dbb magazin 10/2021
senioren stärker besteuert werden. Der steuerpflichtige Anteil der Ren te wurde für jeden neu hinzu kommenden Rentnerjahrgang bis zum Jahr 2020 in Schritten von zwei Prozent auf 80 Pro zent und anschließend in Schritten von einem Prozent bis zum Jahre 2040 auf 100 Prozent angehoben. Der sich nach Maßgabe dieser Prozent sätze ergebende steuerfrei bleibende Teil der Jahresbrutto rente wird demnach für jeden Rentnerjahrgang als dauerhaf ter Festbetrag festgeschrieben. Die Festschreibung gilt erst ab dem Jahr, das auf das Jahr des ersten Rentenbezugs folgt. Im Übrigen werden grundsätzlich auch die betriebliche Altersvor sorge und Riester-Renten nach gelagert besteuert. < Rentenversicherung und Doppelbesteuerung Die gesetzliche Rente funk tioniert nach dem sogenann- ten Umlageverfahren. Das bedeutet, dass die Arbeitneh merinnen und Arbeitnehmer Beiträge einzahlen, die der der zeitigen Rentnergeneration ausgezahlt werden. Gehen die aktuell arbeitenden Versicher ten in der Zukunft in den Ruhe stand, zahlt die nächste Gene ration von Beitragszahlern für deren Rente (Generationenver trag). Neben den Arbeitnehme rinnen und Arbeitnehmern zah len auch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für ihre sozial versicherungspflichtig Beschäf tigten steuerfreie Beiträge in gleicher Höhe an die Renten versicherung (paritätische Fi nanzierung). Ein nicht unerheb licher Teil der Einnahmen der Rentenversicherung wird zu dem aus dem jährlichen Bun deshaushalt bestritten. Schaut man jetzt auf die unterschied lichen Phasen des Erwerbsle bens einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers, kann eine mögliche Doppel besteuerung dann entstehen, wenn Beiträge aus versteuer tem Einkommen in der Erwerbs phase von den Arbeitnehme rinnen und Arbeitnehmern eingezahlt werden, die dann im Ruhestand beziehungsweise in der Auszahlungsphase erneut besteuert werden. Die Senatsvorsitzende Richte rin Prof. Dr. Jutta Förster (BFH) gab bei der Urteilsverkündung am 31. Mai 2021 folgenden Ausblick: Zukünftig könne eine mögliche Doppelbesteuerung nicht ausgeschlossen werden. Dies sei umso wahrscheinli cher, je mehr Beiträge vom Versicherten selber getragen werden. Das bedeutet, dass Selbstständige, die den ge samten Rentenversicherungs beitrag alleine bestreiten (kein Arbeitgeberanteil), tendenziell stärker von einer möglichen Doppelbesteuerung betroffen seien als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ebenso würden tendenziell Männer von einer etwaigen Doppel besteuerung stärker betroffen als Frauen, da sie bei gleicher Beitragsleistung aufgrund der geringeren Lebenserwartung weniger Rentenzahlungen beziehen. Zusätzlich haben die Richte rinnen und Richter einige Hin weise gegeben, wie eine Dop pelbesteuerung vermieden werden kann. Danach ist eine doppelte Besteuerung ausge schlossen, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei verbleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus ver steuertem Einkommen auf gebrachten Altersvorsorgeauf wendungen (Anwendung des Nominalwertprinzips). Des Weiteren sollen Beträge, wel che im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkom mens abziehbar sind oder steu erfrei gestellt werden, nicht einbezogen werden. Hierzu zählt der BFH den Grundfreibe trag, den Sonderausgabenab zug für die Beiträge zur Kran ken- und Pflegeversicherung, die Beitragsanteile des Renten versicherungsträgers zur Kran kenversicherung der Rentner, den Werbungskostenpausch betrag und den Sonderaus gaben-Pauschbetrag. Bezüglich des Grundfreibetra ges argumentierten die Richte rinnen und Richter, dass ein Freibetrag, der zur steuerlichen Verschonung des Existenzmini mums diene und allen Steuer zahlerinnen und Steuerzahlern zugutekomme, nicht einbe rechnet werden dürfe, wenn es um eine Vergleichs- und Pro gnoseberechnung zur Ermitt lung einer etwaigen doppelten Besteuerung gehe. < Vorläufigkeitsvermerk erlassen Die Klagen sind nunmehr beim Bundesverfassungsge richt anhängig. Mittlerweile hat auch das Bundesfinanz ministerium im Einvernehmen mit den obersten Landesfinanz behörden einen sogenannten Vorläufigkeitsvermerk (GZ: IV A3-S0338/19/10006:001) hin sichtlich der Besteuerung von Renten erlassen. Danach müs sen derzeit keine Einsprüche gegen Steuerbescheide wegen einer etwaigen Doppelbesteu erung eingelegt werden, da der Steuerbescheid in diesem Punkt offenbleibt. Allerdings sollten Steuerpflichtige darauf achten, dass ihre Steuerbe scheide diesen Hinweis ent halten. Vor allzu großen Erwar tungen sollte man sich jedoch schützen, denn schon der BFH hatte darauf hingewiesen, dass insbesondere zukünftige Rent nergenerationen betroffen sein werden. Zudem seien zum Beispiel eher Selbstständige betroffen, die freiwillig in die GRV eingezahlt beziehungs weise hohe Erwerbseinkom men bezogen haben. Offen ist auch, wann eine Entschei dung des Bundesverfassungs gerichts erfolgt. rh < Der Bundesfinanzhof in München © Daniel Schvarcz/Bundesfinanzhof 31 dbb > dbb magazin | Oktober 2021
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