dbb magazin 5/2021

blickpunkt © Kadmy/Fotolia Es war ein beruflicher Einsatz wie viele andere, doch er ende­ te für einen Beschäftigten der Kämmerei in Köln tödlich. Das Datum hat sich in die Köpfe vieler Kolleginnen und Kolle­ gen eingebrannt. Es war der 13. Dezember 2019. Gemein­ sammit einer Kollegin klingel­ te der damals 47-Jährige an ei­ nemMehrfamilienhaus, um dort bei einem säumigen Bür­ ger Geld einzutreiben. Laut Polizeibericht öffnete der Be­ suchte die Haustür und griff die beiden Stadtbediensteten an der Wohnungstür sofort mit einemMesser an. Der 47-jähri­ ge Mitarbeiter verlor sein Le­ ben, seine Kollegin kammit ei­ nem schweren Schock davon. Wenn heute die Beschäftigten der Vollstreckung morgens ih­ ren Tageseinsatz planen, gehört eine neue Routine dazu: Die Mitarbeitenden prüfen über das Meldesystem ZeMAG (Zen­ trales Melde- und Auskunfts­ system bei Gefährdungen von Mitarbeitenden), ob auf ihrer Liste Personen zu finden sind, die bereits durch Übergriffe auf Beschäftigte der Stadt Köln aufgefallen sind. Gefüttert wird diese Datenbank von allen Beschäftigten der Kommunal­ verwaltung, die im Job einen massiven Übergriff erlebt ha­ ben. So können ihre Kollegin­ nen und Kollegen – wenn nötig – Vorsorge treffen und geraten nicht in dieselbe Situation. < Zuspruch vom Innenminister Vor etwa einem Jahr ist das in Deutschland einzigartige Mel­ desystem an den Start gegan­ gen. Der Stadt Köln ist damit ein großer Wurf gelungen, der nicht nur bei zahlreichen ande­ ren Kommunen auf Interesse stößt, sondern auch beim nord­ rhein-westfälischen Innenmi­ nister. Das kommt nicht von ungefähr. In Zusammenhang mit dem tödlichen Messeran­ griff hatte sich NRW-Innenmi­ nister Herbert Reul bereits im Jahr 2019 für Meldesysteme für Übergriffe auf Amtsträger ausgesprochen. „Wir müssen alle Informationen, die vorlie­ gen, auch verlässlich denjeni­ gen zugänglich machen, die auf der Straße oder an den Haustü­ ren im Einsatz sind“, sagte der Minister damals gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der steigenden Zahl von Über­ griffen auf Amtsträger, städti­ sche Bedienstete, Polizisten und Rettungskräften müsse man mehr entgegensetzen. Die Stadt Köln hat nicht lange gezögert. „Für unseren Kolle­ gen aus der Kämmerei kommt das System leider zu spät“, be­ dauert Dolores Burkert, Leite­ rin des Zentrums für Kriminal­ prävention und Sicherheit der Stadt. Doch zeigt ein erstes Resümee, wie sinnvoll dessen Implementierung Anfang Mai 2020 war. 107 Fälle wurden seitdem über ZeMAG gemel­ det. „Das ist eine erschreckend hohe Zahl“, kommentiert Bur­ kert. Dabei werden imMelde­ system ausschließlich Über­ griffe eingetragen, die ein gewisses Maß überschreiten. Beleidigungen sind imMelde­ system gar nicht zu finden. Gleichwohl wird bei jedem Übergriff – gleich welchen Aus­ maßes – automatisch Strafan­ zeige erstattet. Auch das ist der Sicherheitsexpertin wich­ tig. Die Stadt hat eine Null-­ Toleranz-Verpflichtung verab­ schiedet, mit der sie deutlich machen möchte, dass keinerlei Übergriffe geduldet werden, auch keine Beleidigungen. < Mehr Fälle seit Beginn der Pandemie Da stellt sich die Frage: Was sind Übergriffe, die ein gewis­ ses Maß überschreiten? „Das sind Fälle, die analog den Ge­ fährdungslagen des Aachener Modells der Stufe 2 und 3 ent­ sprechen“, erläutert die Leiterin des Sicherheitszentrums. Das sind ausschließlich Übergriffe, die den Tatbestand einer Be­ drohung, Nötigung oder Sach­ beschädigung erfüllen, Hand­ greiflichkeiten und körperliche Gewalt wie Schläge oder Tritte – in Gefährdungsstufe 3 – und lebensbedrohliche Situationen, die beispielsweise durch Waf­ feneinsatz entstehen können. Die erschreckende Bilanz des ersten Jahres: „Wir haben zwölf Fälle der höchsten Gefahrenein­ stufung registrieren müssen“, sagt Burkert. „Da sprechen wir von Lebensbedrohung.“ Darun­ ter ist ein Fall, in dem eine Poli­ tesse mit Benzin übergossen wurde. Ein anderer Fall, in dem Bei einem Hausbesuch wird ein 47-jähriger Mitarbeiter der Kämmerei plötzlich angegriffen und tödlich verletzt. Seit die­ sem Ereignis vor rund anderthalb Jahren hat die Stadt Köln mit Hochdruck daran gearbeitet, die Sicherheit der Beschäf­ tigten zu erhöhen. Seit einem Jahr ist nun ein Meldesystem in Betrieb, das bisher einzigartig in Deutschland ist. Kölner Meldesystem als Blaupause für Behörden „ZeMAG“ schützt das Leben der Mitarbeitenden 18 dbb > dbb magazin | Mai 2021

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==