dbb magazin 6/2021

hintergrund Föderalismus in Deutschland Stabilität als „Work in Progress“ Der Kern des föderalen Bun­ desstaates ist die Aufgaben­ verteilung zwischen Bund und Ländern, bei der die Mitglieder des Bundesstaates über eigene Legitimität, Rechte und Kom­ petenzen verfügen. Das äußert sich zum Beispiel in den Lan­ desverfassungen und in eigen­ ständigen politischen Instituti­ onen für Exekutive, Judikative und Legislative. Nach den Reformen der 90er- Jahre, in deren Zuge die neuen Bundesländer nach dem Zerfall der DDR in die föderale Struk­ tur der Bundesrepublik aufge­ nommen wurden, waren es vor allem die Föderalismusrefor­ men I und II, die grundlegende Veränderungen in den Bund- Länder-Beziehungen mit sich gebracht haben. < Föderalismusreform I Die Föderalismusreform wur- de im Juni und Juli 2006 vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrat mit der not­ wendigen Zweidrittelmehrheit beschlossen und ist am 1. Sep­ tember 2006 in Kraft getreten. Auslöser der Reform waren die langwierigen Entscheidungs­ prozesse in der deutschen Ge­ setzgebung und die daraus resultierende zunehmende Zentralisierung von Kompeten­ zen beim Bund, was eine Viel­ zahl von Zustimmungsgeset­ zen im Deutschen Bundesrat zur Folge hatte. Nachdem ers­ te Leitlinien für die Reformver­ handlungen am 27. März 2003 verabschiedet worden waren, scheiterte die Reform zunächst am 17. Dezember 2004 an der Neuordnung der Kompetenzen in der Bildungspolitik. Den Vor­ sitz der Föderalismuskommis­ sion hatten Edmund Stoiber (CSU) und Franz Müntefering (SPD) inne. Nach der Bundestagswahl 2005 starteten die Verhandlun­ gen zur ersten Großen Koaliti­ on aus CDU/CSU und SPD seit 1969. Die Koalitionäre einigten sich darauf, die Neuordnung des Föderalismus auf Grundla­ ge der bereits durch die Föde­ ralismuskommission erarbeite­ ten Leitlinien fortzuführen und schrieben dies in einem Koaliti­ onsvertrag fest, der bereits ei­ nen detaillierten Vorschlag für die Grundgesetzänderungen enthielt. Die resultierenden Ge­ setzentwürfe „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes“ und der „Ent­ wurf eines Föderalismusre­ form-Begleitgesetzes“ wurden in der Folge ab März 2006 in Bundestag und Bundesrat be­ raten. In einer Anhörung vor dem Rechtsausschuss des Bun­ destages standen unter ande­ rem die Verlagerung der Ge­ setzgebungskompetenz für Strafvollzug, Notariat, Beam­ tenbesoldung und das Heim­ recht in der Kritik. Im Bereich der Bildungspolitik erfolgten Änderungen der ursprüngli­ chen Pläne, und die Gesetzge­ bungskompetenz für das Nota­ riat wurde nicht auf die Länder verlagert. Am 30. Juni 2006 beschloss der Bundestag das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes und das Föderalismusreform- Die föderale Grundstruktur der Bundesrepublik Deutschland ist durch das Grundgesetz festge­ schrieben und unterliegt einer sogenannten „Ewigkeitsklausel“, die sie unveränderlich festschreibt. Dennoch bedarf das komplexe Geflecht der Bund-Länder-Beziehungen ab und zu einer Reform, um den Föderalismus an sich verändernde Gegebenheiten anzupassen. Das hatte und hat immer auch direkte Auswirkungen auf den öffentlichen Dienst und seine Beschäftigten. Foto: Frank Peters/Colourbox.de 10 dbb > dbb magazin | Juni 2021

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