dbb magazin 7-8/2021
urteil des monats Urteil des Monats Straffälligkeit ist kein Kriterium bei der Bewerbung Das Arbeitsgericht Bonn hat ent schieden, dass Arbeitgebende von Bewerberinnen und Bewerbern keine allgemeine Auskunft über Vorstrafen und Ermittlungsver fahren verlangen dürfen. Sie dür fen nur dann entsprechende In formationen einholen, wenn sie für die zu besetzende Stelle rele vant sein könnten. Dieser Grundsatz gilt auch für den öffentlichen Dienst (Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 20. Mai 2020, Az.: 5 Ca 83/20). Der Kläger ist seit dem 1. Au gust 2018 Auszubildender zur Fachkraft für Lagerlogistik bei der Beklagten. Im Rahmen die ser Tätigkeit hat er Zugriff auf verschiedene hochwertige Vermögensgüter der Beklag ten. Im Einstellungsverfahren musste der Kläger ein Perso naldatenblatt ausfüllen, in dem auch nach „Gerichtlichen Verurteilungen/schwebenden Verfahren“ gefragt wurde. Die se Frage beantwortete er mit „Nein“, obwohl gegen ihn ein Strafverfahren wegen Raubes anhängig war und die Haupt verhandlung eröffnet werden sollte. Der Kläger wurde zu ei ner Haftstrafe verurteilt und trat an die Beklagte mit der Bitte heran, ihm eine Beschei nigung auszustellen, seine Aus bildung im offenen Vollzug fortsetzen zu können. Die Ar beitgeberin hat den Ausbil dungsvertrag wegen arglisti ger Täuschung angefochten. Der Kläger klagte auf Fortset zung des Ausbildungsvertra ges. Das Gericht gab dem Kläger recht. Zwar kann die falsche Beantwortung einer zulässigen Frage bei der Einstellung Ar beitgebende dazu berechtigen, den Arbeitsvertrag wegen arg listiger Täuschung anzufech ten. Im vorliegenden Fall han delte es sich bei der Frage nach „Gerichtlichen Verurteilungen/ schweben den Verfahren“ aber um eine unzu lässige Frage, die nur zulässig sein kann, wenn und soweit die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes dies „erfordert“ oder wenn derartige Verfahren Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbenden für den in Aussicht genommenen Ar beitsplatz begründen kön nen. Die Beklagte hat die Frage im Personaldaten blatt zu weitreichend und somit unspezifisch gestellt, denn nicht jede erdenkliche Straftat begründet Zweifel an der Eignung des Klägers für die Ausbildung zur Fach kraft für Lagerlogistik, so das Gericht. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn die Ausbil dung durch einen öffentlichen Arbeitgeber erfolgen soll. Eine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Beantwortung oder eine Of fenbarungspflicht bestand nach Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeits recht seitens des Klägers daher nicht. Model Foto: Colourbox.de 37 dbb > dbb magazin | Juli/August 2021
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