dbb magazin 6/2021

frauen Kongress „Digitaler Staat“ Neues Verständnis von digitaler Führungskultur entwickeln Für ein neues Verständnis von Führung sprach sich dbb frauen Chefin Milanie Kreutz auf dem Behörden-Spiegel-Kongress „Digitaler Staat“ aus. Nur so könne digitales Arbeiten im öffentlichen Dienst auch für weibliche Beschäftigte zum Erfolgsmodell werden. „Mobile Arbeit hat immenses Potenzial sowohl für Dienst­ herren als auch für Beschäf­ tigte. Aber ohne verbindliche betriebliche Regelungen, die einen rechtssicheren Rahmen und gesunde Arbeitsbedingun­ gen garantieren, stellt es signi­ fikante Herausforderungen für Beschäftigte dar“, machte dbb frauen Chefin Milanie Kreutz deutlich. Im Fachforum „Digi­ tales Arbeiten und Leadership 4.0“, das am 12. Mai 2021 stattfand, hatte die Gewerk­ schafterin die moderierende Rolle zwischen Vertreterinnen und Vertretern aus Verwaltung und Wirtschaft übernommen. Insbesondere für die vielen weiblichen Beschäftigten sei digitales Arbeiten die große Chance, zusätzliche Flexibilität, neue Freiheiten und mehr Sou­ veränität im Umgang mit der eigenen Arbeitszeit zu gewin­ nen, so Kreutz. „Viele hoch qualifizierte Frauen entschei­ den sich bewusst für den öffentlichen Dienst, gerade weil sie ihre berufliche Karriere in Einklang mit dem Familien­ leben bringen wollen. Und auch immer mehr Männer schreiben die sogenannte Work-Life-Balance groß. Dafür brauchen wir passende Rah­ menbedingungen wie etwa verbindliche Arbeitszeitrege­ lungen und moderne techni­ sche Ausstattung. Vor allem aber ist ein neues Verständnis von digitaler Führungskultur gefragt. Diese muss ergebnis­ orientiert angelegt sein. Auf­ gaben müssen arbeitsteilig or­ ganisiert, Teams aus der Ferne gesteuert und effiziente Kom­ munikationsstile gefördert werden“, stellte Kreutz heraus. < Verwaltung agiler machen Dr. Julia Borggräfe, Leiterin der Abteilung Digitalisierung und Arbeitswelt im Bundesministe­ rium für Arbeit und Soziales (BMAS), sieht den öffentlichen Dienst bis 2050 unter den Top Drei der Arbeitgebenden in Deutschland. Dafür müsse je­ doch die Verwaltung wieder zu neuer Bürgernähe finden. Beispielsweise müsse künst­ liche Intelligenz (KI) gemein­ wohlorientiert entwickelt werden. Aber auch die schwer verständliche Verwaltungsspra­ che müsse vereinfacht werden. Kapazitäten, Kompetenzen und Freiräume für nutzerorientier­ tes Arbeiten gehören laut Borg­ gräfe außerdem dazu, um die Verwaltung agiler zu machen. Das Mitbestimmungsmoment im Betriebsrätemodernisie­ rungsgesetz sei hierfür aus­ schlaggebend. „Wenn wir es nicht schaffen, das Vertrauen der Beschäftigten in die Tech­ nologie zu gewinnen, werden wir es auch nicht schaffen, diese zu implementieren.“ < Innovation setzt Feedback-Kultur voraus Dr. Mike Weber, stellvertre­ tender Leiter des Kompetenz­ zentrums Öffentliche IT, Fraun­ hofer FOKUS, zufolge sei in Pandemiezeiten die Arbeitszeit zwar weiterhin das wichtigste Leistungsmerkmal gewesen. Gleichzeitig wurde dies ad absurdum geführt. Hauptpro­ blem sei die zunehmende Ver­ schmelzung von Privatem und Beruflichem. „Arbeitszeiterfas­ sung ist nur eine Krücke. Wir müssen zu neuen Formen von Leistungserfassung kommen. Dafür brauchen wir Konzepte.“ < Verwaltung muss mehr Mut zeigen Hinsichtlich des mobilen Arbei­ tens berichtete Stefan Thelen, IT-Prüfer bei einer obersten Bundesbehörde, von ersten be­ merkenswerten Veränderun­ gen. „Der Paradigmenwechsel wurde durch die Pandemie an­ gestoßen. In der Qualität des Outputs der Beschäftigten sehe ich keinen nennenswerten Un­ terschied. Hier kann die Verwal­ tung mehr Mut zeigen“, so The­ len. Es sei eine Kulturfrage. Die Führungskräfte müssten sich auf neue Formen der flexiblen Zusammenarbeit ebenso ein­ stellen wie die Beschäftigten. Wie wir Leistung künftig mes­ sen werden, müsse daraus ent­ wickelt werden. Gerade die Ver­ waltung müsse hier progressiv vorangehen, so Thelen. < Rechtsstaatlichkeit in die digitale Welt überspielen „Wenn wir immer nur unter Männern sprechen, wird nichts aus dem innovativen Staat“, machte Dinko Eror, Spezialist für innovative Lösungen im Di­ gital Workspace Management, mit Blick auf die Digitalisierung der Verwaltung deutlich. Für ihn stünden die gesellschaft­ lichen Prozesse im Vordergrund. „Wir können uns heute nicht vorstellen, was in 30 Jahren möglich ist. Deshalb will ich an die menschliche gesellschaftli­ che Dimension appellieren. Wir müssen die Rechtsstaatlichkeit in die digitale Welt überspie­ len. Wir dürfen nicht erlauben, dass wir durch digitale Interes­ sen getrieben nur noch reagie­ ren.“ Neben einer guten IT-­ Infrastruktur und stringentem Datenschutzmanagement for­ derte Eror einen Perspektiv­ wechsel in der Verwaltung. Dazu müssten öffentliche Be­ hörden und Privatwirtschaft eine Partnerschaft eingehen. < Digitalisieren mit Blick auf Demografie Vorhandene Technologien müssten gezielt eingesetzt werden, um die Funktionsfä­ higkeit der Verwaltung trotz demografischer Entwicklung erhalten zu können, machte Christian Rupp, Chief Digital Officer des Verwaltungsdienst­ leisters PROSOZ Herten, deut­ lich. Zunehmend würden vor allem Chatbots die Aufgaben von Verwaltungsbeschäftigten übernehmen. „Wir müssen den Menschen die Angst vor sol­ chen Technologien nehmen. Die Gewerkschaften müssen in den Prozess eingebunden werden“, so Rupp. Digitallotsen und agile Coaches könnten die Prozesse sinnvoll begleiten. Auch müsse mehr Durchlässig­ keit zwischen Verwaltung und Wirtschaft vorgelebt werden, um den Wissenstransfer zu verstetigen. bas © Behörden Spiegel 32 dbb > dbb magazin | Juni 2021

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