite rer 1,8 Prozent zum 1. April 2022. Nicht akzeptabel ist je doch, dass das finanzielle Volu men des nicht übertragenen Mindestbetrages aus dem Ta rifabschluss den Beamtinnen und Beamten nicht über ande re, systemgerechte Maßnah men zugutekommt. Dafür käme insbesondere die seit Jah ren vom dbb geforderte Rück führung der einseitig erhöhten Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten in Betracht.“ Auch Heiko Teggatz, Bundes vorsitzender der DPolG Bun despolizeigewerkschaft, ist enttäuscht: „Es ist bedauerlich, dass die ursprünglich vorgese henen Umsetzungen der Ent scheidungen des Bundesver fassungsgerichts nicht mehr im Gesetzentwurf enthalten sind. Dies hätte durch die Ein führung eines regionalen Er gänzungszuschlages gerade für Kolleginnen und Kollegen in Hochpreisregionen erhebli che Einkommenszuwächse mit sich gebracht und auch zur An hebung der Grundgehälter des einfachen und mittleren Diens tes geführt. Das entwickelte neue Besoldungselement des regionalen Ergänzungszuschla ges war zwar noch verbesse rungsbedürftig, aber dafür hätte man im parlamentari schen Verfahren kämpfen können. Die Aufgabe des Ur sprungsentwurfs jetzt aber als Erfolg zu verkaufen, wie es von einigen Gewerkschaften erfolgt, ist angesichts der Tat sache, dass nunmehr mit der Umsetzung der Entscheidun gen des Bundesverfassungs gerichts in dieser Legislaturpe riode nicht mehr zu rechnen ist, etwas zu kurz gedacht und verkennt die finanzielle Lage, in der sich die Kolleginnen und Kollegen in den unteren Ein kommensgruppen seit Jahren befinden.“ © https://commons.wikimedia.org/wiki/File: Berlin_Finanzministerium_Wilhelmstr_asv2019-07 keit, neue Mitbestimmungstat bestände beim betrieblichen Gesundheitsmanagement, dem Gesundheitsschutz und familienfreundlichen Maßnah men sowie weiteren Detailre gelungen, die die Arbeit der Personalvertretungen erleich tern. Noch viel Luft nach oben gebe es allerdings für ein Up grade der Jugend- und Auszu bildendenvertretung. So müsse die JAV etwa an Vorstellungs gesprächen von Auszubilden den teilnehmen. Durchgefallen sei der Entwurf jedoch bei ei ner zentralen Aufgabe: der Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1995. Anstatt den von den Gesetz gebern ausdrücklich zugestan denen Gestaltungsspielraum zu nutzen und – dem Beispiel vieler fortschrittlicher Landes personalvertretungsgesetze folgend – die Möglichkeiten der Personalvertretung, sich für die Beschäftigten einzu setzen, auszuweiten, sehe der Entwurf vor, dass jede Ent scheidung der Einigungsstelle von der obersten Dienstbehör de wieder einkassiert werden könne, wenn diese der Ansicht sei, sie habe Auswirkungen auf das Gemeinwesen und sei des halb wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt. Damit schieße der Entwurf weit über das vom BVerfG gesetzte Ziel hinaus und entwerte die der Entscheidung der Einigungs stelle vorausgehende Suche nach einer einvernehmlichen Konfliktlösung. „Partnerschaft liche Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, so Karoline Herr mann, „sieht anders aus.“ Daher mahnte die dbbj-Vor sitzende, die weitere Novellie rung des BPersVG müsse auch in der kommenden Legislatur periode weiterhin auf der Agenda stehen. < Dienstgebäude des Bundesfinanzministeriums in Berlin 7 dbb > dbb magazin | April 2021
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