dbb magazin 5/2021

blickpunkt deotechnik für die Gefahren­ abwehr und zur Kriminalitäts­ bekämpfung in den meisten Fällen nach den jeweiligen Lan­ despolizei- und Ordnungsbehör­ dengesetzen. Diese enthalten Regelungen zum Einsatz von Videoaufnahmegeräten bei Ver­ sammlungen, die nicht unter das Versammlungsgesetz fallen, und Regelungen zum Einsatz der Videoüberwachung in öf­ fentlichen Bereichen allgemein zur Kriminalitätsbekämpfung. Die einzelnen landesrechtlichen Vorschriften enthalten unter­ schiedliche Regelungen zur ge­ nauen Ausgestaltung der Video­ überwachung. Allerdings wirkt die neue EU- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) nicht gegenüber der Polizei und den Sicherheitsbe­ hörden, wie auf den Internet­ seiten des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber, zu erfahren ist: Für die­ sen Bereich erließ der europäi­ sche Gesetzgeber zeitgleich mit der DSGVO eine eigene Richtli­ nie, die keine direkte Wirkung entfaltet und deshalb in einem weiteren Kapitel des Bundes­ datenschutzgesetzes (BDSG- neu) umgesetzt wurde. Zudem bleiben in diesem Bereich viele spezialgesetzliche Normen gül­ tig, die die Videoüberwachung durch bestimmte Polizeibehör­ den besonders regeln. Auf Bundesebene, heißt es im Internetauftritt des obersten Datenschützers weiter, enthält § 27 des Bundespolizeigesetzes eine rechtliche Regelung. So weit auf dieser Grundlage per­ sonenbezogene Daten aufge­ zeichnet werden, sind diese unverzüglich zu vernichten, so­ fern sie nicht zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr oder zur Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit be­ nötigt werden. Neu eingefügt wurde eine Regelung zur soge­ nannten Bodycam in § 27 a des Bundespolizeigesetzes. Kelber hatte in diesem Zu­ sammenhang bereits im Früh­ jahr 2019 kritisiert, dass die Bundespolizei Bodycam-Auf­ nahmen auf Servern des US- Konzerns Amazon speichert, solange es keine bundesein­ heitliche Speicherlösung gibt. Das Vorgehen war durch eine parlamentarische Anfrage der FDP öffentlich geworden. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Kelber am 25. März 2019, dass man der Bundespolizei und dem Bundesinnenministe­ rium schon 2018 mitgeteilt habe, dass das Speichern von Bodycam-Aufnahmen in der Amazon-Cloud als rechtswidrig angesehen werde. Kelber schätzte die Speicherung der Bodycam-Daten bei Amazon als nicht datenschutzkonform ein, da Amazon als US-Unter­ nehmen dem amerikanischen Cloud-Act-Gesetz unterliege, auch wenn die Server in Deutschland stünden. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass US-Behörden oder Geheimdienste Zugriff auf die Daten erlangen könn­ ten. Die Bundespolizei und das Bundesministerium des Innern hatten die „Übergangslösung“ in Ermangelung entsprechen­ der staatlicher Infrastrukturen verteidigt und betont, dass die Daten auf Serverstandorten in Deutschland nach deutschem Recht gespeichert würden, bis eine bundeseinheitliche Lö­ sung, etwa eine Bundes-Cloud, zur Verfügung stünde. < Waffengleichheit hergestellt Allen rechtlichen Hindernissen zum Trotz überwiegen die po­ sitiven Effekte der Bodycam auch für den Bundesvorsitzen­ den der Bundespolizeigewerk­ schaft in der DPolG, Heiko Teg­ gatz: „Mit der Einführung der Bodycam in der Bundespolizei haben unsere Kolleginnen und Kollegen ein Führungs- und Einsatzmittel an die Hand be­ kommen, welches polizeiliche Maßnahmen vollumfänglich in Bild und Ton beweissicher do­ kumentiert.“ Gerade auf den großen Verkehrsbahnhöfen habe es die Bundespolizei zum Beispiel mit einer Klientel zu tun, die oftmals zu extremer Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeibeamtinnen und -beam­ ten neige. „Sei es im Fußball­ fanreiseverkehr oder bei alltäg­ lichen polizeilichen Lagen. Eine lückenlose Dokumentation mancher Situationen hilft un­ seren Kolleginnen und Kolle­ gen, die Durchsetzung einer polizeilichen Maßnahme ge­ richtsfest zu machen, um die Rechtmäßigkeit polizeilicher Maßnahmen zu beweisen.“ Oftmals seien es im Internet verbreitete Ausschnitte von Handyvideos, die die Polizei bei der Durchsetzung polizei­ licher Maßnahmen zeigen, so Teggatz weiter. „Diese Aus­ schnitte sind häufig völlig aus dem Zusammenhang der Er­ eignisse gerissen und sorgen dann meistens für heftigste Anschuldigungen bezüglich vermeintlicher Polizeigewalt, obwohl die Dokumentation der jeweiligen Gesamtsituati­ on keine Zweifel an der Recht­ mäßigkeit der polizeilichen Maßnahme lässt. Mit der Ein­ führung der Bodycam in der Bundespolizei stellen wir eine Waffengleichheit gegenüber der privaten Handykamera her.“ Die eigenen Aufnahmen über die Bodycam dienten der lückenlosen Dokumentation polizeilicher Maßnahmen. Zur Abwehr von willkürlichen An­ schuldigungen gegen die ein­ gesetzten Kräfte der Bundes­ polizei ist die Bodycam ein hervorragendes und vor allem gerichtsfestes Hilfsmittel.“ Es wird nicht mehr lange dau­ ern, bis Bodycams bundesweit zur Standardausrüstung der Polizeien gehören. Eingeführt worden sind sie in mehr oder weniger großem Umfang be­ reits in Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Hessen, Nie­ dersachsen, Nordrhein-Westfa­ len, Rheinland-Pfalz, im Saar­ land und bei der Bundespolizei. In Sachsen-Anhalt, Schleswig- Holstein, Thüringen, Branden­ burg und Mecklenburg-Vor­ pommern laufen entweder entsprechende Pilotprojekte oder sind bereits abgeschlos­ sen. In Sachsen befindet sich der Einsatz von Bodycams in der Gesetzgebungsphase und in Berlin und Bayern steht die Einführung kurz bevor. br < Lippische Polizeibeamte zeigen die Kamera Axon Body 2. < Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in Wittmund sind ab sofort mit Bodycams im Einsatz. © Polizei Lippe © Polizeiinspektion Wittmund/Aurich © Polizei Lippe 21 dbb > dbb magazin | Mai 2021

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