dbb magazin 6/2021
hintergrund mission zur Reform der Schul denpolitik sei eine Wende in der deutschen Finanzpolitik einge leitet, bewerteten die Politiker den Abschluss der zweijährigen Arbeit. Konkret hatte sich die 32-köpfi ge Kommission darauf geeinigt, dass die Länder spätestens ab 2020 in wirtschaftlich norma len Jahren keine neuen struktu rellen Schulden mehr aufneh men dürfen. Außerdem sollte die Kreditaufnahme des Bun des ab 2016 auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandprodukts be grenzt werden. Darüber hinaus haben die Kommissionsmitglie der unter anderem Konsolidie rungshilfen für hoch verschul dete Länder und Regelungen zur Vermeidung von Haushalts notlagen vorgeschlagen. Au ßerdem sollten die Effizienz der Steuerverwaltung und die Ver waltungszusammenarbeit im Bereich der Informationstech nik verbessert werden. Bei der Schlussabstimmung am 5. März 2009 hatten 26 der 31 anwesenden Kommissionsmit glieder für die Annahme der Vorschläge votiert. Mecklen burg-Vorpommern sowie Vertreter der Fraktionen von Grünen und Linkspartei im Bundestag stimmten dagegen. Berlin und Schleswig-Holstein enthielten sich der Stimme. Die Bundesregierung hat die Kom missionsvorschläge auf ihrer Kabinettssitzung am 11. März 2009 zustimmend zur Kenntnis genommen. Der Bundesrat stimmte am 10. Juni 2009 zu. In der Folge waren die Regelun gen zur Föderalismusreform I und II immer wieder kritisiert worden. Der damalige Bundes vorsitzende des dbb, Klaus Dau derstädt, forderte zum Beispiel am 6. Januar 2013 eine Korrek tur der Föderalismusreform von 2006. Nicht nur in der Bil dungspolitik gebe es „mit dem unsäglichen Kooperationsver bot von Bund und Ländern“ Probleme – sondern auch bei der Beamtenbesoldung. „Wir erleben heute, dass sich die Be züge der Landesbeamten bei gleicher Tätigkeit immer wei ter auseinanderentwickeln, zum Teil bis zu 400 Euro mo natlich“, sagte Dauderstädt. Unmittelbar nach der Födera lismusreform und der Übertra gung der Besoldungskompe tenz auf die Länder hätten die Ministerpräsidenten noch be teuert, nach gemeinsamen Wegen zu suchen. In Wirklich keit würden heute die Unter schiede über alle 16 Länder hinweg immer größer. Dies gelte nicht nur für die Gehälter, sondern auch für das Weih nachts- und Urlaubsgeld sowie die Arbeitszeit. „Angesichts der Auseinanderentwicklung der Bezüge in den 16 Bundeslän dern kann heute von der im Grundgesetz verlangten Ein heitlichkeit der Lebensverhält nisse keine Rede mehr sein.“ Ärmeren Bundesländern falle es immer schwerer, gute Steu erbeamte, Staatsanwälte, Leh rer oder Polizisten für den Staatsdienst zu gewinnen – und sie dauerhaft als Mitarbei ter zu halten. „Wir wissen, dass die Hürden für eine erneute Verfassungsänderung hoch sind“, so Dauderstädt damals. Gleichwohl gebe es auch alter native Möglichkeiten, etwa durch einen Staatsvertrag: „Wir werden weiter Stachel im Fleisch bleiben und auf Fehl entwicklungen hinweisen.“ < Ist krisenerprobt auch krisenfest? Sieben Jahre später durchlebt die Bundesrepublik mit der Co rona-Pandemie eine der größ ten Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg. Sie hat ein Schlag licht auf die Funktionsfähigkeit des Staates und damit auch auf die Belastbarkeit des föderalen Systems geworfen. Neben vie len gut funktionierenden Berei chen in Länderverantwortung traten vor allem der Digitalisie rungsgrad und die Ausgestal tung der Interaktion zwischen Bund und Ländern mit Verbes serungspotenzial hervor. Der dbb erkennt das föderale System grundsätzlich als inte gralen Bestandteil des deut schen Staatswesens an und rüttelt auch nicht daran: „Der Föderalismus ist imGrundge setz verankert – und das histo risch betrachtet aus gutem Grund. Für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes ist er damit schlicht Arbeitsgrundla ge“, sagt dbb Chef Ulrich Silber bach. Entscheidender sei, wie der Föderalismus konkret aus gestaltet werde. „Hier hat die Pandemie gezeigt, dass die Ver waltung auf Krisensituationen zumindest teilweise nur unzu reichend vorbereitet ist. Natür lich sollte nach Bewältigung der Lage daher intensiv geprüft werden, ob für solche Extrem situationen zukünftig Zustän digkeiten neu geordnet werden müssen.“ Aus Sicht des dbb lie gen die Probleme aber haupt sächlich in anderen Bereichen: „Zunächst ist die Verwaltung immer nur so gut wie die poli tischen Vorgaben, die sie be kommt. Grundsätzlich bieten auch die aktuellen Strukturen alle Möglichkeiten für eine schnelle Entscheidungsfindung und Problemlösung – wenn sie von den Verantwortungsträ gern entsprechend genutzt wer den“, ist Silberbach überzeugt. Dennoch seien Probleme zu tage getreten, vor denen der dbb seit Jahren warne: „Einer seits ist da die Tatsache, dass die Verwaltung durch nicht durchdachte Sparmaßnahmen an vielen Stellen immer noch personell auf Kante genäht ist. Entweder es fehlen schlicht Foto: Roman Babakin/Colourbox.de 12 dbb > dbb magazin | Juni 2021
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